Aufgrund der aktuellen Situation findet die Tagung im virtuellen Raum statt.
Veranstalter: ZZF Potsdam in Kooperation mit: Humboldt-Universität zu Berlin (HU), Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG)
Organisation: Rüdiger Graf (ZZF Potsdam) / Alina Marktanner (MPIfG) / Sebastian Schöttler (HU Berlin)
Nicht erst seit der jüngsten „Berateraffäre“ im Bundesministerium der Verteidigung wird über die „unheimliche Macht der Berater" (Titel einer ARD-Reportage über die “Big Four” der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von Anfang 2019) diskutiert. Bereits im Zuge der Rationalisierungsbewegung der Zwischenkriegszeit fungierten beratende Ingenieure als Experten für effizientes Wirtschaften. Mit dem Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach 1945 wuchs die Branche weiter und die Unternehmensberatung etablierte sich als eigenständiger Berufszweig. Durch die Bereitstellung von Handlungswissen veränderten Berater*innen das Verhältnis von intern und extern generierter Erfahrung in Organisationen im Laufe des 20. Jahrhundert grundlegend. Sie wirkten auf die Erwartungsbildung in Unternehmen, Behörden sowie Non-Profit-Organisationen ein und prägten deren Entscheidungsprozesse und Governance-Strukturen.
Während insbesondere die wissenschaftliche (Politik-)Beratung in der deutschen Zeitgeschichte gut erforscht ist, gilt dies weniger für kommerzielle Formen der Beratung. Wie erklärt sich der Aufstieg externer, kommerzieller Expertise seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert? Welche Prozesse beförderten den Boom der Beraterbranche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und welchen Einfluss nahmen Berater*innen und die von ihnen provozierten Erwartungen auf Entscheidungsprozesse in Unternehmen, Behörden und Stiftungen? Neben der Klärung dieser Fragen soll die die Tagung auch den Austausch über die methodischen Herausforderungen einer Geschichtsschreibung ermöglichen, deren Protagonisten meist auf Diskretion bedacht sind
Programm
Donnerstag, 1.10.2020 |
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14:00-14:15 |
Begrüßung und Einführung |
14:15-15:00 |
Ursprünge und Theorie der Beratung im 20. JahrhundertEva Schauerte (Weimar): Ödipus Reloaded: Edward Bernays und die Erfindung der Public Relations-Beratung Florian Hoof (Lüneburg): Robust–Flexibel–Utopisch. Genealogie und Theorie des Beraterwissens und der Unternehmensberatung |
Pause |
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15:15-16:15 |
Unternehmen und industrieller SektorMarcus Böick (Bochum): "Können Sie mal helfen, Herr Berger?" Unternehmensberatung, Vereinigung und Wirtschaftsumbau nach 1990. Katalysatoren einer neo-liberalen „Ko-Transformation“? Sebastian Schöttler (Berlin): Metall, McKinsey und Mitbestimmung. Unternehmensberater bei Rheinstahl, 1968-1973 Martin Schmitt (Darmstadt): BeraterInnen der Digitalisierung: Computerhersteller und Kreditinstitute als Unternehmensberatung in Deutschland |
Pause | |
17:15-18:30 |
AbendvortragMatthias Kipping (Toronto): Vom Aussenseiter zur Hegemonie? Ein historischer Überblick über das Warum und Wie der Unternehmensberatung Moderation: Rüdiger Graf |
Freitag, 2.10.2020 |
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14:00-14:45 |
Öffentliche Verwaltung und Public Sector ConsultingNick Schwery (Zürich): An den Grenzen der Staatlichkeit. Computer und Beratung in der schweizerischen Bundesverwaltung, 1960-1976 Alina Marktanner (Köln): Unternehmensberater in der öffentlichen Verwaltung, 1950er bis 1970er Jahre – die Antihelden der Consultingbranche? |
14:45-15:30 |
Marktforschung und MarketingberaterJan Logemann (Göttingen): „Kreative Forschung“ für Unternehmen? Die Selbstvermarktung neuer Marketingexperten in den 1940er-50er Jahren Ingo Köhler (Berlin): Dramaturgen des Strukturwandels. Marktforscher als Strategieberater in den 1970er Jahren |
Pause |
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16:30-17:15 |
Personalberatung und HRStina Barrenscheen (Göttingen): Vertrauter Berater. Walter Schleip und die Implementierung einer professionellen Beratungsdienstleistung in den 1950er und 1960er Jahren Franziska Rehlinghaus (Göttingen): Wissenszirkulation zwischen Bildung, Markt und Staat. Weiterbildungsexperten als Berater in der Geschichte der Bundesrepublik |
17:15-18:00 |
Abschlussdiskussion |
Online
Sebastian Schöttler
sebastian [dot] schoettler [at] hu-berlin [dot] de
Um Anmeldung bis zum 24. September wird gebeten.