Stefanie Senger promoviert zur Solidarität mit Nicaragua

10.12.2021

Am 8. Dezember 2021 wurde Stefanie Senger an der Universität Potsdam promoviert. In ihrer Dissertationsschrift analysierte sie Verflechtungen und Transfers im Rahmen der Solidarität für das sandinistische Nicaragua in den 1980er Jahren. Vergleichend betrachtete sie dabei Machtbeziehungen zwischen west- und ostdeutschen zivilen Solidaritätsinitiativen und dem sandinistischen Staat und fragte nach der Genese neuer Ideen und Praktiken, die aus der nicaraguanischen Erfahrung erwuchsen und auf beide deutsche Gesellschaften zurückwirkten. Begutachtet wurde die Dissertation von Frank Bösch und Sebastian Conrad.

Das Dissertationsprojekt untersuchte die vielseitigen Verflechtungen und Transfers im Kontext der Nicaraguasolidarität beider deutscher Staaten. Die Sandinistas hatten schon vor ihrem Machtantritt auf beiden Seiten des Eisenern Vorhangs um Unterstützung geworben. Nun gestalteten sie ein internationales Netz an Solidaritätsbeziehungen, die der Finanzierung ihrer sozialreformerischen Programme dienten, aber auch der Legitimation ihrer Herrschaft. Unter dem Slogan der Befreiung aus weltweit bestehenden Machtregimen erreichten die Sandinistas christliche, gewerkschaftliche, linksalternative, frauenpolitisch Engagierte, basisorientierte, parteigebundene und entwicklungspolitische Akteure, die in ihren Heimatländern um öffentliche Spenden und ideologische Unterstützung warben.

Allein in der Bundesrepublik entstanden mehrere hundert Solidaritätsgruppen. In der DDR startete die politische Führung eine Solidaritätskampagne, die zehntausende Menschen mobilisierte. Trotz ihrer Verwurzelung in rivalisierenden Systemen und der Heterogenität ihrer Weltbilder arbeiteten die Solidaritätsinitiativen in Ost und West am gleichen Ziel: einem Nicaragua jenseits der Blöcke.

Darüber hinaus waren die Erwartungen der heterogenen Solidaritätslandschaft äußerst divers. Dennoch gelang es den Sandinistats, den internationalen Aktivist*innen Narrative anzubieten, die auch Defizite rechtfertigten. Enttäuschungen, zum Beispiel hinsichtlich der Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten, führten deshalb nicht sofort zu einer Distanzierung.

Während die Sandinistats zunächst versucht hatten, das internationale Engagement zentral zu steuern, ermöglichte vor allem die Erntehelfer-Kampagne auch individuelle Begegnungen, was mittelfristig die örtliche Zivilgesellschaft stärkte.

Die Quellenauswertung für das Forschungsprojekt erstreckte sich auf insgesamt 13 Archive, darunter das Archiv der Robert Havemann Gesellschaft, das Stasi-Unterlagen-Archiv, verschiedene westdeutsche Bewegungsarchive und die Akten des nicaraguanischen Kulturministeriums.
 

Stefanie Senger forschte während ihrer Promotionsarbeit am ZZF in Abteilung IV "Regime des Sozialen".

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Stefanie Senger promoviert zur Solidarität mit Nicaragua

10.12.2021

Am 8. Dezember 2021 wurde Stefanie Senger an der Universität Potsdam promoviert. In ihrer Dissertationsschrift analysierte sie Verflechtungen und Transfers im Rahmen der Solidarität für das sandinistische Nicaragua in den 1980er Jahren. Vergleichend betrachtete sie dabei Machtbeziehungen zwischen west- und ostdeutschen zivilen Solidaritätsinitiativen und dem sandinistischen Staat und fragte nach der Genese neuer Ideen und Praktiken, die aus der nicaraguanischen Erfahrung erwuchsen und auf beide deutsche Gesellschaften zurückwirkten. Begutachtet wurde die Dissertation von Frank Bösch und Sebastian Conrad.

Das Dissertationsprojekt untersuchte die vielseitigen Verflechtungen und Transfers im Kontext der Nicaraguasolidarität beider deutscher Staaten. Die Sandinistas hatten schon vor ihrem Machtantritt auf beiden Seiten des Eisenern Vorhangs um Unterstützung geworben. Nun gestalteten sie ein internationales Netz an Solidaritätsbeziehungen, die der Finanzierung ihrer sozialreformerischen Programme dienten, aber auch der Legitimation ihrer Herrschaft. Unter dem Slogan der Befreiung aus weltweit bestehenden Machtregimen erreichten die Sandinistas christliche, gewerkschaftliche, linksalternative, frauenpolitisch Engagierte, basisorientierte, parteigebundene und entwicklungspolitische Akteure, die in ihren Heimatländern um öffentliche Spenden und ideologische Unterstützung warben.

Allein in der Bundesrepublik entstanden mehrere hundert Solidaritätsgruppen. In der DDR startete die politische Führung eine Solidaritätskampagne, die zehntausende Menschen mobilisierte. Trotz ihrer Verwurzelung in rivalisierenden Systemen und der Heterogenität ihrer Weltbilder arbeiteten die Solidaritätsinitiativen in Ost und West am gleichen Ziel: einem Nicaragua jenseits der Blöcke.

Darüber hinaus waren die Erwartungen der heterogenen Solidaritätslandschaft äußerst divers. Dennoch gelang es den Sandinistats, den internationalen Aktivist*innen Narrative anzubieten, die auch Defizite rechtfertigten. Enttäuschungen, zum Beispiel hinsichtlich der Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten, führten deshalb nicht sofort zu einer Distanzierung.

Während die Sandinistats zunächst versucht hatten, das internationale Engagement zentral zu steuern, ermöglichte vor allem die Erntehelfer-Kampagne auch individuelle Begegnungen, was mittelfristig die örtliche Zivilgesellschaft stärkte.

Die Quellenauswertung für das Forschungsprojekt erstreckte sich auf insgesamt 13 Archive, darunter das Archiv der Robert Havemann Gesellschaft, das Stasi-Unterlagen-Archiv, verschiedene westdeutsche Bewegungsarchive und die Akten des nicaraguanischen Kulturministeriums.
 

Stefanie Senger forschte während ihrer Promotionsarbeit am ZZF in Abteilung IV "Regime des Sozialen".

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