Der heimliche Leser in der DDR

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Art der Veranstaltung
Konferenz
Datum
-
Ort
Leipzig

Wissenschaftliche Konferenz über die Verbreitung und Kontrolle illegaler Literatur in der DDR

Der neugierige Bewohner des „Leselandes“ DDR las am liebsten, woran besonders schwer heranzukommen war. Von der Zensur und vom Zoll ausgegrenzte, mehr oder minder verbotene Bücher und Zeitschriften, die zumeist, aber keineswegs immer aus dem Westen kamen, wurden über die Grenze geschmuggelt, den Hütern der Giftschränke in den Bibliotheken abgeluchst und auf der Messe gestohlen. Man las „zwischen den Zeilen“, organisierte illegale Lesezirkel oder schrieb sogar ganze Bücher ab.
Eine Welt ohne Kopiergeräte, in der sogar die Schreibmaschinen von der Stasi überwacht wurden: Für die nachgeborenen Bewohner unserer Informationsgesellschaft ist es kaum noch vorstellbar, welche Energien freigesetzt und originelle Tricks ersonnen wurden, um die unsichtbare Mauer zu überwinden, die die staatliche Literaturpolitik errichtet hatte.
Die gemeinsam vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und der Buchwissenschaft der Leipziger Universität organisierte und von der Stiftung Aufarbeitung geförderte Konferenz stellt die „heimlichen Leser“ in der DDR in ihren Mittelpunkt. Wissenschaftler und Zeitzeugen verschiedener Generationen aus Ost und West, Büchermacher und Bücherschmuggler, Bibliothekare, Theologen und Untergrundpublizisten, der ehemalige Postkontrolleur und sein westdeutscher Antagonist vom RIAS, die Repräsentanten höchst unterschiedlicher Milieus kommen zusammen, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen.
Dabei geht es um die illegale „Verbringung“ und Lektüre höchst unterschiedlicher Bücher und Textarten: um Rudolf Bahros „Die Alternative“, um „Bravo“, „Kicker“ und Karl May, um George Orwells „1984“ genauso wie um den „Wachtturm“ der Zeugen Jehovas, um westliche Propagandaschriften, die von Heißluftballons abgeworfen wurden, und um erotische und Science FictionLiteratur.
Die Konferenz steht im Kontext eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojektes des ZZF, das den Umgang der heimlichen Leser mit dem Zensursystem der DDR und der Wirksamkeit der Zensur untersucht. Sie ist der kürzlich verstorbenen Literaturwissenschaftlerin Dr. sc. Simone Barck (ZZF Potsdam) gewidmet, die die Tagung zusammen mit Prof. Dr. Siegfried Lokatis (Universität Leipzig) vorbereitet hat.

Tagungsprogramm (PDF)

Veranstaltungsort

Haus des Buches, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig

Kontakt und Anmeldung

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Siegfried Lokatis
E-Mail: lokatis [at] uni-leipzig [dot] de
Tel.: +49 341 973 5721