Seit Jahrzehnten kreist die Geschichtsforschung um die Frage, wie es der NS-Führung nach 1933 gelang, die politisch polarisierte und zum großen Teil auch kriegsmüde deutsche Gesellschaft in ein diktatorisches System zu integrieren, das darauf angelegt war, alle gesellschaftlichen Energien zu mobilisieren, um seine bellizistischen und rassistischen Utopien zu verwirklichen.
Der Ertrag von Interpretamenten, die unter den Stichworten "Volksgemeinschaft" und "Zustimmungsdiktatur" die Bedeutung materieller Verheißungen und symbolischer Praktiken bei der Regimeintegration akzentuieren, bleibt umstritten. Gleichzeitig sind mit der Beschreibung der deutschen Gesellschaft als "Mobilisierungsdiktatur", "organisierte Gesellschaft" und "participatory dictatorship" Ansätze in den Vordergrund der Diskussion gerückt, die eine dichotomische Gegenüberstellung von Herrschaft und Gesellschaft überwinden, das dynamische Verhältnis von Inklusion und Ausgrenzung in den Blickpunkt rücken und gleichzeitig die Relevanz von Gewalt und Repression wieder stärker akzentuieren.
In den Debatten der letzten Jahre ist ein gewisses Auseinanderdriften nationaler Diskussionsstränge zu beobachten. Während die Forschungen vieler deutschsprachiger Historikerinnen und Historiker dazu tendierten, integrative Aspekte der NS-Herrschaft zu betonen, mahnen britische Kolleginnen und Kollegen eine stärkere Berücksichtigung des Terrors und der repressiven Instrumente an. Gleichzeitig wird die Perspektive der NS-Forschung in den USA immer stärker durch die prosperierenden Holocaust Studies geprägt.
An diesen beiden Punkten setzt die Tagung an. Sie zielt darauf ab, neben aktuellen auch ältere – teilweise verschüttete – Forschungsansätze zu resümieren und auf ihrer Grundlage den Gedankenaustausch zwischen Historikerinnen und Historikern in den USA, Großbritannien und Deutschland zu intensivieren. Die Tagung ist als transatlantisches Expertengespräch konzipiert, bei dem die Diskussion im Mittelpunkt steht. Die Veranstalter erhoffen sich von diesem Tagungsformat, dass in der Diskussion wichtige Forschungsansätze auf den Prüfstand gestellt und neue Perspektiven eröffnet werden. Tagungssprachen sind Englisch und Deutsch.
Tagungsprogramm (PDF)
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Großer Seminarraum, Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam
Veranstalter:
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
University of Vermont
Die Veranstaltung wird gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung.
Kontakt und Anmeldung:
Priv.-Doz. Dr. Thomas Schaarschmidt
schaarschmidt [at] zzf-pdm [dot] de
Eine Teilnahme ist nach vorheriger Anmeldung an schaarschmidt [at] zzf-pdm [dot] de möglich. Da die Veranstaltung als Expertentagung konzipiert ist, stehen nur in begrenztem Rahmen Plätze für weitere Interessentinnen und Interessenten zur Verfügung.
Tagungsbericht