Unter ostdeutschen Dächern. Wohneigentum zwischen Enteignung, Aneignung und Neukonstitutierung der Lebenswelt
2016-2020 gefördert von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs
Beim Wohneigentum zeigte sich seit den 1970ern unter dem Mantel scheinbar stabiler Verhältnisse angesichts des Verfalls der Altbausubstanz ein steigender Handlungsbedarf, der zugleich mit dem staatlichen Neubauprogramm, der Aufweichung von Eigentumstiteln durch politische Privilegien und der Fixierung informeller Besitzarrangements einherging. Schon vor der Restitutionsregelung des Einigungsvertrages kam es deshalb zu Käufen und Eigentumsübertragungen. Die so entstandenen „verworrenen Verhältnisse“ (Grosser 1998), die weit in die DDR und sogar in den Nationalsozialismus zurückreichen, stellten Bewohner, Besitzer und Eigentümer nach 1990 vor erhebliche Herausforderungen.
In diesem Projekt wird die Frage gestellt, welche Praxis sich in Bezug auf das Wohneigentum in der DDR herausbildete und wie sich das im politischen Prozess der Wiedervereinigung ausgehandelte Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ auf die Lebenswelt der Bewohner auswirkte. Zugleich wird eine lange, teilweise vergleichende Perspektive auf die Gesellschaft im Umbruch eingenommen, indem nach den Eigentumstraditionen, -politiken und -praktiken gefragt wird, die in die Regelungen einflossen und die Begegnung zwischen Bewohnern und sog. Alteigentümern einerseits und die Entscheidungen im Verwaltungsapparat zur Klärung offener Vermögensfragen andererseits prägten.