„Anything goes - aber wie?“ Teilnehmende des diesjährigen Potsdamer Doktorand_innenforum diskutierten im neuen Format

01.03.2018

von Ronny Grunding, Katharina Täufert, Clemens Villinger, Stefan Zeppenfeld und Stefanie Eisenhuth

Das 15. Doktorand_innenforum zur Zeitgeschichte stand unter dem Titel „Anything goes - aber wie?“ Erstmals wurde ein neues Format gewählt: In verschiedenen Workshops gingen die über 30 Teilnehmenden am 26. und 27. Februar 2018 primär konzeptionellen und forschungspraktischen Problemstellungen nach.
Wer sich an eine Promotion wagt, wird schon bald mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Um diese erfolgreich zu bewältigen, gibt es eine Vielzahl von Angeboten: Ratgeberlektüren zur Arbeitsorganisation, Seminare zur Verbesserung des Zeitmanagements, Schreibwerkstätten, Retreats gegen den Hang zur Prokrastination. Für den inhaltlichen Austausch kann man eine Tagung besuchen; konzeptionellen Schwierigkeiten wird sich indes nur selten gewidmet. Das diesjährige Doktorand_innenforum bot deshalb Promovierenden einen Raum, um speziell methodische Herausforderungen untereinander und mit geladenen Expert_innen zu diskutieren.

Das Forum begann mit einer Keynote von David Sittler (a.r.t.e.s. Graduate School, Universität Köln), die sich den Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinären Arbeitens während der Promotion widmete. Dabei wurde deutlich, dass sich Fragen nach Kosten und Nutzen nicht pauschal beantworten lassen, sondern individuell nach Fragestellungen, Projektkontext und fachlichen Anforderungen abgewogen werden müssen.

Anschließend ging es in die einzelnen Workshops. Dr. Clemens Rehm (Landesarchiv Baden-Württemberg) erklärte wichtige Aspekte des Archivgesetzes und was Archivar_innen von Historiker­_innen erwarten. Er klärte zudem über die rechtlichen Unterschiede zwischen Verwaltungs- und Archivakten und den damit verbundenen Umgang mit archivalischen Schutzfristen auf. Darüber hinaus gab er wichtige Tipps für die Anonymisierung von personenbezogenen Daten. In dem von Dr. Andrea Genest (Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide) moderierten Workshop zur Oral History konnten sich die Promovierenden über Erfahrungen bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung von Zeitzeugengesprächen austauschen. Der Workshop zum interdisziplinären Zusammenarbeiten mit den Kulturwissenschaften, geleitet von Dr. Malte Zierenberg (Humboldt-Universität zu Berlin), ging intensiv der Frage nach, warum überhaupt disziplinübergreifend gearbeitet wird, inwiefern einzelne Projekte davon profitieren und welche Hürden es manchmal dabei gibt. Ein zweiter Workshop zur Zusammenarbeit mit den Sozialwissenschaften, geleitet von Sindy Duong (Freie Universität Berlin) erörterte das Potential von sozialwissenschaftlichen Daten für die zeithistorische Forschung. Gemeinsam mit PD Dr. Annette Vowinckel (ZZF) stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops „Argumentieren mit Bildern“ fest, dass in der Geschichtswissenschaft inzwischen zwar oft mit Bildern gearbeitet wird, aber nur wenige Projekte sich ausschließlich dem Visuellen widmen. Im Mittelpunkt stand deshalb unter anderem die Methode der „dichten Beschreibung“ (Clifford Geertz), um sich noch einmal zu verdeutlichen, was man in Bildern alles sehen kann, wenn man sich intensiv auf sie einlässt. Der Bedeutung der „Bits und Bytes“ für Historiker_innen ging Dr. Thomas Werneke (ZZF) nach. Er diskutierte mit den Promovierenden die Vor- und Nachteile der Digitalisierung und zeigte ihnen hilfreiche Tools für ihre Forschungen.

Zentrale Fragen und gewonnene Erkenntnisse der letzten zwei Tage griff abschließend Professorin Christiane Kuller (Universität Erfurt) unter dem Motto „Alles geht? Interdisziplinarität in der zeithistorischen Forschung“ auf. Anhand einer kurzen Wissenschaftsgeschichte verdeutlichte Kuller die Potentiale interdisziplinären Arbeitens zur Entwicklung neuer Fragestellungen und Erschließung neuer Erkenntnishorizonte. Erst das fächerübergreifende Arbeiten, so wurde in dem Vortrag deutlich, ermöglichte es der zeithistorischen Forschung, ein eigenes Selbstverständnis zu entwickeln und sich von anderen Disziplinen abzugrenzen.

Die anschließende Diskussion führte noch einmal das Spannungsfeld von fachimmanenten Erwartungen und experimentellen Ansätzen vor Augen, in dem sich interdisziplinär tätige Forscher_innen während ihrer Promotion bewegen.
Ein Tagungsbericht erscheint in Kürze auf HSozKult.

Ronny Grunding, Katharina Täufert, Clemens Villinger, Stefan Zeppenfeld sind Doktorand_innen am ZZF Potsdam
Stefanie Eisenhuth ist seit 2017 Koordinatorin der Nachwuchsförderung am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Fotos von den Vorträgen und Workshops des 15. Potsdamer Doktorand_innenforum zur Zeitgeschichte sehen Sie in der Fotogalerie auf der ZZF-Website
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„Anything goes - aber wie?“ Teilnehmende des diesjährigen Potsdamer Doktorand_innenforum diskutierten im neuen Format

01.03.2018

von Ronny Grunding, Katharina Täufert, Clemens Villinger, Stefan Zeppenfeld und Stefanie Eisenhuth

Das 15. Doktorand_innenforum zur Zeitgeschichte stand unter dem Titel „Anything goes - aber wie?“ Erstmals wurde ein neues Format gewählt: In verschiedenen Workshops gingen die über 30 Teilnehmenden am 26. und 27. Februar 2018 primär konzeptionellen und forschungspraktischen Problemstellungen nach.
Wer sich an eine Promotion wagt, wird schon bald mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Um diese erfolgreich zu bewältigen, gibt es eine Vielzahl von Angeboten: Ratgeberlektüren zur Arbeitsorganisation, Seminare zur Verbesserung des Zeitmanagements, Schreibwerkstätten, Retreats gegen den Hang zur Prokrastination. Für den inhaltlichen Austausch kann man eine Tagung besuchen; konzeptionellen Schwierigkeiten wird sich indes nur selten gewidmet. Das diesjährige Doktorand_innenforum bot deshalb Promovierenden einen Raum, um speziell methodische Herausforderungen untereinander und mit geladenen Expert_innen zu diskutieren.

Das Forum begann mit einer Keynote von David Sittler (a.r.t.e.s. Graduate School, Universität Köln), die sich den Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinären Arbeitens während der Promotion widmete. Dabei wurde deutlich, dass sich Fragen nach Kosten und Nutzen nicht pauschal beantworten lassen, sondern individuell nach Fragestellungen, Projektkontext und fachlichen Anforderungen abgewogen werden müssen.

Anschließend ging es in die einzelnen Workshops. Dr. Clemens Rehm (Landesarchiv Baden-Württemberg) erklärte wichtige Aspekte des Archivgesetzes und was Archivar_innen von Historiker­_innen erwarten. Er klärte zudem über die rechtlichen Unterschiede zwischen Verwaltungs- und Archivakten und den damit verbundenen Umgang mit archivalischen Schutzfristen auf. Darüber hinaus gab er wichtige Tipps für die Anonymisierung von personenbezogenen Daten. In dem von Dr. Andrea Genest (Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide) moderierten Workshop zur Oral History konnten sich die Promovierenden über Erfahrungen bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung von Zeitzeugengesprächen austauschen. Der Workshop zum interdisziplinären Zusammenarbeiten mit den Kulturwissenschaften, geleitet von Dr. Malte Zierenberg (Humboldt-Universität zu Berlin), ging intensiv der Frage nach, warum überhaupt disziplinübergreifend gearbeitet wird, inwiefern einzelne Projekte davon profitieren und welche Hürden es manchmal dabei gibt. Ein zweiter Workshop zur Zusammenarbeit mit den Sozialwissenschaften, geleitet von Sindy Duong (Freie Universität Berlin) erörterte das Potential von sozialwissenschaftlichen Daten für die zeithistorische Forschung. Gemeinsam mit PD Dr. Annette Vowinckel (ZZF) stellten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops „Argumentieren mit Bildern“ fest, dass in der Geschichtswissenschaft inzwischen zwar oft mit Bildern gearbeitet wird, aber nur wenige Projekte sich ausschließlich dem Visuellen widmen. Im Mittelpunkt stand deshalb unter anderem die Methode der „dichten Beschreibung“ (Clifford Geertz), um sich noch einmal zu verdeutlichen, was man in Bildern alles sehen kann, wenn man sich intensiv auf sie einlässt. Der Bedeutung der „Bits und Bytes“ für Historiker_innen ging Dr. Thomas Werneke (ZZF) nach. Er diskutierte mit den Promovierenden die Vor- und Nachteile der Digitalisierung und zeigte ihnen hilfreiche Tools für ihre Forschungen.

Zentrale Fragen und gewonnene Erkenntnisse der letzten zwei Tage griff abschließend Professorin Christiane Kuller (Universität Erfurt) unter dem Motto „Alles geht? Interdisziplinarität in der zeithistorischen Forschung“ auf. Anhand einer kurzen Wissenschaftsgeschichte verdeutlichte Kuller die Potentiale interdisziplinären Arbeitens zur Entwicklung neuer Fragestellungen und Erschließung neuer Erkenntnishorizonte. Erst das fächerübergreifende Arbeiten, so wurde in dem Vortrag deutlich, ermöglichte es der zeithistorischen Forschung, ein eigenes Selbstverständnis zu entwickeln und sich von anderen Disziplinen abzugrenzen.

Die anschließende Diskussion führte noch einmal das Spannungsfeld von fachimmanenten Erwartungen und experimentellen Ansätzen vor Augen, in dem sich interdisziplinär tätige Forscher_innen während ihrer Promotion bewegen.
Ein Tagungsbericht erscheint in Kürze auf HSozKult.

Ronny Grunding, Katharina Täufert, Clemens Villinger, Stefan Zeppenfeld sind Doktorand_innen am ZZF Potsdam
Stefanie Eisenhuth ist seit 2017 Koordinatorin der Nachwuchsförderung am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Fotos von den Vorträgen und Workshops des 15. Potsdamer Doktorand_innenforum zur Zeitgeschichte sehen Sie in der Fotogalerie auf der ZZF-Website
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