Autorenlesung: Eugen Ruge liest aus "Metropol"

"Ich sehe was, was du nicht siehst. Das Spiel hast du mir beigebracht. Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist: Deine Kaderakte, Charlotte." Mit diesen Worten leitet Eugen Ruge seinen fesselnden Roman »Metropol« ein. Charlotte ist seine Großmutter. Unter anderem aus ihrer Perspektive schildert er, gestützt auf Archivquellen, den stalinistischen Terror im Moskau der 1930er-Jahre. Am Abend des 11. Februar besuchte der Autor das ZZF für eine Lesung. Moderiert von Uwe Sonnenberg, drehte sich das Gespräch auch um die Frage, ob seine Art, sich diesem schwierigen Thema anzunähern, künftige wissenschaftliche Studien inspirieren könne. 

Das Buch: Moskau, 1936. Die deutsche Kommunistin Charlotte ist der Verfolgung durch die Nationalsozialisten gerade noch entkommen. Im Spätsommer bricht sie mit ihrem Mann und der jungen Britin Jill zu einer mehrwöchigen Reise durch die neue Heimat Sowjetunion auf. Die Hitze ist überwältigend, Stalins Strände sind schmal und steinig und die Reisenden bald beherrscht von einer Spannung, die beinahe körperlich greifbar wird. Es verbindet sie mehr, als sich auf den ersten Blick erschließt: Sie sind Mitarbeiter des Nachrichtendienstes der Komintern, wo Kommunisten aller Länder beschäftigt sind. Umso schwerer wiegt, dass unter den "Volksfeinden", denen gerade in Moskau der Prozess gemacht wird, einer ist, den Lotte besser kennt, als ihr lieb sein kann. "Metropol" folgt drei Menschen auf dem schmalen Grat zwischen Überzeugung und Wissen, Loyalität und Gehorsam, Verdächtigung und Verrat. Ungeheuerlich ist der politische Terror der 1930er Jahre, aber mehr noch: was Menschen zu glauben imstande sind.

Der Autor: Eugen Ruge wurde 1954 in Soswa (Ural) geboren. Der diplomierte Mathematiker begann seine schriftstellerische Laufbahn mit Theaterstücken und Hörspielen. Für "In Zeiten des abnehmenden Lichts" wurde er unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienen die Bände "Theaterstücke" und "Annäherung" sowie die Romane "Cabo de Gata" und "Follower".

Fotos: Stefanie Eisenhuth

 

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