Notenbanken, Geld und Politik seit den 1950er Jahren

Bildinfo

Art der Veranstaltung
Workshop
Datum
-
Ort
Potsdam

Datum: 24.-25. März 2022

Veranstalter/Organisation:
Ralf Ahrens (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, ZZF Potsdam)
Boris Gehlen (Universität Stuttgart)


Banken und Finanzmärkte sind in den letzten Jahren deutlich stärker in den Fokus der Wirtschafts- wie der Zeitgeschichtsschreibung gerückt. Dabei spielten sicher auch die Finanzmarkt- und Eurokrisen der 2000er und 2010er Jahre, die die dramatisch gewachsene gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Sektors und dessen hochgradige internationale Verflechtung vor Augen führten, eine gewisse Rolle. Entsprechend ist die in den Sozialwissenschaften seit rund zwei Jahrzehnten geführte Debatte über die Finanzialisierung von Wirtschaft und Gesellschaft seit den 1970er Jahren mittlerweile in der Geschichtswissenschaft angekommen, wo sich die Verarbeitung aber bislang in Forderungen nach historischen Tiefenbohrungen erschöpft. Jenseits solcher Gegenwartsbezüge haben Publikationen über die Jahrzehnte „nach dem Boom“ immer wieder auf die wachsende ökonomische und gesellschaftliche Bedeutung des Finanzsektors verwiesen, ohne dass sich dies bislang in der empirischen Forschung aus dieser Richtung niedergeschlagen hätte.

Die genuin banken- und währungshistorische Forschung der letzten Jahre hat sich mit der Geschichte des Europäischen Währungssystems und des Euros, dem Petro-Dollar-Recycling und dem Management von Staatsverschuldung sowie ersten Historisierungsversuchen der Finanzmarktkrise stark auf internationale Verflechtungen gerichtet. Die kürzlich vorgelegten wissenschaftlichen Festschriften der beiden noch existierenden privaten Großbanken knüpfen in unterschiedlichem Maße auch hier an und greifen bereits bis in die 2000er Jahre hinein auf internes Quellenmaterial zurück. Für die Zentralbankebene liegt neuerdings eine vergleichende Studie über die Politik der Bundesbank und der Banque de France in den 1970er Jahren vor, die erste archivfundierte Einblicke in die unterschiedlichen Reaktionen auf die Auflösung des Bretton-Woods-Regimes und die weltwirtschaftlichen Verwerfungen im Gefolge der ersten Ölpreiskrise bietet. Zudem werden derzeit in einem umfangreichen Projekt die Kontinuitäten zwischen Reichsbank und Bundesbank bis in die 1960er Jahre beleuchtet.

Vor diesem Hintergrund soll der Workshop laufende oder jüngst abgeschlossene Forschungen zusammenführen und künftige Perspektiven einer Zentralbankgeschichte erörtern, die vielleicht stärker als bisher mit anderen Forschungssträngen verzahnt werden könnte. Der Workshop soll über die regelmäßig angeführten Zäsuren hinweg nach wissenschaftlichen und biografischen Prägungen der Akteure ebenso fragen wie nach dem Spannungsverhältnis zwischen Zentralbankautonomie, Finanzmärkten und staatlicher Intervention.


PROGRAMM

Donnerstag, 24. März 2022

14:00 – 14:30   
Ralf Ahrens/Boris Gehlen: Begrüßung und Einführung

14:30 – 16:30   
Lange Linien: Zur Vorgeschichte der Nachkriegsjahrzehnte
Moderation: Stefanie Middendorf (Jena)
Maria Chiaruttini (Wien): A state within the state: What can we learn about monetary competition and central bank independence from nineteenth-century Italy?
Boris Gehlen (Stuttgart): Geschichte als Argument? Die 1920er und 1930er Jahre als Erfahrungsraum währungspolitischer Entscheidungsträger der Bank deutscher Länder
Rouven Janneck (München): Kontinuität und Wandel im währungspolitischen Denken in der Bank deutscher Länder

17:00 – 19:00   
Die Deutsche Bundesbank in Zeiten stabiler Wechselkurse
Moderation: André Steiner (Potsdam)
Stefan Grüner (München): Von der Reichsbank zur Bundesbank. Karl Blessing (1900-1971)
Daniel Wylegala (Düsseldorf): Karl Klasen als Präsident der LZB Hamburg (1948-1952) und als Bundesbankpräsident (1970-1977)
Christian Marx (München): Die Deutsche Bundesbank in der Globalsteuerung. Zur Diskussion über die Instrumente und die Unabhängigkeit der Zentralbank in der Ära Schiller (1966-1972)

 

Freitag, 25. März 2022

9:00 – 11:00     
Europäische Zentralbanken nach dem Ende von Bretton Woods
Moderation: Korinna Schönhärl (Paderborn)
Clemens Krauss (München): Bundesbank und Banque de France in den 1970er Jahren
Juliane Clegg (Potsdam): Zwischen Konkurrenz und Kooperation: Bank of England und Bundesbank in der europäischen Währungszusammenarbeit der 1980er Jahre
Ralf Ahrens (Potsdam): Die Geldmengensteuerung der Bundesbank in den 1980er Jahren

11:30 – 13:00   
Zentralbanken, Geschäftsbanken und die Internationalisierung des Bankgeschäfts
Moderation: Carsten Burhop (Bonn)
Matthias Kemmerer (Frankfurt a.M.): Notenbanken und Bankenregulierung bis Ende der 1980er Jahre
Friederike Sattler (Frankfurt a.M.): Strained Relations: Transatlantische Geschäfts- und Zentralbankenkooperation seit den 1970er Jahren

13:00 – 14:30   
Mittagsimbiss und Schlussdiskussion

Impulskommentar und Moderation: Clemens Jobst (Wien)

 

(Foto: "Euro"-Skulptur neben dem ehemaligen Hauptsitz der Europäischen Zentralbank. Frankfurt. Bildnachweis: LBM1948, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Veranstaltungsort

ZZF Potsdam

Kontakt und Anmeldung

Interessierte wenden sich bitte an:
Dr. Ralf Ahrens
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
E-Mail: ahrens [at] zzf-potsdam [dot] de