Ost-West-Konflikt im europäischen Kommunismus

Bildinfo

Art der Veranstaltung
Tagung
Datum
-
Ort
Berlin

Internationaler Workshop anlässlich des 40. Jahrestags der letzten europäischen Kommunistenkonferenz in Ost-Berlin 1976

Veranstalter: 
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Centre Marc Bloch Berlin
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Am 29. und 30. Juni 1976 fand in Ost-Berlin letztmals eine „Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas“ statt. Das sowjetorientierte Lager wollte mit der Konferenz in der Hauptstadt der DDR eine Spaltung der kommunistischen Bewegung Europas verhindern. Die Gefahr eines solchen Schismas war im Zuge des nach der gewaltsamen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ entstandenen Eurokommunismus und eigenständiger Wege einiger osteuropäischer KPs (v.a. der jugoslawischen und der rumänischen) offensichtlich geworden. Vor dem Hintergrund des hohen Wahlergebnisses der italienischen Kommunisten bei den Parlamentswahlen neun Tage vor Beginn der Konferenz standen insbesondere die dem Eurokommunismus zugerechneten Parteien im Fokus des öffentlichen Interesses. Deren Ablehnung einer sowjetischen Bevormundung trug maßgeblich dazu bei, dass die KPdSU keine Dominanz mehr über die kommunistische Bewegung Europas ausüben konnte. Gleichzeitig nährten sie bei zahlreichen Linken in West und Ost die Hoffnung auf die Entstehung eines demokratischen Kommunismus. Die Konferenz von 1976 markiert daher einen Wendepunkt in der Geschichte der kommunistischen Bewegung Europas, die in den Folgejahren durch einen eigenen Ost-West-Konflikt zwischen eurokommunistischen Reformern und sowjettreuen Konservativen geprägt wurde.

Die Konferenz ist zeithistorisch bislang nur in geringem Maße untersucht worden. Aktuell liegen lediglich zeitgenössische, meist journalistische oder politologische Beschreibungen der Konferenz vor. Eine umfassend quellengestützte und multiarchivarische Analyse steht noch aus. Anlässlich des 40. Jahrestags dieser Konferenz wird daher ein internationaler Workshop in Berlin den Stand der Forschung zusammentragen und sich neuen Forschungsperspektiven zuwenden. Dabei stehen die Verortung der Konferenz in der Geschichte der kommunistischen Großkonferenzen, ihre Einbettung in die Globalgeschichte der 1970er-Jahre, die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Konferenz, ihre Wahrnehmung durch die verschiedenen Parteien und Regierungen in Ost und West sowie insbesondere durch die ostdeutsche Gesellschaft im Mittelpunkt. Von besonderem Interesse wird die Rolle der SED sein, die als gastgebende Partei einerseits eine Vermittlerrolle einnehmen musste, um ein Stattfinden der Konferenz überhaupt zu ermöglichen. Anderseits war sie an die Vorgaben der sowjetischen Machthaber gebunden und musste daher in hohem Maße taktisch agieren. Neben der SED und der KPdSU spielten die kommunistischen Parteien aus Jugoslawien, Italien, Frankreich, Spanien, Rumänien und Ungarn eine wichtige Rolle. 


Programm 

Donnerstag, 23. Juni 2016

15:00 Uhr Empfang der Teilnehmer

15:30 Uhr Begrüßung
- Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)
- Nikolas Dörr (Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur)
- Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch Berlin)

16:00 - 17:00 Uhr Panel 1: Die Ostberliner Konferenz im Zeitalter des Kalten Krieges
Chair: Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)

- Maximilian Graf (INZ der Universität Wien): Die Geschichte kommunistischer Großskonferenzen
- Nikolas Dörr (Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur): Die 1976er-Konferenz in der Analyse von westlichen Nachrichtendiensten und Parteien

17:00 - 18:00 Uhr Panel 2: Die westeuropäischen KPs und die Herausforderung der Autonomie
Chair: Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch)

- Francesco Di Palma (FU Berlin): Mittler zwischen den Blöcken? Der italienische und der französische Kommunismus in den 1970er Jahren
- Carla Reitter (Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität, Frankfurt/Main): Der. 22. Parteitag des PCF 1976 – ein Kongress im Zeichen des Eurokommunismus?

Ab 18:00 Uhr Abendessen


Freitag, 24. Juni 2016 

10:00 - 13:30 Uhr Panel 3: Der Ostblock: Zwischen Einheit und Diversität
Chair: Nikolas Dörr (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)

- Karlo Ruzicic-Kessler (INZ der Universität Wien): Teilnehmen oder nicht? Der Bund der Kommunisten Jugoslawiens und die Berliner Konferenz 1976
- Gábor Szilágyi (Eötvös-Loránd-Universität Budapest): „Herrgott noch mal, dann soll es blau-weiß-rot sein, […] wenn’s nur ein Sozialismus ist!” – Die USAP und die Berliner Konferenz 1976
- Tom Junes (Human and Social Studies Foundation Sofia): From Kite-flying to Attack Dog: The Bulgarian Communist Party and the 1976 Conference of Communist and Workers Parties in Europe
- Miroslav Šepták (Nationalarchiv Prag): Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei und die Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas im Jahr 1976

Mittagspause: Catering im Centre Marc Bloch

15:30 - 17:00 Uhr Panel 4: Die Reaktion von Dissidenten auf die Konferenz
Chair: Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch)

- Martina Metzger (Martinsried): Die letzte europäische Kommunistenkonferenz 1976 und ihre Auswirkungen auf die Dissidenten in der DDR: Reaktionen von Robert Havemann und Rudolf Bahro
- Maximilian Graf (INZ der Universität Wien): Westeuropäische Dissidenz: Das Beispiel Franz Marek

17:00 - 17:30 Uhr Abschlussbemerkungen: Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam)

17:30 Uhr - 18:00 Uhr Abschlussdiskussion 

Ab 18 Uhr Abendessen 
 

Programmflyer (pdf)



Internationaler Workshop "Ost-West-Konflikt im europäischen Kommunismus" (23. -24.06.2016, Berlin)
Tagungsbericht vom 20.07.2016 auf H-Soz-u-Kult von Helena Imenkämper

Veranstaltungsort

Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, 10117 Berlin,
Georg-Simmel-Saal, 3. Stock

Kontakt und Anmeldung

Organisation: Nikolas Dörr (Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin)

Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.