Assoziiertes Forschungsprojekt
Ab den späten 1960er Jahren diagnotizierten Sozialwissenschaftler das Ende der modernen Industriegesellschaft. Infolge der technologisch angetriebenen Kommunikationsrevolution seien Informationsvermittlung und wissensbasierte Berufe zu den bestimmenden Strukturelementen der Gesellschaft geworden. Die „Kopfarbeit“ von Hochqualifizierten habe quantitativ die industrielle „Handarbeit“ gering ausgebildeter Arbeitnehmer*innen abgelöst. Im Windschatten des sozialwissenschaftlichen Diskurses entwickelten sich „Wissens- und Informationsgesellschaft“ zu neuen gesellschaftlichen Selbstbeschreibungskategorien, mit denen seit den 1980er Jahren Reformen in Bildung, Wirtschaft und Arbeitsmarktpolitik sowie zuletzt der Ausbau digitaler Infrastruktur vorangetrieben wurden. Die Kategorien dienten wahlweise als verheißungsvolle Zukunftsvision einer egalitäreren Gesellschaft oder als mahnender Appell, der unaufhaltsame Strukturwandel erfordere umfassende Anpassungsleistungen von Individuum, Staat und Gesellschaft, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Ein halbes Jahrhundert nach den ersten Thesen zum Strukturwandel geht dieses Projekt der Frage nach, wie wirkmächtig die Debatten über die Wissensgesellschaft für die Neukonfigurationen der Arbeit im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert waren. Wie veränderte sich das Verständnis von Arbeit? Wer sind die neuen Kopfarbeiter*innen und inwiefern unterscheiden sie sich vom älteren Typus der „Geistesarbeiter“? Welchen Wandel erfuhren Arbeitsorganisation und Arbeitskultur im Zeichen der Wissensgesellschaft und welche Rolle spielten dabei neue Medien und Kommunikationstechnologien? Wie lassen sich die neuen Wissensarbeiter*innen sozial verorten, und vor allem, wie verorten sie sich selbst? Mit Blick auf die jüngste Geschichte der Bundesrepublik ist dieses Projekt thematisch an der Schnittstelle von Wissens-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte angesiedelt.