04/2015: Günter Grass

Foto: 4. September 2006, auf dem Blauen Sofa im Berliner Ensemble, CC-BY-2.0

Bildinfo

Vor einer Woche starb Günter Grass, einer der wichtigsten und streitbarsten Intellektuellen der alten Bundesrepublik. Wir möchten Sie/Euch daher in unserem vierten Newsletter aus der Bibliothek auf einige der Bücher hinweisen, die von bzw. über Günter Grass bei uns zu finden sind. Denn Grass war eben nicht nur Schriftsteller (und Maler und Bildhauer), sondern auch ein politisch sich einmischender und immer wieder gesellschaftliche Debatten anstoßender Zeitgenosse, der weit mehr geschrieben hat als Romane und Gedichte. Aber lesen Sie/lest selbst!


Günter Grass: Unterwegs von Deutschland nach Deutschland. Tagebuch 1990
(ZZF 20668)
2009 veröffentlichte Günter Grass seine Tagebuchnotizen aus dem politisch turbulenten Jahr 1990. Als jemand, der im Bewusstsein des historischen Moments leidenschaftlich lebt und streitet, gibt Grass Einblicke in seinen Alltag als öffentlich wahrnehmbarer Intellektueller und streitbarer Bürger. Sein Tagebuch steckt voller Begegnungen, z.B. mit Richard von Weizsäcker, Lech Walesa, Václav Havel, Elie Wiesel, Nelson Mandela, György Konrád, Nadine Gordimer, Jimmy Carter und François Mitterrand. Ideen zu den „Unkenrufen“ und „Ein weites Feld“ werden skizziert und gedanklich ausprobiert. So wurde aus dem Tagebuch ein erzählerisches Protokoll aus einer Vieles bewegenden Zeit.

 

Günter Grass: Die Plebejer proben den Aufstand : ein deutsches Trauerspiel
(ZZF 16593)
Am 17. Juni 1953 gingen die Bauarbeiter der Berliner Stalinallee auf die Straße, um gegen Normerhöhungen zu demonstrieren. So begann eine „deutsche, also verregnete Arbeiterrevolution“ – ein spontaner Aufstand aus konkretem Anlass, der manchem Intellektuellen nicht durchdacht genug erschien. Dem „Chef“ zum Beispiel, der Hauptfigur dieses Dramas. Diese, ein an Bertolt Brecht erinnernder Regisseur, studiert gerade ein Lehrstück zur Revolution ein, als die Wirklichkeit in Form rebellierender Arbeiter in sein Theater eindringt und alle theoretischen Vorstellungen von der sozialistischen Erziehung des Menschengeschlechts auf eine harte Probe stellt.


Günter Grass: Mein Jahrhundert (ZZF 10503)
„Mein Jahrhundert“ ist ein Geschichtenbuch. Zu jedem Jahr des 20. Jahrhunderts wird, aus jedesmal wechselnder Perspektive, eine Geschichte erzählt – einhundert Erzählungen, die ein Porträt dieses „Zeitalters der Extreme“ (Hobsbawm) zeichnen. Die verschiedenen Menschen, denen Günter Grass eine Stimme leiht, sind Männer und Frauen aus allen Schichten, alte und junge, linke und rechte, konservative und fortschrittliche. Wie unterschiedlich sie alle auch sind, es verbindet sie, dass sie nicht zu den berühmten Akteuren der Zeitgeschichte gehören, sondern zu den ungenannten aus der Masse der Bevölkerung.


Günter Grass: Ein weites Feld (ZZF 4172)
Berlin 1989, Wendezeit. An der durchlässig gewordenen Mauer entlang gehen zwei alte Männer, groß und hager der eine, klein und gedrungen der andere. Ein ungleiches, ein komisches Paar: der Bürobote Theo Wuttke, genannt Fonty, und sein „Tagundnachtschatten“ Hoftaller, der ewige Spitzel. Beider Erinnerungen reichen über große Distanzen, beide leben Vorgängern nach, beiden ist Vergangenheit so nahe und gegenwärtig wie die sich überstürzenden Tagesereignisse…
Aus der Gegenüberstellung ungewöhnlicher Lebensläufe und politischer Verläufe entsteht ein Panorama deutscher Geschichte zwischen der Märzrevolution von 1848 und dem Ende der DDR. Übrigens: Wenn Fonty von sich und seinen KollegInnen als „Wir vom Archiv“ spricht, dann ist das Fontane Archiv in Potsdam gemeint….


Günter Grass/Regine Hildebrandt: Schaden begrenzen oder auf die Füße treten : ein Gespräch (ZZF 1144)
Der Autor Grass und die Politikerin Hildebrandt haben sich eingemischt. Sie wollten beide anderen verbal ‚auf die Füße treten‘. In dem vorliegenden Gespräch debattieren sie Fehler des Einigungsvertrages und deren Folgen und sehen die Demokratie in Gefahr. Ihre Argumente fordern zur Diskussion heraus. Damit ist dieser Dialog ein spannendes Dokument der politischen Kultur der Zeit.


Günter Grass: Deutscher Lastenausgleich. Wider das dumpfe Einheitsgebot. Reden und Gespräche (UB 2633)
Der Band versammelt Stellungnahmen zum Vereinigungsprozess bis zum Außerordentlichen Parteitag der SPD im Dezember 1989.


Günter Grass: Ein Schnäppchen namens DDR : letzte Reden vorm Glockengeläut
(UB 2632)
An den Band „Deutscher Lastenausgleich“ anschließend, bietet der Band gesammelte Reden eines als „vaterlandsloser Geselle“ verrufenen Intellektuellen aus dem Jahr 1990: von einer im Februar in der Evangelischen Akademie Tutzing gehaltenen Rede bis zu der im Oktober im Reichstag vor den Fraktionen der Grünen und Bündnis 90.

 

Heinrich Vormweg: Günter Grass : mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten
(ZZF 4566)
Heinrich Vormweg wurde auf Günter Grass zuerst 1955 aufmerksam. Fasziniert von der „Blechtrommel“, der Novelle „Katz und Maus“ und dem Roman „Hundejahre“, lernte er Günter Grass persönlich dann Anfang der 60er Jahre in West-Berlin kennen. Beide verbanden einige Gemeinsamkeiten: das Alter, die Zeit in der Hitlerjugend und als Luftwaffenhelfer sowie die Einberufung zur Wehrmacht in den letzten Tagen vor Kriegsende. Aus dieser Perspektive der kollegialen Zeitgenossenschaft wendet sich der Literaturkritiker Vormweg in seiner einführenden Monografie hauptsächlich dem literarischen Werk von Günter Grass zu.

 

Fritz J. Raddatz: Günter Grass – unerbittliche Freunde ; ein Kritiker, ein Autor
(ZZF 15540)
Wenige Wochen vor Grass starb Fritz J. Raddatz einen selbstgewählten Tod. Seit den 70er Jahren hat der Kritiker Raddatz den Autor Grass publizistisch begleitet, nicht als Elogenschreiber, sondern als jemand, der sich mit Grass’ Werken unerbittlich auseinandergesetzt hat. Als „unerbittlich“ hat Grass denn auch die allmählich entstandene Freundschaft zwischen sich und dem Kritiker bezeichnet. In den letzten Lebensjahren entfremdeten sich die Freunde wieder voneinander, aber noch 2003 hat Raddatz zum 75. Geburtstag des Literaturnobelpreisträgers eine Auswahl seiner innerhalb von 30 Jahren entstandenen Kritiken, Gespräche und Interpretationen zusammengestellt.


Edition Text + Kritik: Günter Grass (ZZF 6920)
Noch während seines Studiums gründete der 2011 verstorbene Literaturwissenschaftler Heinz Ludwig Arnold 1963 die Zeitschrift für Literatur „text + kritik“, deren erste Ausgabe dem Schriftsteller Günter Grass gewidmet war. Wir haben die 7. revidierte Auflage mit Aufsätzen u.a. von Lothar Baier, Hans Mayer und Jean-Pierre Lefebvre im Bestand.

 

(22.04.2015)