Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft

Ende des Projektes: Februar 2024

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Die Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft wurde in zwei Themenfelder untersucht:

1. Vergangenheitspolitik der Max-Planck Gesellschaft

Die im Rahmen des Forschungsprogramms Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft  vorbereitete Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie die größte westdeutsche außeruniversitäre Wissenschaftsorganisation mit dem Erbe und der NS-Vergangenheit ihrer Vorgängerorganisation, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), umging. Bis Mitte der 1980er Jahre dominierten hierbei rechtlichen Formen der historischen Vergangenheitsbearbeitung, wie Entnazifizierungs- und Strafverfahren sowie Wiedergutmachungs- und Restitutionsprozesse, in denen die MPG oder deren Angehörige Beklagte waren. Welche vergangenheitspolitischen Narrative sich dabei herausbildeten, wird anhand von Prozessakten, Publikationen und Reden auf Jubiläumsfeiern diskursanalytisch untersucht. Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen KWG und MPG werden institutionsgeschichtlich und hinsichtlich ihres Leitungspersonals beleuchtet. Wie reagierte die MPG als seit Mitte der 1980er im Kontext der kritischen historische Erforschung nationalsozialistischer Medizinverbrechen, an denen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der KWG beteiligt waren, in die öffentlichen Debatte geriet? Welcher internen und externen Impulse bedurfte es, bis sich die MPG, nach langem Zögern, 1997 entschloss, die von Reinhard Rürup und Wolfgang Schieder geleitete Präsidentenkommission „Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus“ einzurichten und die NS-Vergangenheit ihrer Vorgängerorganisation durch ein unabhängiges Forschungsprogramm wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen?

2. Dual Use-Problematik und militärische Forschung in der Max-Planck-Gesellschaft

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) in hohem Maße in den Militärisch-Industriellen-Akademischen-Komplex des „Dritten Reiches“ integriert. Ihre naturwissenschaftliche Forschung diente in erheblichem Umfang militärischen Erkenntniszielen.

Die Demilitarisierungspolitik der Alliierten leitete einen tiefgreifenden Strukturwandel und eine Konversion der Kriegsforschung in der KWG und in ihrer Nachfolgeorganisation, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ein. Mit der 1955 erfolgten Reintegration der Bundesrepublik in das westeuropäische Militärbündnis und der der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik musste sich die MPG als Wissenschaftsorganisation zu der nun wiederbelebten Rüstungsforschung und der vom Verteidigungsministerium geforderten Beteiligung an der künftigen „Wehrforschung“  positionieren. Während die KWG Wehr- und Kriegsforschung eigenmotiviert und aktiv betrieb, hielt die Leitung der MPG zu militärischen Auftraggebern und zur Rüstungsforschung Distanz. Dies schloss jedoch nicht die Übernahme militärischer Forschungsprojekte aus, die Institute der KWG/MPG für Alliierte Auftraggeber schon unmittelbar nach Kriegsende und seit 1955 auch für das Bundesverteidigungsministerium durchführten. Die Frage, wie sich die MPG nach dem Zweiten Weltkrieg zur Übernahme militärischer Forschung in ihrer Governance verhielt und zu welchen internen Diskussionen und öffentlichen Kontroversen dies führte, bildet einen Strang der Untersuchung. Ein zweiter Strang der Untersuchung betrifft die Frage, inwiefern grundlagenorientierte Forschung gewollt oder ungewollt militärisch nutzbares Wissen produziert. An mehreren Fallbeispielen wird aufgezeigt, in welcher Weise die Übernahme militärischer Forschungsaufträge in der MPG in institutioneller Verbindung mit der Fraunhofer Gesellschaft realisiert wurde und wie die MPG mit öffentlicher Kritik an militärischer Auftragsforschung im Kontext der Studentenbewegung Anfang der 1970er Jahre und der Friedensbewegung in den 1980er Jahren umging.

Buchveröffentlichung:
Die Max-Planck-Gesellschaft. Wissenschafts- und Zeitgeschichte 1945–2005, Göttingen 2024
Herausgegeben von Jürgen Renn, Carsten Reinhardt, Jürgen Kocka, Florian Schmaltz, Birgit Kolboske, Jaromír Balcar und Alexander von Schwerin

Dr. Florian Schmaltz

Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam

E-Mail: florian.schmaltz [at] zzf-potsdam.de

Forschung

Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft

Ende des Projektes: Februar 2024

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

Die Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft wurde in zwei Themenfelder untersucht:

1. Vergangenheitspolitik der Max-Planck Gesellschaft

Die im Rahmen des Forschungsprogramms Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft  vorbereitete Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie die größte westdeutsche außeruniversitäre Wissenschaftsorganisation mit dem Erbe und der NS-Vergangenheit ihrer Vorgängerorganisation, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), umging. Bis Mitte der 1980er Jahre dominierten hierbei rechtlichen Formen der historischen Vergangenheitsbearbeitung, wie Entnazifizierungs- und Strafverfahren sowie Wiedergutmachungs- und Restitutionsprozesse, in denen die MPG oder deren Angehörige Beklagte waren. Welche vergangenheitspolitischen Narrative sich dabei herausbildeten, wird anhand von Prozessakten, Publikationen und Reden auf Jubiläumsfeiern diskursanalytisch untersucht. Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen KWG und MPG werden institutionsgeschichtlich und hinsichtlich ihres Leitungspersonals beleuchtet. Wie reagierte die MPG als seit Mitte der 1980er im Kontext der kritischen historische Erforschung nationalsozialistischer Medizinverbrechen, an denen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der KWG beteiligt waren, in die öffentlichen Debatte geriet? Welcher internen und externen Impulse bedurfte es, bis sich die MPG, nach langem Zögern, 1997 entschloss, die von Reinhard Rürup und Wolfgang Schieder geleitete Präsidentenkommission „Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus“ einzurichten und die NS-Vergangenheit ihrer Vorgängerorganisation durch ein unabhängiges Forschungsprogramm wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen?

2. Dual Use-Problematik und militärische Forschung in der Max-Planck-Gesellschaft

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) in hohem Maße in den Militärisch-Industriellen-Akademischen-Komplex des „Dritten Reiches“ integriert. Ihre naturwissenschaftliche Forschung diente in erheblichem Umfang militärischen Erkenntniszielen.

Die Demilitarisierungspolitik der Alliierten leitete einen tiefgreifenden Strukturwandel und eine Konversion der Kriegsforschung in der KWG und in ihrer Nachfolgeorganisation, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ein. Mit der 1955 erfolgten Reintegration der Bundesrepublik in das westeuropäische Militärbündnis und der der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik musste sich die MPG als Wissenschaftsorganisation zu der nun wiederbelebten Rüstungsforschung und der vom Verteidigungsministerium geforderten Beteiligung an der künftigen „Wehrforschung“  positionieren. Während die KWG Wehr- und Kriegsforschung eigenmotiviert und aktiv betrieb, hielt die Leitung der MPG zu militärischen Auftraggebern und zur Rüstungsforschung Distanz. Dies schloss jedoch nicht die Übernahme militärischer Forschungsprojekte aus, die Institute der KWG/MPG für Alliierte Auftraggeber schon unmittelbar nach Kriegsende und seit 1955 auch für das Bundesverteidigungsministerium durchführten. Die Frage, wie sich die MPG nach dem Zweiten Weltkrieg zur Übernahme militärischer Forschung in ihrer Governance verhielt und zu welchen internen Diskussionen und öffentlichen Kontroversen dies führte, bildet einen Strang der Untersuchung. Ein zweiter Strang der Untersuchung betrifft die Frage, inwiefern grundlagenorientierte Forschung gewollt oder ungewollt militärisch nutzbares Wissen produziert. An mehreren Fallbeispielen wird aufgezeigt, in welcher Weise die Übernahme militärischer Forschungsaufträge in der MPG in institutioneller Verbindung mit der Fraunhofer Gesellschaft realisiert wurde und wie die MPG mit öffentlicher Kritik an militärischer Auftragsforschung im Kontext der Studentenbewegung Anfang der 1970er Jahre und der Friedensbewegung in den 1980er Jahren umging.

Buchveröffentlichung:
Die Max-Planck-Gesellschaft. Wissenschafts- und Zeitgeschichte 1945–2005, Göttingen 2024
Herausgegeben von Jürgen Renn, Carsten Reinhardt, Jürgen Kocka, Florian Schmaltz, Birgit Kolboske, Jaromír Balcar und Alexander von Schwerin

Dr. Florian Schmaltz

Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam

E-Mail: florian.schmaltz [at] zzf-potsdam.de

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