Beginn: Dienstag, 25. Oktober 2022, 14:00 Uhr
Veranstalter:
Bundesarchiv, Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Nach fünf Jahren ziehen zehn Forschungsprojekte Bilanz, die unter dem Titel „Die zentralen deutschen Behörden und der Nationalsozialismus“ von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM gefördert wurden. In einer gemeinsam von Bundesarchiv, Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) und Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) veranstalteten Fachtagung werden am 25. und 26. Oktober in Berlin die Ergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt.
Als die Bundesrepublik 1949 gegründet wurde, standen ihre staatlichen Institutionen vor der Aufgabe, die formale Entnazifizierung in politisches Handeln zu übersetzen. Die politisch proklamierte Lösung von der NS-Vergangenheit erwies sich sowohl auf der personellen Ebene, bei der Gesetzgebung als auch in der Schaffung einer neuen demokratischen Kultur als langwieriger und widersprüchlicher Prozess, der sich bis in die 1970er Jahre hinzog. Die Tagung thematisiert diese Nachgeschichte des Nationalsozialismus an exemplarischen staatlichen Handlungsfeldern und in so unterschiedlichen Behörden wie dem Bundeskanzleramt, dem Bundespresseamt, dem Bundesvertriebenenministerium, aber auch in Landesjustizverwaltungen und im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Die auf der Tagung zur Sprache kommenden Projekte gehen den Fragen nach, wie viele durch ihre Funktion in der NS-Diktatur Belastete die Ministerien, Bundes- und Landesbehörden einstellen konnten oder wollten, welche Folgen dies zeitigte. Sie analysieren, wie der vielschichtige und oft auf formale Parteimitgliedschaft reduzierte Begriff der „Belastung“ in den politischen Auseinandersetzungen eingesetzt wurde. Zugleich veranschaulichen sie, wie sich die Grenzen verschoben, die in Bezug auf NS-Belastungen gezogen wurden. Die Projektergebnisse legen alte und neue „Seilschaften“ offen und machen antiliberale Haltungen sichtbar, die die Anfänge einer demokratischen Politik und Öffentlichkeitsarbeit erschwerten und als Hypotheken der Diktaturvergangenheit weiterwirkten.
Konferenzprogramm zum Download (PDF, 8MB)
PROGRAMM
25. Oktober 2022
14.00 – 14.15 Uhr
Begrüßung
Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs
Martin Sabrow (ZZF) / Andreas Wirsching (IfZ) für den Projektverbund
14.15 - 17.45 Uhr
Panel 1: Organisationsgeschichte und Verwaltungskultur
Moderation: Franziska Kuschel (Berlin)
Verwalter und Verwaltete. Klerus und Ärzte
Thomas Großbölting/Benedikt Kemper/Jan Wille (Münster/Hamburg)
Institutionalisierte Unschärfe. Ordnungskonzepte und Politisches Verwalten im Bundesvertriebenenministerium (1949-1961)
Jan Ruhkopf (Tübingen/Stuttgart)
Moderation: Thomas Raithel (München)
Drei Wege der Institutionalisierung neuer Behörden. Die Ämter für Denkmalpflege in Bayern, Thüringen und im Rheinland (1920-1960)
Jan Schleusener (Erfurt)
Landesjustizbehörden nach 1945 in Nordrhein-Westfalen, Südbaden, Württemberg-Baden und Thüringen
Michael Kißener/Verena von Wiczlinski (Mainz)
18.15 – 19.45 Uhr
Podium 1: Postdiktatorische Systemtransformation im internationalen Vergleich
Thorsten Holzhäuser (Mainz/Stuttgart), Annette Weinke (Jena), Lutz Klinkhammer (Rom) und Wolfgang Schwentker (Osaka)
Moderation: Frank Bösch (Potsdam)
20.00 – 22.00
Empfang
Grußwort: Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien
26. Oktoeber 2022
9.30 – 13.00
Panel 2: Personalpolitik und Umgang mit personeller Belastung
Moderation: Johannes Hürter (München)
Neue Eliten – etabliertes Personal? (Dis-)Kontinuitäten deutscher Ministerien in Systemtransformationen
Sylvia Veit/Stefanie Vedder/Anika Manschwetus (Kassel)
Goebbels’, Görings, Rosenbergs und Rusts Bürokraten. Rekrutierungsprofile und Nachkriegswege
Frank Engehausen/Kathrin Hammerstein/Philipp Haase/Tobias Rieger (Heidelberg)
Moderation: Thomas Schaarschmidt (Potsdam)
Personalpolitik im Bundeskanzleramt
Gunnar Take (München)
Personalpolitik und Umgang mit personeller NS-Belastung im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
Mathias Beer (Tübingen)
14.15 – 17.45 Uhr
Panel 3: Demokratievorstellungen und Öffentlichkeit nach dem Nationalsozialismus
Moderation: Annette Vowinckel (Potsdam)
Das Bundeskanzleramt und die Demokratie
Nadine Freund (München/Braunschweig)
Pädagogik per Selbstermächtigung? Demokratievorstellungen in der frühen politischen Bildung
Tim Schanetzky/Jolin Diekmann/Max Kriszun/Felix Ludwig (Jena)
Moderation: Magnus Brechtken (München)
Bruchlose Wissensbestände und Praktiken staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland
Angela Schwarz/Heiner Stahl (Siegen)
Das Bundespresseamt und die NS-Vergangenheit
Jutta Braun (Potsdam)
18.15 – 19.45
Podium II: Der historiographische Ort der jüngeren Behördenforschung
Norbert Frei (Jena), Stefanie Middendorf (Jena), Ulrich Herbert (Freiburg i. Br.), Andreas Wirsching (München) und Martin Sabrow (Potsdam/Berlin)
Moderation: Jacqueline Boysen (Berlin)
Veranstaltungsort in Präsenz:
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin
Für eine Teilnahme in Präsenz melden Sie sich bitte über das Bundesarchiv (m [dot] ferlau [at] bundesarchiv [dot] de) bis zum 21. Oktober 2022 an.
In Anbetracht der Corona-Vorsichtsmaßnahmen steht nur ein begrenztes Platzkontingent zur Verfügung.
Es besteht auch die Möglichkeit, die Tagung im Stream zu verfolgen. Der Streaming-Link wird Ihnen nach der Anmeldung zugesandt.