VDI zeichnet ZZF-Historiker Michael Homberg für herausragende Leistungen aus
Für seine Studie zur Computergeschichte Indiens zeichnete der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) in diesem Jahr Michael Homberg vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) mit dem Conrad-Matschoß-Preis in der Kategorie „fachwissenschaftliche Erarbeitung neuer Erkenntnisse“ aus. Homberg, Projektleiter am ZZF, erhielt den mit 2.000 Euro dotierten Preis am 28. September während der Technikgeschichtlichen Tagung des VDI (28.-30. September 2023) im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.
Hombergs Publikation „Digitale Unabhängigkeit. Indiens Weg ins Computerzeitalter – eine internationale Geschichte“ erschien im November 2022 im Wallstein-Verlag in der Buch-Reihe „Geschichte der Gegenwart“ des ZZF. Die Studie, mit der Homberg sich an der Universität habilitiert hatte, versteht sich als Beitrag zur Geschichte des digitalen Zeitalters. Die Arbeit ergründet die Ursprünge des digitalen Zeitalters in Indien. Sie erklärt, wie der Einzug des Computers – als „Zukunftstechnologie“ zur „Entwicklung“ des Landes – technisch ermöglicht, sozial vorbereitet und diskursiv ausgehandelt wurde. „Auf hohem methodischem Niveau und in exzellenter Weise gelingt es Michael Homberg, die enge Verflechtung der Computerentwicklung in Indien mit der internationalen Technologiepolitik und Entwicklungshilfe in der Ära des Kalten Krieges herauszuarbeiten“, lobte die Jury in ihrer Entscheidung.
Ein besonderes Anliegen war dem Potsdamer Preisträger, die Vorgeschichte des digitalen Zeitalters als eine Geschichte globaler Verwobenheiten zwischen „Nord“ und „Süd“ zu erzählen. „Zugleich sehe ich es als einen wesentlichen Anspruch unseres Faches, historiographische Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zu vermitteln, verschiedene Wissenschaftsdisziplinen zu verbinden und Brücken zwischen den Fächern zu schlagen“, sagte Michael Homberg in seiner Dankesrede.
Die Themen von Hombergs preisgekrönter Studie reichen von der Geschichte internationaler Förderprogramme zur Entwicklung der indischen Technologienation über die Zirkulation von Experten und digitalem Know-how in den 1950er und 1960er Jahren. Der Autor thematisiert ebenso den wachsenden Wunsch nach „digitaler Unabhängigkeit“ in der indischen Computerindustrie auf dem globalen IT-Markt ab den 1970er Jahren bis hin zum Siegeszug indischer Programmierer im Silicon Valley zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Der VDI würdigt mit dem Preis seit 2007 alle zwei Jahre herausragende technikhistorische Arbeiten. Mit dem Preis verfolgt der größte Ingenieurverein Europas das Ziel, das Interesse für Technikgeschichte zu stärken, Beiträge zur besseren Verständlichkeit der Technikgeschichte zu fördern und die technikhistorische Forschung zu unterstützen. Der einstige VDI-Direktor Conrad Matschoß ist Namensgeber für den Preis. Dieser prämiert zwei Ausrichtungen: die populärwissenschaftliche Vermittlung von Technikgeschichte sowie die fachwissenschaftliche Erarbeitung neuer Erkenntnisse.
Der Preis 2023 in der Kategorie „populärwissenschaftliche Vermittlung“ vergab der VDI an Pauline Münch und Timothy Moss vom „Integrative Research Institute on Transformations of Human-Environment Systems (IRI Thesys)“ der Humboldt-Universität zu Berlin für ihre digitale Tour „berlinHistory“. Diese schildert mit Audiobeiträgen, Film- und Fotomaterial die Entstehung von Infrastrukturanlagen der Berliner Energiezufuhr, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung.
Publikation „Digitale Unabhängigkeit. Indiens Weg ins Computerzeitalter – eine internationale Geschichte“
VDI-Nachrichten vom 28.09.2023, u.a. mit einem kurzen Interview mit Michael Homberg.
Er beantwortet darin u.a. die Fragen: Was ist die Kernaussage des Buches? Warum sollte das Buch ein Ingenieur oder eine Ingenieurin lesen? Und was lässt sich für die heutige Debatte um IT-Kräfte aus dem Ausland lernen?
https://www.vdi-nachrichten.com/technik/technikgeschichte/vdi-zeichnet-technikhistoriker-fuer-herausragende-leistungen-aus