Das Projekt untersucht Verschränkungen von Prostitution und transnationaler Mobilität anhand staatlicher und internationaler Regulierungsbestrebungen, medialer Bilder und vielschichtiger Erfahrungen der involvierten Frauen. Seit den 1920er Jahren engagierte sich der Völkerbund gegen den "Traffic in Women and Children", wobei insbesondere Frankreich im Fokus stand. Presse und Kinofilme präsentierten zahlreiche Fälle von Entführungen weißer Frauen zu Zwecken der Prostitution. Zugleich bewegten sich Frauen, die der Prostitution nachgingen, auf verschiedene Weisen über das Mittelmeer. Während des Nationalsozialismus bekam das Motiv des "(jüdischen) Mädchenhandels" auch in Bezug auf Frankreich und seine Kolonien große ideologische Bedeutung, während zugleich Prostitution und transnationale Mobilität etwa im Kontext von Zwangsarbeit staatlich organisiert wurden. In der Nachkriegszeit waren es neue Sexualmoral und Dekolonisierung, die zu einer Aufmerksamkeit für die Figur des nordafrikanischen Zuhälters führten.
In dem Projekt geht es um ein spezifisches Phänomen der internationalen Kriminalität, um polizeiliche Praktiken, moral panics und ihre antisemitischen und rassistischen Bilder sowie die komplexe agency der involvierten Frauen zwischen Ausbeutung, Notbehelfsökonomie und Entscheidungen. Das Projekt untersucht dabei verschiedene Kontexte von den 1920er Jahren über den Nationalsozialismus und das Vichy-Regime bis in die 50er Jahre, um zu einem neuen Verständnis transnational ausgehandelter Geschlechterordnungen, internationaler Organisationen und polizeilicher Praktiken sowie grenzüberschreitender marginalisierter Mobilitäten zu kommen.