05/2015: Datenbanken

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Schließen Sie doch bitte für einen Moment die Augen und stellen sich die Biblio­thek voll­gestopft mit Papier vor. Nein, nicht nur in Form wohl sortier­ter Buch­reihen, sondern unendlicher Papier­stapel, die sich in den Gängen und auf den Fenster­brettern ausbreiten. Tische und Stühle sind nicht mehr wahrnehmbar. Kein Durchkommen, kein Licht und erst recht keine Orien­tierung. Nur eine Masse an Papier, das keinen Platz findet. So ungefähr sähe die Biblio­thek aus, würden wir alles in gedruckter Form anhäufen, was wir Ihnen an gesammelten Infor­mationen anbieten können. Warum die Biblio­thek trotzdem so auf­geräumt aussieht? Weil wir seit Jahren Daten­banken und Zeitschriften­archive lizenzieren, die für Sie nur ein paar Klicks entfernt sind. Öffnen Sie also wieder Ihre Augen, denn die brauchen Sie für unseren kleinen Rund­gang durch die unendlichen Weiten von DBIS, dem Daten­bank-Infosystem.

1. Tageszeitungen
Täglich können acht Tages­zeitungen druck­frisch bei uns in der Bibliothek gelesen werden. Für die Rekonstruktion zeithistorischer Ereignisse wiederum eignen sich Zeitungsarchive ganz besonders. Vom ZZF wissenschaftlich begleitet wurde das Neue Deutsch­land digitalisiert und ist über die Home­page der Stabi faksimiliert einseh- und durchsuchbar. In ähnlicher Weise, allerdings nur in den Räumen des ZZF, können die Aus­gaben der FAZ von 1949 an eingesehen werden. Doch damit nicht genug: Auch das Archiv der Izvestija , der auflage­stärksten sowjetischen Tages­zeitung, kann für den Zeit­raum von 1917 bis 2001 im ZZF durch­gesehen werden, ebenso steht über National­lizenz das Archiv der ebenfalls russischsprachigen Pravda , des Organs der Kommunistischen Partei, für die Jahre 1912 bis 2009 zur Verfügung.

2. Zeitungsmeldungen
Bevor Ereignisse in Zeitungen kommentiert werden können, müssen sie erst einmal gemeldet werden. Noch vor der dpa wurde 1946 die Austria Presse Agentur als Genossen­schaft der öster­reichischen Zeitungen gegründet. Im Gründungs­statut heißt es, sie solle einen „unabhängigen Nachrichtendienst für die öster­reichischen Zeitungen, gleichgültig welcher politischen oder weltanschaulichen Tendenz“ gewährleisten. Die Daten­bank fasst rund drei Millionen Meldungen der aus zeit­historischer Perspektive so interessanten Jahre 1955 bis 1985 zusammen. Jede APA-Meldung besteht aus dem Volltext und einem Faksimile der Original­meldung als PDF-Datei. Als zusätzlicher Service können Dossiers zu 52 Themen aufgerufen werden.

3. Zeitschriften
Wie oben beschrieben, leiden Biblio­theken generell darunter, viel zu wenig Platz zu haben. Der Anspruch, möglichst viele wissenschaftliche Zeit­schriften möglichst vollständig verfügbar zu halten, kollidiert regel­mäßig mit der Anzahl der Regalmeter. Auch wollen Bibliotheken noch so viel mehr sein als Lagerhallen für Papier. Ein Anfang wurde an der Harvard University mit dem Periodicals Index Online gemacht. Dieser historische Zeitschriften-Index ermöglicht die bibliographische Recherche in rund 4.800 Zeitschriften aus den Geistes- und Sozialwissenschaften für den Zeitraum von 1739 bis 2000. Daraus hervorgegangen ist das Periodicals Archive Online, das ca. 500 elektronische Zeitschriften mit etwa 2 Millionen Artikeln aus den Jahren 1802 bis 2000 in den Fachgebieten der Kultur, Geistes- und Sozialwissenschaften im Volltext anbietet. An der University of Michigan wiederum entstand das Langzeitarchivierungsprojekt JSTOR, das heute eines der größten und effektivsten digitalen Angebote für die Wissenschaft darstellt. Es bietet Zugang zu vorwiegend anglo-amerikanischen elektronischen Zeitschriften im Volltext von ihrem ersten Jahrgang an bis zu einer so genannten „moving wall“ (je nach Titel 2-5 Jahre vor dem aktuellen Jahrgang). Die Lizenz des ZZF umfasst den Zugang zu den Volltexten der Arts and Sciences I – VII Collection (insgesamt über 900 Titel) und des Public Health Reports. Für den deutschsprachigen Raum hat das Projekt DigiZeitschriften, für den französischsprachigen das Onlineportal Persée dieses innovative Konzept übernommen.

4. Doktorarbeiten
Zunehmend werden in der Bundesrepublik Doktorarbeiten nicht mehr in Verlagen, sondern auf den Publikationsserver der Universitäten veröffentlicht, wo sie entstanden sind. Einerseits sind sie dadurch barrierefrei lesbar, andererseits gehen sie damit aber auch in den unendlichen Weiten des Internets unter. DART-Europe bietet einen fächerübergreifenden weltweiten Zugang zu europäischen Dissertationen und eignet sich deshalb nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als (digitale) Bibliothek. Im angelsächsischen Raum ist es eher unüblich, dass Dissertationen publiziert werden. Möchten Sie sich dennoch darüber informieren, worüber promoviert wurde, bietet sich die Datenbank Dissertation Express an. Sie weist US-amerikanische seit 1861 sowie kanadische Dissertationen nach. Zusätzlich werden britische Dissertationen ab Januar 1988 dokumentiert. Ebenfalls digitalisiert und damit frei zugänglich ist die von der Association of Research Libraries herausgegebene Bibliografie der Doctoral Dissertations Accepted by American Universities, die ca. 1 Millionen US-amerikanische Dissertationen von 1933 bis 1955 verzeichnet.

5. Fotoarchive
Die Bedeutung von Bildarchiven für die Zeitgeschichte dürfte, nicht zuletzt dank der wissenschaftlichen Arbeit des ZZF, inzwischen allgemein anerkannt sein. Neben kommerziellen Agenturen, wie z.B. dem Bildarchiv des Ullsteinverlags verwalten einige große Bibliotheken imposante Bildarchive. So bewahrt die Bayerische Staatsbibliothek neben einer Porträt- und Ansichtensammlung, den Fotoarchiven Heinrich Hoffmann, Gerhard E. Habermann, Bernhard Johannes und Felicitas Timpe noch kleinere, in sich abgeschlossene Bestände. Die Fotoarchive Heinrich Hoffmann und Bernhard Johannes sind bereits vollständig katalogisiert und digitalisiert. Die anderen Teilbestände werden folgen. Die Deutsche Fotothek wiederum wird von der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) verwaltet. Von den über 3,6 Mio. archivierten Bilddokumenten sind rund 1,5 Mio. Aufnahmen online und frei zugänglich recherchierbar. Zu den dort archivierten Fotografen gehören u.a. Roger Melis und Christian Borchert, der z.Z. bei unseren Nachbarn im Einstein Forum ausstellt.

6. Das nationale Geheimdienstarchiv der USA
„Selbst der BND weiß nicht, was NSA-Selektoren suchen“, titelte kürzlich die „Zeit“. Einen ungefähren historischen, wenn auch wohl kaum vollständigen Überblick, bietet retrospektiv das Digital National Security Archive, das die umfangreichste Sammlung wesentlicher Primärdokumente zur US-Außen- und Militärpolitik seit 1945 ist. Die Datenbank enthält über 50.000 Dokumente, zu finden sind sowohl Direktiven des Präsidenten, Memos, diplomatische Depeschen als auch Sitzungsnotizen, unabhängige Berichte, Briefings, Mitteilungen aus dem Weißen Haus, E-Mails, vertrauliche Briefe u.ä. Zu jeder Teilsammlung ist ein erklärender Referenzteil mit Einführung, Chronologie, Glossar und Bibliographie enthalten, der hilft, das Material auch in kontextuelle Zusammenhänge zu bringen. 


Na? – noch mehr Lust auf das Stöbern in den Datenbankbergen bekommen? Dann schauen Sie sich doch selbstständig noch weiter in DBIS um. Dieses Datenbank-Infosystem versammelt weit mehr als 10.000 Einträge. Knapp die Hälfte davon ist frei über das Internet verfügbar. Sollten Sie verloren gehen oder die Orientierung vermissen, wir helfen gerne weiter! Ihr/Euer Bibliotheksteam.

(27.05.2015)