Zeit: 18 bis 20 Uhr
Der Sturz des SED-Regimes war ein herausragendes Medienereignis, in dessen Folge die DDR-Medien selbst zum Gegenstand von Reformvorstellungen und Strukturveränderungen wurden – mit weitreichenden Konsequenzen für die institutionelle, personelle und inhaltliche Neuordnung der ostdeutschen Medienlandschaft nach 1989. Neben westlichen Übernahmen verschwanden bekannte Medienerzeugnisse und Medienfiguren, was ein Teil der Ostdeutschen als „Kolonisierung“ wahrnahm und eine Identitätskrise auslöste. Der zweiteilige Vortrag widmet sich dieser konfliktreichen Entwicklung in zwei Perspektiven: Mandy Tröger zeigt, dass die Transformation des DDR-Zeitungswesens nicht ohne den Einfluss bundesdeutsche politischer und wirtschaftlicher Interessengruppen verstanden werden kann. Medienpolitische Lobbyarbeit finanzstarker BRD-Verlage und deren letztliche Übernahme des DDR-Pressevertriebs schufen früh Marktbedingungen, die ihren Wirtschaftsinteressen dienten, der basisdemokratischen Transformation des DDR-Pressewesens aber schadeten. Peter Ulrich Weiß wiederum richtet den Blick auf ostdeutsche Fernsehprogramme und fragt, auf welche Weise die Sender DFF, ORB und MDR für ihr Publikum eine „Anschlusskommunikation“ von der vergangenen DDR in das vereinigte Deutschland herzustellen suchten.
Zur Ringvorlesung:
Vor 30 Jahren wurden die kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa überwunden. Seitdem steht die Chiffre »1989« für das Wunder der friedlichen Revolution und das Versprechen demokratischer Freiheiten. Tatsächlich hat der revolutionäre Aufbruch zwar umfassende politische und gesellschaftliche Umwälzungen bewirkt. Doch langfristig wurden damit in den Ländern des ehemaligen »Ostblocks« auch Entwicklungen an-gestoßen und Bewegungen mobilisiert, die die Werte und er-kämpften Rechte von damals heute wieder in Frage stellen. Dabei schrecken ihre Vertreter nicht davor zurück, für ihre An-liegen auch mit einstigem Revolutions-Vokabular zu werben.Das Jubiläum bietet die Chance einer doppelten Neuvermes-sung. Die Ringvorlesung diskutiert erstens »1989« als Teil einer »langen Wende« von der geteilten Welt zum geeinten Europa und zweitens als Referenzpunkt gesellschaftlicher Krisenentwicklungen der Gegenwart. Damit eröffnet die Vortragsreihe neue Perspektiven auf das »Erbe von 1989« und eine Standortbestimmung sowohl der Berliner Republik als auch des heutigen Europas.
Veranstalter der Ringvorlesung "1989 - (k)eine Zäsur?":
Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
Stiftung Berliner Mauer
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
In Kooperation mit:
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Konzeption der Ringvorlesung:
MARTIN SABROW
GERHARD SÄLTER
TILMANN SIEBENEICHNER
PETER ULRICH WEISS
Weitere Termine der Ringvorlesung:
29.01.2020
PETER BRANDT (Hagen)
Sozialismus am Ende? Metamorphosen der deutschen Linken nach 1989
Ort: Humboldt-Universität
05.02.2020
NENAD STEFANOV (Berlin)
Zwischen Ethnos und Demos: Territorialität, kulturelle Grenzen und politische Zugehörigkeit in Ostmittel- und Südosteuropa seit 1989
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung
12.02.2020
ANNA KAMINSKY / CHRISTINA MORINA / GERHARD SÄLTER (Berlin / Jena / Berlin)
Aufarbeitung und Wissenschaft zwischen Kooperation und Konflikt
Ort: Stiftung Berliner Mauer
Stiftung Berliner Mauer
Bernauer Str. 119
Besucherzentrum
13355 Berlin
Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltungen werden in Ton und Bild dokumentiert und u.U. veröffentlicht.