Workshop des Instituts für Germanistik der Universität Potsdam zum Gedenken an Simone Barck in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam
Der Workshop soll die vergleichende Untersuchung von veröffentlichter Erinnerung an Faschismus und Krieg in beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften fortsetzen, die für das Jahr 1950 durch eine Potsdamer Tagung im November 2006 begonnen worden ist. Simone Barck, die am 17. Juli verstorben ist, hatte die Tagung organisiert und war bis zu ihrem plötzlichen Tod an der Vorbereitung des diesjährigen Workshops zu 1960 beteiligt. Schon in ihrem großen Buch „Antifa-Geschichte(n). Eine literarische Spurensuche in der DDR der 1950er und 1960er Jahre“ (2003) hatte sie programmatisch darauf hingewiesen, dass der „Antifa-Diskurs in der DDR auf osmotische und zugleich diffuse Weise mit demjenigen in der BRD verbunden war und blieb“.
Indem die um 1960 in beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften veröffentlichten Erinnerungstexte in einen europäischen Kontext gestellt werden, wird nach Ähnlichkeiten und Unterschieden gefragt. Rekonstruiert werden soll der Stand der öffentlichen, auf dem literarischen Markt zugänglichen Erinnerung an Faschismus und Krieg, ausgehend von den Fragen: Welche Erinnerungstexte dominierten in den Öffentlichkeiten, in welchem Verhältnis standen sie zur offiziellen Erinnerung der jeweiligen Staaten, zu öffentlich konkurrierenden Gruppenerinnerungen und zur privat-alltäglichen Erinnerung von Leserinnen und Lesern? Zwischen welchen Öffentlichkeiten gab es einen Austausch? Unter Einbeziehung Frankreichs, Norwegens und Polens wird gefragt, wie veröffentlichte Erinnerungen an Faschismus und Krieg zur Legitimierung von politischen Systemen beitrugen, wie sie sich mit konkurrierenden Erinnerungen auseinandersetzten und bestimmte Bevölkerungsgruppen adressierten. Es geht nicht nur um die quantitative Verteilung von Erinnerungen an Verfolgung und Widerstand, Krieg, Flucht und Gefangenschaft, sondern auch um deren Hierarchisierung, um Dominanzen und Marginalisierungen.
Der Titel des Workshops verweist darauf, dass um 1960 das Schlagwort ‚Vergangenheitsbewältigung’ eine veränderte Bedeutung erhalten konnte: Bewältigung wurde, z.B. für Heinrich Böll, zu einem „Schnitt, der uns von politischen Traditionen zu trennen hätte, die in dieser unbewältigten Vergangenheit wurzeln“.
im Alten Rathaus – Potsdam Forum, Am Alten Markt 9, und im Filmmuseum Potsdam, Marstall am Lustgarten, Breite Straße
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