Online via Zoom
Zeit: 17:15-18:45 Uhr
XI. Veranstaltung der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen"
Eingangsstatements von: Gisela Hürlimann, Marian Füssel, Rüdiger Graf
Moderation: Ulrike Schaper
Veranstalter*innen der Online-Reihe: Rüdiger Graf (ZZF Potsdam), Matthias Pohlig (HU Berlin), Ulrike Schaper (FU Berlin)
Gibt es historische Wahrheit? Diese Frage ist nicht neu. Ob und in welcher Weise Aussagen über historische Sachverhalte „wahr“ sein können und was die Beantwortung dieser Frage über den epistemologischen Status der Geschichtswissenschaft oder Geschichtsschreibung aussagt, wird seit der Antike reflektiert. Zuletzt besonders intensiv diskutiert wurde die Frage ab den 1990er Jahren im Rahmen der Debatte über die Kulturgeschichte und die Herausforderungen der Geschichtswissenschaft durch postmoderne und poststrukturalistische Theorien. Im Zuge dieser Debatten stritten Historiker*innen engagiert darüber, ob ein Begriff wie „Wahrheit“ für das, was sie tun, überhaupt eine angemessene Kategorie ist und ob es nicht eher um „Genauigkeit“, „Präzision“ oder „sachliche Richtigkeit“ und die Überzeugungskraft der Erzählung geht. Ist Wahrheit ein stets unerreichbares Ideal oder eine regulative Idee; wie emphatisch ist der Begriff zu verwenden, und auf was er kann er sich überhaupt beziehen: einzelne Aussagen, Gesamtinterpretation eines historischen Sachverhaltes oder Narrative? Angesichts der Pluralisierung des Fachs wurde darum gestritten, ob es nur eine Wahrheit oder mehrere Wahrheiten parallel geben könne. Inzwischen ist diese Debatte, wie die Diskussion über die Kulturgeschichte insgesamt, abgeflaut, ohne dass die Frage zufriedenstellend geklärt worden wäre.
In jüngster Zeit hat die Frage aber auf unerwartete Weise erneut an Relevanz gewonnen, und zwar durch eher politische als wissenschaftsimmanente oder theoretische Herausforderungen. Die Debatte um das postfaktische Zeitalter und „post truth“, die im Zusammenhang mit Klimakrise und Pandemie wiederholt beobachtbare Wissenschaftsskepsis und die offene Instrumentalisierung von Geschichte durch neue autoritäre Regierungen auf der ganzen Welt führt dazu, dass die postmoderne Wahrheitsskepsis der Jahrtausendwende schal geworden ist und vielen Historiker*innen frivol oder gar gefährlich erscheint. Grund genug, die Frage nach der Wahrheit wieder aufzugreifen. Wir wollen dabei das Spannungsfeld zwischen epistemologischen Problemen und politischen Herausforderungen nicht vorab auflösen, sondern für eine produktive Debatte nutzen.
Zur Diskussionsreihe „Geschichtliche Grundfragen“:
Mit den sozial-, geschlechter-, kultur- und globalgeschichtlichen Erweiterungen der Geschichtswissenschaft vor allem seit den 1970er Jahren sind ihre Themen vielfältiger, die theoretischen Ansätze und Methoden pluraler und Forschungsdesigns multiperspektivischer geworden. Dementsprechend hat die Komplexität des Fachs zugenommen, das heute in seiner Vielgestaltigkeit gerade auch über die Epochengrenzen hinweg kaum noch zu überblicken ist. Angesichts dieser Pluralisierung scheinen die Konturen der Geschichtswissenschaft zu verschwimmen, was von den einen als „anything goes“ beklagt und von anderen als notwendige Diversitätssteigerung begrüßt wird. Unserer Ansicht nach stellen sich aber auch angesichts der Vervielfältigung von Perspektiven, Zugängen und Quellenkorpora auf einer ganz basalen Ebene des historischen Arbeitens noch immer gleiche oder zumindest ähnliche Grundfragen: Was ist eine gute historische Frage? Gibt eine Einheit der Geschichte oder nur partiale Geschichten? Wie politisch kann, darf und muss Geschichte sein? Ist historische Erkenntnis objektiv? Wie sollen die räumlichen und zeitlichen Bezüge unserer Forschungen gestaltet sein?
Online via Zoom
Zeit: 17:15-18:45 Uhr
https://hu-berlin.zoom-x.de/j/62900395967?pwd=EJoLqBIg9NkbDfyaRnDMmP5Z6wRitz.1
Meeting-ID: 629 0039 5967
Passwort: 179829
Kontakt für das ZZF:
Rüdiger Graf
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
Tel.: 0331/74510-129 Fax: 0331/74510-143
E-Mail: graf [at] zzf-potsdam [dot] de (graf[at]zzf-potsdam[dot]de)
