Spurensuche nach und mit Johannes R. Becher
Eine Künstler*innenmappe zum 100. Geburtstag von Johannes R. Becher. Ein spannendes Stück Zeitgeschichte.
1989 beauftragte der Kulturbund der DDR anlässlich des bevorstehenden 100. Geburtstages von Johannes R. Becher 18 Künstler*innen mit der Erstellung einer Künstlermappe. Johannes R. Becher (1891-1958) war als expressionistischer Dichter, erster Präsident des Kulturbundes und erster Kulturminister der DDR gleichermaßen berühmt wie umstritten. Entsprechend unterschiedlich fielen die künstlerischen Positionen aus. Viele werfen Schlaglichter auf die DDR-Gesellschaft am Ende der 1980er Jahre und auf die erinnerungskulturellen Leerstellen, die sich immer deutlicher zeigten.
Allerdings blieb die Mappe unveröffentlicht. Zwar hatten alle beteiligten Künstler*innen ihre Werke 1990 beim Kulturbund abgegeben, dieser löste sich jedoch im Mai desselben Jahres auf. Die Gesamtauflage der Mappe wird im Beeskower Kunstarchiv des Museums "Utopie und Alltag" aufbewahrt. 2019 wurden die insgesamt 30 Arbeiten erstmalig der Öffentlichkeit in einer Ausstellung gezeigt.
Von Dezember 2023 bis März 2024 waren im ZZF die Arbeiten der Fotograf*innen Kurt Buchwald, Konstanze Göbel und Ulrich Wüst aus der legendären Mappe zu sehen.
Fotobücher im ZZF
In der Bibliothek des ZZF ist vor allem Ulrich Wüst zudem mit einigen Fotobänden vertreten: „Später Sommer/Letzter Herbst“ (4° ZZF 27831), „Stadtbilder“ (4° ZZF 37223) und „The Present of Something Past“ (4° ZZF 38515). Wer mehr von ihm wissen will, dem oder der sei das instruktive Interview empfohlen, das Annette Schuhmann mit ihm geführt hat und das unter dem Titel „Ich will einfach fotografieren und die Dinge nicht verstellen“ auf unserem Portal Visual History erschienen ist.
Kurt Buchwald wiederum ist in unserem Bestand in einigen Fotobüchern vertreten, u. a. in: „Von Menschen und Mauern“ (ZZF 34569) und in „The Freedom Within Us: East German Photography 1980-89“ (ZZF 38541).
Von Konstanze Göbel gibt es nur sehr wenige Bücher, die in einem Leipziger Kleinverlag erschienen sind. Keines davon haben wir im Bestand.
Grafiken zu Johannes R. Becher
Die Mappe „Spurensuche“ war nicht die erste Ehrung Johannes R. Bechers in Form der künstlerischen Auseinandersetzung mit seiner Person und seinem Werk. Ausdrücklich zu seinem 90. Geburtstag erschien 1981 die Broschüre „Grafik und Plakatentwürfe von 25 Künstlern der DDR“ (ZZF 23323). Ein Jahr später kam eine Broschüre heraus, in der sich „67 Künstler zum Schaffen Johannes R. Bechers“ artikulieren sollten (ZZF 23333). In beiden Broschüren ist der griechische Künstler Fotis Zaprasis vertreten, der 1981 im Aufbau-Verlag 11 grafische „Variationen zu Liebesgedichten von Johannes R. Becher“ veröffentlicht hat (SB/L, BE65). Diese kleine Mappe befindet sich in der vom ZZF übernommenen Nachlassbibliothek von Simone Barck (1944-2007), die von 1992 bis zu ihrem Tod Mitarbeiterin des Instituts war.
Bücher von und über Johannes R. Becher
Simone Barck war Literaturwissenschaftlerin und Historikerin. 1976 promovierte sie zu Bechers „Publizistik in der Sowjetunion 1935–1945“, weshalb in unserer Bibliothek nun neben vielen Einzelausgaben auch die Werkausgabe aus dem Aufbau-Verlag zu finden ist. Dazu gesellt sich reichlich, zum Teil seltene, Sekundärliteratur (vgl. SB/L, Be1 bis SB/L, Be67), die sukzessive durch Neuerscheinungen ergänzt wird. Dazu gehören etwa die Arbeit von Kristin Eichhorn „Johannes R. Becher und die literarische Moderne“ von 2020 (ZZF 35796), die „politische Biographie“ von Alexander Behrens (ZZF 15509) oder die vielen biografischen Annäherungen von Jens-Fietje Dwars (z. B. ZZF 15496).
Viel Spaß und Erkenntnisgewinn beim Lesen, Stöbern und Bilder ansehen wünscht
das Bibliotheksteam
(12.12.2023)