Veranstalter:
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Hans-Bredow-Institut für Medienforschung Hamburg in Kooperation mit dem Leibniz-Forschungsverbund Historische Authentizität
„Medien“ und „Authentizität“ sind Begriffe, die in einer Spannung zueinander stehen. Denn ein Medium ist stets etwas Vermittelndes, eine Zwischeninstanz, während „Authentizität“ als Idealtypus gerade auf das Ursprüngliche, Unvermittelte zielt. Gleichwohl scheint historisch betrachtet beides eng miteinander verbunden: Jedenfalls fallen die Konjunktur des Authentischen und die Kritik an fehlender „Authentizität“ in das Zeitalter der „technischen Reproduzierbarkeit“ (Walter Benjamin), also jene Zeit seit dem späten 19. Jahrhundert, in der die Massenmedien zu zentralen gesellschaftlichen Instanzen aufstiegen.
Der Workshop möchte Beiträge zusammenführen, die sich empirisch oder theoretisch mit dem Verhältnis von Medien und Authentizität beschäftigen und dabei eine historische Perspektive einnehmen. Ziel der Veranstaltung ist es, Wissenschaftler/innen zusammenzubringen, die das spannungsreiche Verhältnis von Massenmedien und Authentizitätszuschreibungen bzw. -erwartungen insbesondere im Verlauf des ‚langen 20. Jahrhunderts‘ paradigmatisch analysieren bzw. die entsprechend methodisch reflektieren, was zu initiierende Studien leisten müssten.
Diese verschiedenen Perspektiven und Fragestellungen werden u.a. diskutiert:
Erstens interessieren Strategien der historischen Authentisierung in den Medien, wie sie sich etwa in populären Medienformaten wie historischen Dokumentationen und Spielfilmen finden. Dazu gehören ganz unterschiedliche Mittel, darunter der Einsatz von Zeitzeugen und Archivmaterial sowie ästhetische und dramaturgische Strategien.
Vielmehr ist dann zweitens auch nach der Rezeption/Aushandlung einschlägiger Repräsentationen zu fragen. Was wird wann, wo und von wem für „authentisch“ gehalten und welchen medialen Darstellungen wird diese Qualität im Gegenteil nicht zugesprochen?
Drittens stellt sich die Frage, welche Wirkung der Medialisierungsprozess auf den Diskurs um Authentizität hatte. Welchen Einfluss hatte beispielsweise die Erweiterung des Medienensembles um Fotografie, Film, Radio, Fernsehen und Computer auf die Vorstellungen von Authentizität? Stellt die moderne Sehnsucht nach „dem Echten“ gar eine Art Reflex auf die breite Durchsetzung der technischen Massenkommunikation dar?
Darüber hinaus sollen viertens theoretische oder methodische Reflexionen des Verhältnisses von Massenmedien und Authentizität im ‚langen‘ 20. Jahrhundert diskutiert werden.
Tagungsprogramm (pdf)
Programm
Donnerstag, 13. Juli 2017
13.00-13.30
Martin Sabrow (Potsdam): Begrüßung
Christoph Classen (Potsdam), Hans-Ulrich Wagner (Hamburg): Einführung
13.30-15.00 Keynotes
Helmut Lethen (Wien):
Über den Anachronismus des Authentischen
Judith Keilbach (Utrecht):
Filmische Inszenierung und authentische Erfahrung
15.00-15.30 Kaffeepause
15.30-17.00 Sektion 1
Authentizität und Medialisierung
Moderation: Hans-Ulrich Wagner (Hamburg)
Eva Knopf (Hamburg), Thomas Weber (Hamburg):
Authentizität transformieren. Der Forschungsfilm zwischen Wissenschaft und Spielfilm (1940er-1960er Jahre)
Julia Schumacher (Hamburg):
Historische Authentizität als Ähnlichkeits- und Differenzerfahrung
Brigitte Sahler (Duisburg-Essen):
Authentizität und Medien im Werk von Jean-Léon Gérôme
17.00-17.30 Kaffeepause
17.30-18.30
Franziska Schaaf (Duisburg-Essen):
Echt handgemacht. Dimensionen des Authentischen in Handwerk(en)sdiskursen seit 1960
Nicola Brauch (Bochum):
Archäologie im gymnasialen Schulgeschichtsbuch. Didaktische Herausforderungen durch den Wandel von Mediendispositiven und Authentizitätszuschreibungen am Beispiel des Lehrplanthemas „Das antike Griechenland“
18.30-20.00 Gemeinsames Abendessen
20.00-21.30 Filmvorführung
Chris Wahl (Potsdam-Babelsberg): Kommentar
Anschließende Diskussion über historische Authentizität im Film
Freitag, 14. Juli 2017
09.00-11.00 Sektion 2
Strategien historischer Authentisierung
Moderation: Achim Saupe (Potsdam)
Juliane Hornung (München):
Ein Blick durchs Schlüsselloch? Medien und Authentizität in der High Society-Berichterstattung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Daniel Siemens (Bielefeld):
Ideologie ist gelingende Authentizität. Überlegungen zu den Wochenschauen in den deutsch-deutschen Nachkriegsgesellschaften
Michael Ostheimer (Chemnitz), Katja Stopka (Potsdam):
Erfahrungs- und Erwartungslandschaften. Ästhetische Authentisierungsstrategien des Sozialismus in der DDR
Raphael Rauch (München):
„Ein Stück Himmel“. Authentizität als Antwort auf „Holocaust“
11.00-11.30 Kaffeepause
11.30-13.00 Sektion 3
Vorstellungen und Zuschreibungen medialer Authentizität
Moderation: Christoph Classen (Potsdam)
Georg Koch (Potsdam):
„A fantasy made real“. Authentizität als Ressource von Fernsehdokumentationen zur Urgeschichte
Miriam Piegsa (Passau):
Konstruktion diskursiver Authentizität. Konvergenzen, Spannungsverhältnisse, Bedeutungszuschreibungen
Sylvia Kesper-Biermann (Hamburg):
Dokumentation und Subjektivität. Comics und historische Authentizität in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
13.00-14.00 Mittagessen
14.00-15.00
Abschlussdiskussion und weitere Pläne
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Großer Seminarraum
Am Neuen Markt 9 d,
14467 Potsdam
Eine Anmeldung zum Workshop ist erforderlich. Sie können sich bis zum 07.07.2017 bei Vanessa Lemke (lemkev [at] zzf-potsdam [dot] de (subject: Anmeldung%20Workshop%20%22Historische%20Authentizit%C3%A4t%20und%20Medien%22) (lemkev[at]zzf-potsdam[dot]de)) anmelden.