Stefan Jehne schließt erfolgreich seine Promotion zur Sterilisationspolitik und -praxis in der SBZ und DDR 1945 bis 1990 ab

Promotion Stefan Jehne mit Gutachtern

Bildinfo

Stefan Jehne (Mitte) mit den Gutachtern seiner Promotion Michael Wildt (links) und Rüdiger Graf (rechts), Foto: Laura Kaiser.

Stefan Jehne hat seine Dissertation mit dem Titel: „(K)eine sozialistische Eugenik? Sterilisationspolitik und -praxis in der SBZ und DDR 1945 bis 1990 im Spannungsfeld zwischen NS-Vergangenheit, Planung und Biopolitik“ am 23. Januar 2025 erfolgreich an der Humboldt-Universität zu Berlin verteidigt. Die Gutachter waren Michael Wildt (Humboldt-Universität zu Berlin) und Rüdiger Graf (ZZF/Humboldt-Universität zu Berlin). Den Vorsitz der Prüfungskommission hatte Gabriele Metzler inne.

In seiner mit magna cum laude bewerteten Arbeit untersuchte Stefan Jehne die Sterilisationspolitik und -praxis in der SBZ und DDR von 1945 bis 1990 sowie den dortigen juristischen Umgang mit den NS-Zwangssterilisationen in eben jenem Zeitraum. Ein wesentlicher Schwerpunkt lag dabei auf personellen und ideellen (Dis-)Kontinuitäten zu den vorangegangenen Systemen des Nationalsozialismus und der Weimarer Republik.

Im ersten Teil seiner Dissertation untersuchte Stefan Jehne den juristischen Umgang mit den NS-Zwangs-sterilisationen in der SBZ und DDR, die mit der Aufhebung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und seiner Deklarierung als NS-Unrecht durch die Sowjetische Besatzungsmacht im Januar 1946 begonnen hatte. Dabei konnte er unter anderem zeigen, dass eine flächendeckende Strafverfolgung der an NS-Zwangssterilisationen Beteiligten ausgeblieben ist und von Beginn an vor allem von deutschen Akteur*innen mit Verweis auf die vermeintliche Seriosität von Eugenik sowie der Sterilisationspraxis in anderen Staaten erfolgreich gegen eine Strafverfolgung argumentiert werden konnte. Im zweiten Teil beschäftigte sich Stefan Jehne mit den Sterilisationsdebatten in der SBZ und DDR. Hier konnte er zeigen, dass in der gesamten Zeit der SBZ und DDR immer wieder Forderungen nach der Legalisierung eugenischer Sterilisationen aus der Ärzt*innenschaft formuliert worden sind, obwohl eine solche Legalisierung von offizieller Seite mit Verweis auf den nationalsozialistischen Missbrauch stets abgelehnt wurde. Trotz dieser offiziellen Haltung waren eugenische Forderungen jedoch zu jeder Zeit konsequenzlos sag- und debatierbar. 
Schließlich analysierte Stefan Jehne die Sterilisationspraxis in SBZ und DDR. Hier gelangte er dem Ergebnis, dass der selbsternannte „Arbeiter-und-Bauerstaat“ über den Modus eugenischer Sterilisationen vor allem Frauen* in sexistischer, ableistischer und klassistischer Manier vier Jahrzehnte lang diskriminierte. Dies obwohl die DDR damit gegen ihren eigenen Verfassungsgrundsatz der unterschiedslosen Gleichheit von Männern* und Frauen* sowie ihr biopolitisches Mantra vom „Sozialistischen Humanismus“, der keine Klassen mehr kennen wollte, verstieß. 

Stefan Jehne ist seit September 2019 assoziierter Doktorand am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam in der Abteilung: Wissen - Wirtschaft – Politik. Sein Projekt wurde von der Gerda Henkel Stiftung gefördert.