Beginn: 12 Uhr | Berlin / Online
Das Gespräch wird live auf dem YouTube-Kanal der Stadtbibliothek Berlin-Mitte übertragen.
Podiumsgespräch
zwischen dem Zeitzeugen und Literaten Wladimir Kaminer und der
Historikerin Juliane Fürst (Leiterin der Abt. "Kommunismus und Gesellschaft" am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, ZZF)
Moderation: Gabriele Freitag (Leiterin der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde)
Im Anschluss wird der Film »Soviet Hippies« (OmeU) von Terje Toomistu gezeigt.
Ist es leicht, jung zu sein?, fragte Juris Podnieks 1986 Dokumentarfilm über die junge Generation der 1980er-Jahre. Der Film brach mit vielen Tabus: er zeigte ein Konzert einer verbotenen Punkband; junge Hooligans, die sich in Vorortzügen flegelten und randalierten; kaputte und orientierungslose Afghanistanrückkehrer; junge Mütter, die sich um die Folgen von Tschernobyl sorgten. Trotzdem, oder gerade deshalb, wurde der Film schnell ‚Kult‘, genau wie die Rockikonen der jungen Perestroikageneration – Viktor Tsoi, Boris Grebenschikow, Jurij Schewtschuk. Neue Subkulturen, die unter dem Begriff Neformaly fungierten, schossen bald wie Pilze aus dem unstabilen Boden der untergehenden Sowjetunion. Politisch gab es bald für jede Ideologie – vom Faschismus über den Zionismus bis zum Anarchismus – eine Vereinigung. Stilistisch wurde alles ausprobiert von Retro Teddy-Boys bis Punk und Glamrock. Aber die Geschichte der wilden sowjetischen Jugend ist dreißig Jahre nach dem Ende der Sowjetunion in Vergessenheit geraten, obwohl sie gerade jetzt, wo junge Leute in Russland und Belarus auf die Straße gehen, ihre Kunst als Protest verstehen und sich von der Macht versteckte Nischenexistenzen aufbauen, wieder neue Relevanz hat.
Der Schriftsteller Wladimir Kaminer (Russendisko, Good-bye Moskau: Legenden und Missverständnisse des vorigen Jahrhunderts, Der verlorene Sommer. Deutschland raucht auf dem Balkon) war 23 Jahre, als er Moskau 1990 verliess. Die Jahre davor verbrachte er in der wilden spätsowjetischen Jugendszene, in der man an allen Ecken Musik, Protest und jugendliche Identitätsfindung machte, und die er in Form seiner »Russendisko« mit sich nach Berlin brachte. Einige seiner Erinnerungen von der Götterdämmerung des sowjetischen Imperiums haben sich in seinen Werken wiedergefunden.
Die Historikerin Juliane Fürst besuchte in den späten 1980er Jahren noch eine Klosterschule in München. Sie kam erst durch ein Projekt über die sowjetische 1968er-Generation mit der wilden alternativen Szene in der Sowjetunion in Berührung und schrieb darüber ein Buch, dass dieses Jahr unter dem Titel »Flowers through Concrete: Explorations in Soviet Hippieland« erschien.
Eine Veranstaltung im Rahmen der Reihe »KRACH 1991« der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO, Berlin), der Forschungsstelle Osteuropa (FSO, Bremen), des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS, Regensburg) und des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF, Potsdam)
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Veranstaltungsreihe: https://krach-1991.de/
Hansabibliothek
Altonaer Straße 15
10557 Berlin
Der Eintritt ist frei.
Für den Besuch der Veranstaltung gilt die 2G-Regelung.
Anmeldung unter: kontakt [at] offen-fuer-kultur [dot] berlin (kontakt[at]offen-fuer-kultur[dot]berlin).
Das Gespräch wird live auf dem YouTube-Kanal der Stadtbibliothek Berlin-Mitte übertragen.