Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Konsum, Alltag und soziale Ungleichheit in der langen Geschichte der ‚Wende“

Ende des Projektes: September 2021

Clemens Villinger
Abgeschlossenes Dissertationsprojekt

2016-2020 gefördert von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs

Der unbeschränkte Zugang zu Konsumgütern wird heute als eines der zentralen Motive für die Beteiligung der ostdeutschen Bevölkerung am revolutionären Geschehen von 1989/90 gedeutet. Nach einer Konsolidierung und Verbesserung der Versorgungssituation in den 1960er und 1970er Jahren änderte sich die Lage in den 1980er Jahren wieder. Die Bevölkerung der DDR sah sich in ihrem Alltag zunehmenden Versorgungsengpässen ausgesetzt. Während hoch subventionierte Waren weitestgehend verfügbar blieben, konnten Produkte, die über eine Grundversorgung hinausgingen, nur durch besonderes Wissen, privilegierten Zugang und/oder persönliche Netzwerke erworben werden. Diese Umstände werfen Fragen auf, wie sich Ostdeutsche durch Konsumpraktiken definierten und welche Lösungen sie im Alltag entwickelten, um mit Engpässen bei der Versorgung umzugehen.

Die Vereinigung mit der Bundesrepublik verschob das Koordinatensystem und forderte eine Anpassung der alltäglichen Konsumpraktiken. „Sozialistische Konsumpraktiken“, wie DIY oder Teilen, mussten an die neuen Umstände angepasst werden, während es galt die Regeln des „Konsum im Kapitalismus“ neu zu erlernen. Der kurzen Phase des nachholenden Konsums, in der sich zahlreiche Ostdeutsche persönliche Wünsche erfüllten, wurde durch Massenarbeitslosigkeit schnell Grenzen gesetzt. Führten diese lebensweltlichen Begrenzungen zu Enttäuschungen in der ostdeutschen Gesellschaft? Wie wurden „sozialistische Konsumpraktiken“ und die Versorgungssituation vor dem Hintergrund des Umbruchs erinnert?  Produzierte der politische Wandel eine neue Form des „citizen consumer“ in Ostdeutschland, der sich auf spezifische Erfahrungen und Wissensbestände aus seiner Sozialisation in der DDR stützen konnte?

Angesichts dieser Entwicklungen in der Lebenswelt von Ostdeutschen analysierte das Projekt anhand von drei Fallstudien den Wandel von Konsumpraktiken in der langen Geschichte der „Wende“. Die Studie kombinierte archivalische Quellen mit Oral History Interviews und der Sekundäranalyse von Forschungsdaten aus ethnologischen und sozialwissenschaftlichen Projekten.

 

Clemens Villinger hat am 30. September 2021 seine Dissertation mit dem Titel „Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Konsum, Alltag und soziale Ungleichheit in der langen Geschichte der ‚Wende‘“ am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt mit dem Gesamtprädikat summa cum laude abgeschlossen.

Forschung

Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Konsum, Alltag und soziale Ungleichheit in der langen Geschichte der ‚Wende“

Ende des Projektes: September 2021

Clemens Villinger
Abgeschlossenes Dissertationsprojekt

2016-2020 gefördert von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs

Der unbeschränkte Zugang zu Konsumgütern wird heute als eines der zentralen Motive für die Beteiligung der ostdeutschen Bevölkerung am revolutionären Geschehen von 1989/90 gedeutet. Nach einer Konsolidierung und Verbesserung der Versorgungssituation in den 1960er und 1970er Jahren änderte sich die Lage in den 1980er Jahren wieder. Die Bevölkerung der DDR sah sich in ihrem Alltag zunehmenden Versorgungsengpässen ausgesetzt. Während hoch subventionierte Waren weitestgehend verfügbar blieben, konnten Produkte, die über eine Grundversorgung hinausgingen, nur durch besonderes Wissen, privilegierten Zugang und/oder persönliche Netzwerke erworben werden. Diese Umstände werfen Fragen auf, wie sich Ostdeutsche durch Konsumpraktiken definierten und welche Lösungen sie im Alltag entwickelten, um mit Engpässen bei der Versorgung umzugehen.

Die Vereinigung mit der Bundesrepublik verschob das Koordinatensystem und forderte eine Anpassung der alltäglichen Konsumpraktiken. „Sozialistische Konsumpraktiken“, wie DIY oder Teilen, mussten an die neuen Umstände angepasst werden, während es galt die Regeln des „Konsum im Kapitalismus“ neu zu erlernen. Der kurzen Phase des nachholenden Konsums, in der sich zahlreiche Ostdeutsche persönliche Wünsche erfüllten, wurde durch Massenarbeitslosigkeit schnell Grenzen gesetzt. Führten diese lebensweltlichen Begrenzungen zu Enttäuschungen in der ostdeutschen Gesellschaft? Wie wurden „sozialistische Konsumpraktiken“ und die Versorgungssituation vor dem Hintergrund des Umbruchs erinnert?  Produzierte der politische Wandel eine neue Form des „citizen consumer“ in Ostdeutschland, der sich auf spezifische Erfahrungen und Wissensbestände aus seiner Sozialisation in der DDR stützen konnte?

Angesichts dieser Entwicklungen in der Lebenswelt von Ostdeutschen analysierte das Projekt anhand von drei Fallstudien den Wandel von Konsumpraktiken in der langen Geschichte der „Wende“. Die Studie kombinierte archivalische Quellen mit Oral History Interviews und der Sekundäranalyse von Forschungsdaten aus ethnologischen und sozialwissenschaftlichen Projekten.

 

Clemens Villinger hat am 30. September 2021 seine Dissertation mit dem Titel „Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Konsum, Alltag und soziale Ungleichheit in der langen Geschichte der ‚Wende‘“ am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt mit dem Gesamtprädikat summa cum laude abgeschlossen.

Forschung