Florian Schikowski hat seine Dissertationsschrift „Die Schrägstrichpartei. Das Zusammengehen von Bündnis 90 und den Grünen in der langen Perspektive“ am 26. Juni 2024 an der Universität Potsdam erfolgreich verteidigt. Die Betreuer Prof. Dr. Frank Bösch (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam/Universität Potsdam) und Prof. Dr. Thomas Lindenberger (Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung Dresden/TU Dresden) bewerteten die Arbeit mit „magna cum laude“.
Die Arbeit zeigt das Zusammengehen von den Teilen der politisch alternativen Szene aus der DDR, die sich im Bündnis 90 zusammenfanden, mit der westdeutschen Ökopartei als einen längeren, komplexen und widersprüchlichen Prozess. Dies im Zeitraum von den 1980er Jahren über Revolution und Wiedervereinigung bis hin zur ersten Regierungsbeteiligung der Grünen auf Bundesebene ab 1998. Beide Seiten versuchten dabei einen Modus auf Augenhöhe zu finden, der sich grundlegend vom einfachen Beitritt des ostdeutschen Pendants zur westdeutschen Struktur unterschied.
Die Bundestagswahlniederlage der westdeutschen Grünen 1990 hatte das Gefälle zwischen der im Westen bereits etablierten Partei und den neugegründeten kleinen demokratischen Organisationen in Ostdeutschland, die sich als „Bürgerbewegung“ verstanden, verringert. Doch nach der geglückten „Assoziation“ 1993 und dem Wiedereinzug der Grünen in Fraktionsstärke in den Bundestag 1994 verloren die verbliebenen Bündnis 90-Akteur:innen innerparteilich rasch an Bedeutung. Schlechte Wahlergebnisse in den „neuen“ Bundesländern, geringe Mitgliederzahlen und eine schwache gesellschaftliche Verankerung machten den Osten zur dauerhaften Problemzone für die Partei. Dennoch gehörte das Zusammengehen als wichtiger Baustein zum Parteireformprozess, den die Grünen Anfang der 1990er Jahre durchliefen und der die Weichen für die spätere Regierungsfähigkeit der Grünen stellte. Dabei entfaltete das Bündnis 90 wiederum punktuell entscheidenden Einfluss auf die spätere Parteientwicklung, etwa im Wandel von der Friedens- zur Menschenrechtspartei.
Florian Schikowski war seit 2018 assoziierter Doktorand am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam in der Abteilung I „Kommunismus und Gesellschaft“. Sein Projekt wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung gefördert.