Geschichte erleben oder Die performative Aneignung vergangener Lebenswelten in archäologischen Freilichtmuseen

Bildinfo

Buchcover: Living History als Gegenstand historischen Lernens

Abgeschlossenes Forschungsprojekt
Ende des Projektes
Februar 2017

Stefanie Samida
Abgeschlossenes Forschungsprojekt des abgeschlossenen interdisziplinären Forschungsprojekts "Living History. Reenacted Prehistory between Research and Popular Performance" gefördert von der VolkswagenStiftung

Das Teil­pro­jekt der Archäo­lo­gie unter­suchte das enge Bezie­hungs­ge­flecht von Archäo­lo­gen, ‚Re-Enactors‘ und Besu­chern in archäo­lo­gi­schen Frei­licht­mu­seen und auf his­to­ri­schen Events. Ziel war es, einer­seits die Motive aller Betei­lig­ten und ande­rer­seits die Bedeu­tung der Living History-Inszenierungen zu erfor­schen. Dar­über hin­aus sollte auch das per­sön­li­che und pro­fes­sio­nelle Vor­wis­sen der Re-Enactors – also der Akteure – und ihre Bezie­hung zur aka­de­mi­schen Wis­sen­schaft ein­ge­hen­der betrach­tet wer­den. Fra­gen nach dem didak­ti­schen Kon­zept der Re-Enactors standen dabei ebenso im Zen­trum des Inter­es­ses wie der Ein­fluss ihrer Per­for­man­ces auf die museale Pra­xis und die Ausstellungskonzeption.

In die Ana­lyse sollten neben dem Pfahl­bau­mu­seum Unte­ruhl­din­gen, dem Muse­ums­dorf Düp­pel auch das ‚Römer­fest‘ in Hechingen-Stein ein­be­zo­gen wer­den. Das Pfahl­bau­mu­seum in Unte­ruhl­din­gen gehört zu den ältes­ten archäo­lo­gi­schen Frei­licht­mu­seen in Deutsch­land. Es wurde 1922 eröff­net und prä­sen­tierte von Beginn an Living History-Performances. Es bot damit die Gele­gen­heit, die Ent­ste­hung der Living History zu erfor­schen. Das Muse­ums­dorf Düp­pel öffnete erst 1975 seine Pfor­ten; anders als das Pfahl­bau­mu­seum geht es auf eine Initia­tive inter­es­sier­ter Laien zurück: Es sollte ein Museum geschaf­fen wer­den, das dem Besu­cher das Mit­tel­al­ter begreif­bar macht. Mit der Zeit wuchs das Dorf von ursprüng­lich drei auf mitt­ler­weile zwölf Häu­ser, die von den Mit­glie­dern des För­der­krei­ses des Muse­ums in Eigen­re­gie errich­tet wur­den. Das ‚Römer­fest‘ im Frei­licht­mu­seum Hechingen-Stein steht stell­ver­tre­tend für ähnli­che his­to­ri­sche Events, die in den letz­ten Jah­ren zuneh­mend durch­ge­führt wer­den. Alle zwei Jahre tref­fen sich hier ganz ver­schie­dene Re-Enactmentgruppen – von Kel­ten über Römer bis hin zu Ala­man­nen. Neben ‚prä­his­to­ri­schem Essen‘ und eben­sol­chen Geträn­ken wer­den auch spe­zi­elle Ange­bote für Kin­der (Moden­schauen) und Rol­len­spiele ange­bo­ten. Aus­ge­hend von dem kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Schlüs­sel­be­griff ‚Insze­nie­rung‘ sollte der Frage nach den Moti­ven für den Rol­len­tausch von Re-Enactors, nach den Insze­nie­rungs­for­men sowie nach dem didak­ti­schen Kon­zept, das die Grup­pen in ihrer Dar­stel­lung von Ver­gan­gen­heit ver­fol­gen, nach­ge­gan­gen wer­den. Ein wei­te­res Desi­de­rat lag in der Aus­ein­an­der­set­zung mit der – in viel­fa­cher Hin­sicht unbe­wuss­ten – Wir­kung sol­cher Geschichts­in­sze­nie­run­gen in Frei­licht­mu­seen. Damit ver­bun­den war einer­seits die Frage nach den ver­mit­tel­ten Geschichts­bil­dern sowie ande­rer­seits nach der per­zep­ti­ven Aneig­nung, kogni­ti­ven Ver­ar­bei­tung und den Mög­lich­kei­ten des Wissenserwerbs. [Stand: Dezember 2018]