Prof. Dr. Manfred Görtemaker (Universität Potsdam): Die "Rosenburg" - Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit
Gesprächsleitung: Prof. Dr. Frank Bösch (Direktor des ZZF Potsdam)
Die „Rosenburg“ in Kessenich bei Bonn war von 1949 bis 1973 erster Dienstsitz des Bundesministeriums der Justiz. Jetzt trägt ein Projekt ihren Namen, in dem die personellen und inhaltlichen Kontinuitäten zwischen der Justiz im „Dritten Reich“ und in den Anfangsjahren der Bundesrepublik untersucht werden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger setzte dafür im Januar 2012 eine Unabhängige Wissenschaftliche Kommission ein, die auf der Grundlage der bisher für die Forschung nicht zugänglichen Personalakten des Bundesjustizministeriums klären soll, wie das Ministerium selbst mit der Vergangenheit umging, welche NS-Belastungen es gab und ob bzw. inwieweit diese die Gesetzgebung und Rechtsprechung der Bundesrepublik in den 1950er und 1960er Jahren beeinflussten.
Die interdisziplinär zusammengesetzte Kommission wird von Prof. Dr. Manfred Görtemaker, Historiker an der Universität Potsdam, und Prof. Dr. Christoph Safferling, Rechtswissenschaftler an der Universität Marburg, geleitet. Eine erste Zwischenbilanz wurde bereits im Frühjahr 2013 mit dem Band „Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme“ gezogen. Der Abschlussbericht der Kommission soll 2016 vorliegen.
In seinem Vortrag gibt Prof. Dr. Manfred Görtemaker einen Überblick über die Tätigkeit der Kommission und stellt die bisherigen Erkenntnisse vor. Dabei geht es nicht nur um die Organisation der Forschungsarbeit, die sich in die Reihe ähnlicher „Aufarbeitungs“-Projekte anderer Bundesministerien einfügt, sondern auch um zentrale Aspekte der „Vergangenheitsbewältigung“ und „Vergangenheitspolitik“ in der Bundesrepublik. Dazu zählen die Einstellung von Personen in den Dienst des Bundesjustizministeriums, die als schwer belastet gelten mussten, die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Unrecht der NS-Justiz, die Strafverfolgung von NS-Tätern und die Bereinigung der Gesetze von nationalsozialistischer Ideologie. Auch Fragen der Amnestierung, Verjährung und Rehabilitierung, die gerade im juristischen Bereich von erheblicher Bedeutung waren, weil sie weit über das Bundesjustizministerium und dessen Geschäftsbereich hinauswirkten, werden in dem Vortrag angesprochen.
Prof. Dr. Manfred Görtemaker ist seit 1992 ordentlicher Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam. Forschungsschwerpunkte: Allgemeine deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, internationale Beziehungen, europäische Geschichte.
Zuletzt erschienen: Die Berliner Republik. Wiedervereinigung und Neuorientierung, Berlin 2009; Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme, Göttingen 2013 (hg. mit Christoph Safferling).
Bildungsforum Potsdam - Wissenschaftsetage, Raum Süring/Volmer
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Eintritt frei.