Das Projekt untersucht die Debatten über eine mögliche Restitution von Kulturgütern in ihre Ursprungsländer als Gegenstand der Dekolonisierung und der Nord-Süd-Beziehungen im Zeitraum der späten 1960er bis Ende der 1980er Jahre.
Mit ihrer Unabhängigkeit forderten zahlreiche Staaten in Afrika und Asien die Rückgabe von Kunst- und Kulturgegenständen, die während der Kolonialzeit in die Länder des Globalen Nordens transloziert worden waren. Seit Beginn der 1970er Jahre wurde die Restitutionsfrage unter dem Leitbegriff einer „neuen kulturellen Weltordnung“ in den Organisationen der Vereinten Nationen diskutiert. Gleichzeitig fanden bilaterale Verhandlungen über die Rückgabe einzelner Objekte aus zumeist ethnologischen Museumssammlungen statt. Die Forderungen der Länder des Globalen Südens richteten sich dabei nicht nur gegen die letzten Kolonialmächte Europas, sondern betrafen auch die Bundesrepublik und die DDR. In beiden deutschen Staaten befanden sich infolge der früheren Sammlungstätigkeit in den Kolonien und innerhalb kolonialer Netzwerke große Bestände außereuropäischen Kunst- und Kulturguts. Entsprechend fand, wiewohl unter unterschiedlichen Bedingungen, beiderseits der Grenze eine intensive Beschäftigung mit der Restitutionsfrage statt.
Das Projekt untersucht die Entstehung und Entwicklung der Auseinandersetzung über die postkoloniale kulturelle Restitution an den Schnittstellen von internationalen Organisationen, bilateralen Verhandlungen, auswärtiger wie nationaler Kulturpolitik und Museum. Dabei soll deutlich werden, inwiefern verschiedene Aushandlungsräume und Akteure sowie Interpretationen der Kolonialvergangenheit und Positionierungen im weltpolitischen Gefüge des Kalten Krieges den Umgang mit Restitutionsforderungen bedingten.