17/2023: Musikzeitschriften

Foto: Feinmotoriker, NMI-Titelsammlung, CC BY-SA 4.0

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Die Konferenz „Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 1989/90” wurde am 15.11.2023 mit der Buch­präsen­tation von „No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit“ von Jens Balzer eröffnet. Das Buch haben wir selbst­verständlich bereits im Bestand (ZZF 39323), wollen aber die Kon­ferenz zum Anlass nehmen, um auf einen sehr be­sonderen Zeit­schriften­bestand hinzuweisen, den wir in den letzten zwei Jahren aufnehmen konnten. Die Zeit­schriften schauen aus einem sehr eigenen Blickwinkel auf die 90er Jahre, nämlich aus dem des 2021 ver­storbenen Musik­journalisten Matthias Hopke, der mit seiner wöchent­lichen Radio­show „Tendenz Hard bis Heavy“ beim Jugend­sender DT 64 eine wichtige Größe für die Heavy-Metal-Szene der DDR war. Nach dem Ende seiner Radio­karriere orien­tierte sich Matthias Hopke um: auf die 20er Jahre. Als DJ Grammophon legte er jahrelang Schellack­platten auf. Unsere ehemalige Praktikan­tin Fiona Caspary wühlte sich durch das Internet, um noch in den obskursten Ecken Informa­tionen zu den zum Teil kleinen Fan­zines aufzustöbern, die noch nicht einmal die „Zeitschriften­datenbank“ (ZDB) kannte. Das Bibliotheks­team wünscht viel Spaß beim Stöbern, Lesen, alte Platten auflegen – und bei der Konferenz!

Z 716 Heavy-Metal-Lexikon (im ZZF-Bestand: 1.1993 [Neuaufl.] – 5.1996)
In fünf Bänden sichert sich das von Matthias Herr im Alleingang geschriebene und zwischen 1983 und 1996 heraus­gebrachte „Heavy-Metal-Lexikon“ einen beson­deren Platz in den Herzen und Bücher­regalen seiner Leser. Herr war es leid, dass Heavy Metal in her­kömm­lichen Lexika zu Rock und Hard Rock nur als Rand­erscheinung behandelt wurde. Sein Lexikon gilt als wichtiges Nach­schlage­werk bekannter und un­bekannter Bands der Szene, zumal es in einer Zeit erschien, in der das Inter­net noch nicht als Ressource dienen konnte. Der Autor lernte die Bands über­wiegend auf Konzer­ten noch selbst kennen. Als Fan, der ein Magazin für Fans schrieb, blieb Matthias Herr seinen Lesern be­son­ders durch seinen sub­jektiven Stil in Erinnerung, der von den einen ge­liebt, von den anderen gehasst wurde. Nach dem Lexikon schrieb Matthias Herr noch die „Black Metal Bible“ (1998). Seit­her überlässt er anderen die Kommentie­rung der Metal-Szene. 

Z 737 Debüt: Zeitschrift mit LP (im ZZF-Bestand: 1983 – 1984)
Die Redaktion der „Debüt“ hatte eine völlig neue Idee: Eine monatlich erscheinende Musik­zeitschrift mit beiliegender Langspielplatte. Dieses Konzept, das sich später in den CD-Beilagen der meisten gängigen Musik­magazinen wiederfinden lässt, war damals, wie der Name schon sagt, ein Debüt. Das Heft selbst hatte ganze 62 Seiten, die in Inter­views, Repor­tagen und News der Platte den Kontext gaben. Leider scheint die Debüt Verlags- und Produktions­gesell­schaft ihrer Zeit etwas voraus gewesen zu sein. Zwischen 1983 und 1984 erschienen nur zehn Hefte, dann wurde die Zeit­schrift eingestellt. Aber auch der inter­nationale Markt war noch nicht bereit für das Konzept, denn auch die englische Aus­gabe war nicht erfolg­reich. Sie erschien von 1984 bis 1985. Die deutsch­sprachige Ausgabe der Zeit­schrift kann in der Vitrine im Unter­geschoss der Bibliothek bewundert werden. 

Z 738 Gaffa: Musik, Film, Buch & Z 753 Cab-nightflight (im ZZF-Bestand: 1998 – 2000)
Die „Gaffa“ war ein Werbe- und Veran­staltungs­heft, das von 1996 bis 2001 erschien und gratis in Clubs und Platten­läden auslag. Heraus­geber war u. a. Christian Hentschel. Im Jahr 2000 initiierte „Gaffa“ den Doppel-CD-Sampler „Generation East. Musik aus Neufünfland“, auf dem 39 Titel von Künstler*innen aus dem Osten Deutschlands erschienen, darunter neue wie alt­bekannte. Etwas Kritik erhielt der Sampler jedoch, weil einige der Musiker*innen unter Ver­trag der verlags­eigenen Produktions­firma waren, was der Platte den Ruch einer Werbe­aktion einbrachte. 2001 wurde „Gaffa“ an Hopf & Schmitz verkauft. Von 2001 bis 2003 erschien sie dort unter dem Namen „Cab-nightflight“. Christian Hentschel, der heute das „Schall. Musik­magazin“ heraus­gibt, blieb bis zum Schluss Chef­redakteur und sorgte 2004 für die Wieder­belebung des beliebten DDR-Musik­magazins „Melodie & Rhythmus“.

Z 739 Melodie & Rhythmus (im ZZF-Bestand: lücken­haft 1958 – 1991)
Die „Melodie & Rhythmus“ war die (Pop-)Musik­zeit­schrift in der DDR: Sie er­scheint seit 1957. Zu Beginn befolgte die Zeit­schrift die kultur­politischen Vor­gaben der SED und fokus­sierte auf Musik aus der DDR. Später locker­te sich die inhalt­liche Aus­richtung und es wurden auch Beiträge über Musiker*innen aus dem west­lichen Aus­land gedruckt. Zu seiner Hoch­zeit hatte die Zeit­schrift eine Auf­lage von 300.000 Stück; ge­lesen aber dürften sie weit mehr Menschen haben. Nach der Wende erschien die „Melodie & Rhythmus“ bis 1991 im Henschel Ver­lag. 2004 wurde sie durch Christian Hentschel, Andreas Fack und Tino Eisbrenner wieder gegründet und erschien bis zum Juli 2022 im Verlag 8. Mai, in dem auch die Tages­zeitung „junge Welt“ erscheint. 

Z 741 Ablaze: Metallic Voice of the Underground (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1994 – 2001)
Dieses Magazin ist so klein und obskur, dass nicht einmal die „Zeit­schriften­daten­bank“ (ZDB) sie kannte – bis wir sie darauf hin­ge­wiesen haben. Gegründet wurde die „Ablaze“ von Marc Spermeth, der sie von 1994 bis 2003 heraus­brach­te und vor allem Bands aus dem Black- und Death-Metal-Bereich vor­stellte. Damit war die „Ablaze“ eines der ersten Extreme-Metal-Magazine, die im Zeit­schriften­handel und an Kiosken er­hält­lich waren. Gerade deshalb gab es jedoch Widerstand aus Teilen der Szene, die diesen Versuch, den Under­ground der Öffent­lich­keit zu­gäng­lich zu machen, als Ver­rat an bzw. Ver­kauf der Szene ansahen. Vor allem im rechts­extremen Teil des Under­grounds ver­misch­ten sich diese Vor­würfe mit anti­semi­tischen Stereo­typen Spermeth gegen­über. Die seit 2007 bestehende Zeit­schrift gleichen Namens, die von dem be­kann­ten Neo-Nazi Hendrik Möbus heraus­ge­geben wird, kann also weder formal noch ideolo­gisch als Nach­folger der ori­ginalen „Ablaze“ ver­standen werden. 

Z 742 Down.Under: Magazin der Unkultur im Niemands­land (im ZZF-Bestand: 2004 – 2005)
Der nächste Fund aus dem blinden Winkel der ZDB: Dieses von 2002 bis 2013 erschie­nene Maga­zin war ein gemein­sames Projekt von Live­musik-Veranstaltern aus dem Osten Sachsens. „Down.Under“ wurde von dem Jugend­haus Neukirch heraus­ge­ge­ben und kosten­los in Clubs, Bars, Szene­läden und Schulen ausgelegt. Das Maga­zin soll­te für die lokale Szene in Ost­sachsen eine Platt­form sein, laut eigenen Worten „für die sub­versiven Gefilde, für die musi­kalischen Sub­kulturen, deren Bands, Klubs und Ver­anstaltungs­orte.“

Z 744 Schlagzeug: das Jazz-Magazin (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1958 – 1960)
Dieses zunächst un­scheinbar wirkende Magazin ent­puppte sich als eines der spannend­sten un­serer neuen Sammlung. Die „Schlagzeug“ erschien von 1958 bis 1960 im Äquator Ver­lag unter dem Verlags­leiter Karl-Heinz Marbach und spiegelt formal wie auch inhalt­lich west­liche Jazz­zeitschrif­ten wider. Die Zeit­schrift konnte in Schall­platten­geschäf­ten, am Kiosk und bei Jazz-Konzerten gekauft werden. Die meisten Exemplare wurden aller­dings an jazz­interessierte Menschen in die DDR verschickt, was nicht über­all auf Wohl­wollen stieß. So stellte der Staats­sicher­heits­chef der Tschechoslowakei fest, dass „der West-Berliner ‚Äquator-Verlag‘ eine systema­tische ideolo­gische Wühl­tätigkeit gegen die volks­demokra­tischen Länder und die Sowjet­union“ betrieb. Kriti­siert wurde unter anderem die Aktion Jazz­brücke, zu der das Magazin 1960 aufrief. In deren Rahmen wurden gebrauchte Schall­platten gesammelt und an Adressen in der DDR, in Polen, Ungarn, Rumänien und der Tschecho­slowakei geschickt. Für „Schlagzeug“ schrie­ben unter anderem Horst Lange, Werner Burkhardt, Heinz Lukasz, Joachim Ernst Berendt und Siegfried Schmidt-Joos. Letzterer ent­deckte in der Recherche für eines seiner Bücher, dass die Beschuldi­gungen der Geheim­dienste nicht unbegründet waren: Verlags­leiter Marbach war von der Central Intelligence Agency (CIA) der Vereinig­ten Staaten dazu an­ge­heuert worden, die west­liche Lebens­weise anhand Amerikas populär­stem Export­artikel, dem Jazz, zu propa­gieren. Angeb­lich erhielt die Zeit­schrift pro Quartal 50.000 DM von der CIA. Ausführ­lichere Infor­ma­tionen zu dieser spannenden Geschich­te sind in Schmidt-Joos´ Buch „Die Stasi swingt nicht“ zu finden (ZZF 28709). 

Z 745 Melodie: Illustrierte Zeit­schrift für Musik-, Film-, Theater-Freunde Magazin (im ZZF-Bestand: 1947)
Etwas seich­ter wird es wieder mit der Zeit­schrift „Melodie“, die von 1946 bis 1949 mit Erlaubnis der französischen Militär­regierung monat­lich erschien. Auf dem Post­weg war sie jedoch in allen Besatzungs­zonen bestellbar. Die „Melodie“ gehörte zu einer Reihe von Nach­kriegs­zeitungen, die sich mit Kultur be­schäftig­ten, nicht nur mit Musik, sondern auch mit Film, Theater Kunst, Architektur und Denkmalpflege. Der Herausgeber Gerhard Froboess ist allerdings mehr für eine andere Melodie bekannt, nämlich für die Komposition des Schlagers „Pack die Badehose ein“, der gesungen von seiner achtjährigen Tochter Cornelia ein Hit wurde. 

Z 746 Jazz-podium (im ZZF-Bestand: 1996 – 1999)
Die selbst­bekennen­de Traditions­zeit­schrift „Jazz-podium“ existiert seit 1952 und er­scheint noch heute. Gegrün­det wurde die Zeit­schrift von Dieter Zimmerle in Wien. Sie wid­mete sich unter dem Namen „Podium“ zunächst der Kino­kultur. Da Zimmerle damals jedoch schon der Präsident der „deut­schen Jazz Föderation,“ be­stehend aus 23 Jazz­kreisen, sowie Leiter des Jazz­hauses „Der Schlüssel“ war, stell­te ein inhalt­licher Um­schwung auf den Jazz kaum eine Über­raschung dar. Geld machte Zimmerle mit der Zeit­schrift keins, im Gegen­teil zahlte er bei jeder Auf­lage dazu. Auch heute ar­beiten sämt­liche Text- und Bild­autoren ohne Honorar. Nur der Verlags­ort hat sich ge­ändert, statt in Wien wird das Jazz Podium heute in Bernried am Starn­berger See verlegt.

Z 747 Rolling Stone (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1994 – 2009)
Die deutsche Aus­gabe des 1967 in San Francisco gegründeten Originals existiert auf dem Papier schon seit 1981. Aller­dings hatte der deutsche „Rolling Stone“ mit Klaus Böhler als Heraus­geber zunächst wenig Erfolg, erst mit der Neu­auf­lage 1994 konnte das Magazin in Deutsch­land an Popularität gewinnen. Die „Rolling Stone“ erschien zunächst im extra dafür ge­gründe­ten DRS-Ver­lag, seit 2002 liegen die Rechte jedoch beim Springer Ver­lag in Berlin. Die „Rolling Stone“ ist nicht bloß eine Musik­zeit­schrift, sondern druckt auch Bei­träge zu Themen aus Politik, Kunst, Film und Literatur. 

Z 748 Orange Agenten (im ZZF-Bestand: 3 Hefte aus den Jahren 1996 und 1999)
Von extrem bekannt zu extrem obskur: Auch von den „Orangen Agenten“ hatte die ZDB noch nichts gehört. Das Ost­berliner Fan­zine fällt ins­beson­dere durch den schwarz-orangen Print und das un­übliche A3 Format auf. Heraus­gegeben wurden die Hefte von den ehe­maligen Mit­gliedern der Wohn­gemein­schaft und Künstler­gruppe „Tschika Chybulski“ Matt Legde, Punkmusiker Frank „Tschaka“ Schackert und dem Under­ground­literatur-Ver­leger André Henze von 1996 bis 2001. Die Redaktion sorgte für viel Spaß und Ver­wirrung durch die schräge Heft­nummerierung (3.1, 2x45 Minuten, 0,8%) und den ständigen Wechsel des Unter­titels („Zeit­schrift für Jugend­kultur und Randale“, „Zeit­schrift für Passiv­sportler & Ketten­raucher“, „Zeit­schrift für niedere Reproduktions­arbeiten“). Eine Besonder­heit der Zeit­schrift war, dass die Inter­views mit Künstler*innen – anders als üblich – häufig ungekürzt ab­gedruckt wur­den. 

Z 749 Iron Curtain (im ZZF-Bestand: 11 Hefte aus den Jahren 1993)
Der „Iron Curtain“ macht auf den ersten Blick einen seriösen Ein­druck, ist aber nahezu un­bekannt. Der Heraus­geber Jens Molle moderier­te Ende der 1980er aus­ge­rechnet ge­meinsam mit Hopke die Sendung „Tendenz Hard bis Heavy“ auf dem Jugend­radio­sender DT64. Zu den Autoren der „Iron Curtain“ ge­hörte unter anderem Radio­sprecher Peter „Pluto“ Neuber, der später für seine Rolle als Mike Lehmann beim Radio­sender Fritz berühmt wurde. Inhalt­lich widmet sich die Zeit­schrift dem Death-, Thrash-, Grind-, und Doom-Metal, fiel aber leider auch durch Ver­schwörungs­theorien auf, wie z. B. die, dass „AIDS / HIV aus amerikanischen-Schwulen-Gefäng­nissen als Geheim­waffe des CIA nach Europa importiert“ worden sei. Das Magazin wurde im Jahr seines Erst­erscheinens 1993 auch gleich wieder eingestellt. 

Z 750 Metal Hammer (im ZZF-Bestand: lücken­haft 1990 – 2001 sowie 2 Hefte von 2008)
Der von Dietmar Wagner und Jürgen Wigginghaus ge­gründete „Metal Hammer“ startete 1983 als Kiosk-Magazin. Zunächst er­schien parallel dazu ein eng­lisches Magazin gleichen Namens, ge­gründet von Wilfried F. Rimensberger. Die Redak­tionen ent­schlossen sich aber schnell, zusammen zu ar­beiten. Die Präsen­tation inter­nationaler Festivals wie „Monsters of Rock“ und Koopera­tionen mit ZDF und BBC verhalfen „Metal Hammer“ bald zu weltweiter Bekannt­heit. Ab der Mitte der 90er driftete die Zeit­schrift immer mehr in Richtung Main­stream ab, das Word Metal wurde im Titel immer kleiner ge­druckt. Dies ent­fremdete einige der ur­sprüng­lichen Fans und führte zum Streit zwischen Jürgen Wigginghaus und dem Verlag MVG, der die Zeit­schrift schließlich an den Springer Ver­lag ver­kaufte. Unter einer neuen Chef­redaktion kehrte die Zeit­schrift in den 2000er Jahren zu ihren Metal-Wurzeln zurück.

Z 751 Musik-Express (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1990 – 2003 sowie 2 Hefte von 2008/09)
Der „Musik-Express“ ist eine der ältesten noch laufen­den deut­schen Musik­zeit­schrif­ten; seit 1969 erscheint sie monat­lich, heute beim Springer Ver­lag. Dem voraus ging 1956 die Gründung des holländischen „Muziek Expres“, der als Werbe­mittel für Ver­anstal­tungen konzi­piert war. Erste große Auf­merk­samkeit erhielt die Zeit­schrift durch den Ab­druck des Pro­gramms des illegalen Radio­senders „Veronica“. Die Redak­tion zog 1973 nach Hamburg, direkt vor die Tür der Konkurrenz­zeit­schrift „Sounds.“ Beide wur­den 1982 von der Marquard Media Gruppe gekauft und er­schienen von da an als ein Magazin unter dem Namen „Musik­express/Sounds.“ Der traditio­nelle Musik­journalismus des „Musik-Expresses“ konn­te sich hier gegen die progressiven Formate der „Sounds“ durch­setzen. Als der Springer Ver­lag die Zeit­schrift 2000 kaufte, wurde der Unter­titel Sounds wieder ab­gelegt.

Z 752 NM!-Messitsch (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1990 – 1993)
Das 1991-1994 er­schienene Blatt stellte den Zusammen­schluss des 1987 ge­gründeten Leipziger Fan­zine „Messitsch : Comics & Sex & Rock'n'Roll“ mit der seit Februar 1990 existierenden (Ost-)Berliner Zeit­schrift „Neue Musik-Information“ dar. Beide ver­standen sich dezidiert als Musik­zeitschriften, die ihren Fokus auf Under­ground­musik aus der DDR legten. Kritisch-liebe­voll wurde die Ent­wicklung dieser Sub­kultur nach der Wende kommen­tierend be­gleitet und aber auch die inter­nationale Avantgarde- und Independent-Szene be­gutachtet, die nun frei zugäng­lich war. Bei­nahe alle Autor*innen stamm­ten aus der DDR, was dem Blatt neben etablier­ten Punk-Zines wie „ZAP“ und „Trust“ ein Allein­stellungs­merkmal gab.  

Z 755 The Flying Revolverblatt (im ZZF-Bestand: das Heft 5 von 1994)
Ein weiterer, bis dato nicht erschlosse­ner Titel: „The Flying Revolverblatt“ war ein Dresdener Fan­zine, das durch den Rock-Struktur­fond des Frei­staates Sachsen gefördert wurde. 27 Aus­gaben er­schienen zwischen 1993 und 2006. 

Z 756 Wahrschauer (im ZZF-Bestand: 1995 – 1996)
Die „Wahrschauer“ ist eines der lang­jährigsten un­ab­hängigen Musik­zeit­schriften in Deutsch­land, sie erschien von 1988 bis 2009 als Print­aus­gabe, zunächst im Ver­lag Troll, später im extra ge­gründeten Wahrschauer Ver­lag. Die Zeit­schrift info­rmiert über die alter­native Musik­szene, erschien später auch mit CD-Beilage. Heute gibt es den Wahrschauer noch immer – wenn auch als online Aus­gabe ohne festes Publikations­schema. 

Z 757 Maul mit Biss (im ZZF-Bestand: 2 Hefte von 1996/97)
Auch diese Zeit­schrift war der ZDB bislang unbekannt: Heraus­ge­geben wurde das Berliner satirische Fan­zine von der Band „Die Untoten“ durch das Kunst­büro Sonic Malade. Die haus­gemachte Zeit­schrift aus der Haus­besetzer­szene wollte musika­lisches und meinungs­bildendes Sprach­rohr sowie Spiegel der auto­nomen Szene sein. Die „Maul mit Biss“ erschien zwar nur für 21 Aus­gaben, er­reichte aber doch eine Auf­lage von 3.000. 

Z 759 Rock Hard (im ZZF-Bestand: lückenhaft 1990 – 2002 sowie 2 Hefte von 2008 und 2019)
Die „Rock Hard“ hat im Vergleich zu ähnlich erfolg­reichen Zeit­schrif­ten eine Art Aschen­puttel-Story hinter sich: Es begann 1983 als Under­ground-Fanzine, dem nieder­ländischen Vor­bild „Aardschok“ nachempfunden. In den Klein­anzeigen der deutschen Über­setzung gerade dieses Magazins lernen sich die Gründer der „Rock Hard“ kennen. Die ersten drei Aus­gaben wurden nicht gedruckt, sondern in einer Auf­lage von 110 Heften foto­kopiert. Schon vier Jahre später erschien die Weih­nachts­ausgabe der „Rock Hard“ in einer Auflage von 10.000 Heften. In­zwischen ist es unter dem gleichen Namen Ab­leger der „Rock Hard“ in Brasilien, Fran­kreich, Griechen­land, Italien und Spanien.

(15.11.2023)