Veranstalter: Zentrum für Zeithistorische Forschung, Institut für Zeitgeschichte, Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Kooperation mit dem Leibniz-Forschungsverbund Historische Authentizität und der KZ-Gedenkstätte Dachau
Gedenkstätten und Dokumentationszentren werden nicht irgendwo, etwa an einem politisch zentralen oder touristisch und verkehrsgünstigen Platz errichtet, sondern an Orten, die mit Geschichte, Erinnerungen und Leid zutiefst verbunden sind. Als historischen Orten wird ihnen Authentizität zugeschrieben. Doch was ist dieses Authentische, und in welchen Formen wird es inszeniert, abgewandelt und transformiert? Welche Praktiken und Aneignungsformen werden damit verknüpft? Welche Bedeutung hat die Zuschreibung von Authentizität, und wie gehen Gedenk- und Erinnerungsstätten, Dokumentationszentren und historische Museen mit der Ressource Authentizität in ihren musealen Präsentationen und pädagogischen Angeboten um? Wie kann es in der Bildungsarbeit eingesetzt werden, und inwieweit kann es (de-)konstruiert werden? Und was ist überhaupt authentisch an diesen historischen Orten, die im Laufe der Zeit ständigen Veränderungen unterworfen sind? Die Konferenz unternimmt den Versuch, den Umgang und die Zuschreibung von Authentizität anhand unterschiedlicher Gedenkorte und unterschiedlicher Gedenkereignisse zu historisieren und zu reflektieren. Zu den Beispielen sollen deshalb so unterschiedliche Erinnerungsstätten gehören wie Reformations-Gedenkorte, Geburtsorte, Orte des Sterbens, Gedenk- und Lernorte, die an Massenverbrechen erinnern, Schlachtfelder als Orte des Massensterbens und Orte des Widerstands. Damit soll eine Diskussion angeregt werden, ob die normative und gesellschaftliche Dimension von Geschichte Auswirkungen auf unterschiedliche Authentizitätskonzeptionen und Authentizitätswahrnehmungen hat.
TAGUNGSBERICHT
Authentizität als Kapital historischer Orte
erschienen auf H-SOZ-U-KULT am 4. April 2017 von Raphael Rüschendorf
PROGRAMM
Tag 1
ab 15.00 Uhr: Registrierung
16.00-16.30
Begrüßung Gabriele Hammermann (Gedenkstätte Dachau)
Thematische Einführung: Axel Drecoll (IfZ München) und Thomas Schaarschmidt (ZZF Potsdam)
16.30-18.00 Sakralisierung des Authentischen
Insa Eschebach (Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück): Blutgetränkte Erde. Die Sakralisierung von historischen Orten des Massensterbens
Silvio Reichelt (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg): Verortung und Authentisierung im Wandel. Reformationsgedächtnis und Luther-Gedenken 1983/2017
Jörg Skriebeleit (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg): Zwischen Auschwitz und Austerlitz. Reisen ins Reich der Toten
Moderation: Heidemarie Uhl (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
19.30-21.00 Historische Orte im Spannungsfeld von Authentizität und Historizität
Podiumsdiskussion: Martin Sabrow (ZZF), Ingrid Scheurmann (TU Dortmund), Matthias Heyl (Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück)
Moderation: Achim Saupe
Tag 2
9.00-11.30
Gabriele Hammermann (Gedenkstätte Dachau): Dachau als authentischer Ort? Gedenkstättenführung
14.00-15.45 Formen der Aneignung und Nutzung des Authentischen (I): Gedenkstättenpädagogik zwischen Personalisierung und Medialisierung
Alfons Kenkmann (Universität Leipzig): Zwischen Authentizität, Überformung und Verschwinden? Chancen und Herausforderungen für die Gedenkstättendidaktik am historischen Ort
Verena Haug (Evangelische Akademien in Deutschland): Der Zeitzeuge hat das letzte Wort. Überwältigung durch die Potenzierung des Authentischen am historischen Ort?
Steffi de Jong (Universität Köln): Das verpixelte Lager. Überlegungen zu virtuellen Repräsentationen in Gedenkstätten
Moderation: Christian Kuchler (RWTH Aachen)
16.15-18.00 Formen der Aneignung und Nutzung des Authentischen (II): Autorisierung von Erinnerungsorten
Julia Röttjer (Deutsches Polen Institut Darmstadt): Authentizität im UNESCO-Welterbe-Diskurs – am Beispiel des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
Stefanie Endlich (Universität der Künste Berlin): „Hier stand das Geburtshaus Richard Wagners …“. Historische Stadtführungen auf der Suche nach der authentischen Topografie
Birgit Marzinka (Agentur für Bildung Berlin): Historische Orte des queeren Berlin
Moderation: Barbara Christophe (Georg-Eckert-Institut)
20.00 Uhr
Filmvorführung
Tag 3
9.15-10.45 Formen der Aneignung und Nutzung des Authentischen (III): Reenactment
Stefanie Samida (Heidelberg School of Education): Vom Ereignis zum Erlebnis: Schlachtfeldtourismus und Schlachtfeld-Reenactment
Claudia Lenz (Norwegian School of Theology): Learning at authentic places of historical trauma: The “White Busses” and Utøya as (contrasting) cases
Dominik Kleinen (Humboldt-Universität zu Berlin): Authentizität als Risiko. Historische Festumzüge und Paraden im Berlin der 1980er und 1990er Jahre
Moderation: Stefanie Eisenhuth (Humboldt-Universität zu Berlin)
11.15-13.00 Abschied vom Authentischen? Im Übergang von Gedenk- und Erinnerungsstätten zu Dokumentationszentren und Geschichtsmuseen
Éva Kovács (Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien/Institut für Soziologie an der Ungarische Akademie der Wissenschaften): In situ oder in context? Authentifizierungsstrategien in Dokumentationszentren und zeithistorischen Museen in Ungarn
Thomas Lutz (Stiftung Topographie des Terrors): Der Gebrauch von Überrestquellen zur Traditionsbildung in der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des NS-Regimes
Stephan Schwan, Peter Gerjets, Melissa Gussmann (Leibniz-Institut für Wissensmedien): Zur Wahrnehmung eines authentischen Ortes. Das Beispiel Obersalzberg
Moderation: Irmgard Zündorf
14.00-16.00 Ist historische Authentizität ein aussagekräftiges Kriterium für die Kategorisierung von Gedenkstätten, Erinnerungsstätten, Dokumentationszentren und Geschichtsmuseen?
Podiumsdiskussion: Annemarie Franke (Kulturreferentin im Schlesischen Museum Görlitz), G. Ulrich Großmann (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg), Saskia Handro (Westfälische Wilhelms-Universität Münster), Leo Schmidt (BTU Cottbus-Senftenberg)
Moderation: Axel Drecoll
Max Mannheimer Studienzentrum / Internationales Jugendgästehaus Dachau / KZ-Gedenkstätte Dachau
Roßwachtstraße 15
85221 Dachau
Konzeption:
Thomas Schaarschmidt, Irmgard Zündorf, Achim Saupe (ZZF); Axel Drecoll (IfZ), Barbara Christophe (GEI), Joachim Berger (IEG)
Anmeldung:
Wegen begrenzter Raumkapazitäten bitten wir um eine Anmeldung bis zum 31. Januar 2017 bei Irmgard Zündorf: zuendorf [at] zzf-potsdam [dot] de