Wie findet und formuliert man eine gute historische Frage?

Diskussion
Datum: 28.11.2022
Ort: Online

Eingangsstatements von:
Ute Frevert (Berlin), David Kuchenbuch (Gießen), Tim Neu (Wien)

Moderation: Rüdiger Graf (Potsdam)

Zeit: 17.15 bis 18.45 Uhr

In der fünften Veranstaltung der Reihe „Geschichtliche Grundfragen“ soll diskutiert werden, wie eine gute historische Frage gefunden und bzw. formuliert werden kann. Was unterscheidet historische Fragen von anderen Fragen? Gibt es Kriterien, gute von schlechten historischen Fragen zu unterscheiden? Gibt es besondere Techniken, welche die Formulierung instruktiver historischer Fragen erleichtern? Ist die historische Frage wirklich der Ausgangspunkt des Forschens, oder entsteht sie an anderen Stellen im Forschungsprozess? Welche heuristischen, epistemologischen und darstellerischen Funktionen hat die Fragestellung eigentlich?

 „Der Ausgangspunkt des Forschens ist die historische Frage“, formulierte Johann Gustav Droysen in seinem Grundriss der Historik. Wohl kaum ein Satz aus der theoretischen Reflexion historischer Praxis im 19. Jahrhundert dürfte noch heute so allgemeine Zustimmung unter Historiker*innen finden wie dieser. In Einführungsseminaren und Tutorien erklären wir den Studierenden, dass sie eine historische Frage formulieren müssen, um sich nicht in der unermesslichen Fülle und Vielfalt der Quellen zu verlieren. Die Qualität von Abschlussarbeiten bewerten wir unter anderem danach, ob sie eine klare historische Frage in Auseinandersetzung mit Quellen und Forschungsliteratur überzeugend beantworten. Erfahrungsgemäß bereitet jedoch gerade die Formulierung der Fragestellung Studierenden und bisweilen auch noch Promovierenden und sich Habilitierenden größte Schwierigkeiten, die weder in der reichhaltigen historiographischen Einführungsliteratur noch in den Aufsätzen zur Theorie und Methode der Geschichtswissenschaft ausreichend reflektiert werden.
 

Zur Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen"

Mit den sozial-, geschlechter-, kultur- und globalgeschichtlichen Erweiterungen der Geschichtswissenschaft vor allem seit den 1970er Jahren sind ihre Themen vielfältiger, die theoretischen Ansätze und Methoden pluraler und Forschungsdesigns multiperspektivischer geworden. Dementsprechend hat die Komplexität des Fachs zugenommen, das heute in seiner Vielgestaltigkeit gerade auch über die Epochengrenzen hinweg kaum noch zu überblicken ist. Angesichts dieser Pluralisierung scheinen die Konturen der Geschichtswissenschaft zu verschwimmen, was von den einen als „anything goes“ beklagt und von anderen als notwendige Diversitätssteigerung begrüßt wird. Unserer Ansicht nach stellen sich aber auch angesichts der Vervielfältigung von Perspektiven, Zugängen und Quellenkorpora auf einer ganz basalen Ebene des historischen Arbeitens noch immer gleiche oder zumindest ähnliche Grundfragen:  Was ist eine gute historische Frage? Gibt eine Einheit der Geschichte oder nur partiale Geschichten? Wie politisch kann, darf und muss Geschichte sein? Ist historische Erkenntnis objektiv? Wie sollen die räumlichen und zeitlichen Bezüge unserer Forschungen gestaltet sein?

Zwar haben sich auch die historiographischen Theoriediskussionen seit den 1970er Jahren ausdifferenziert und mit Anleihen aus den systematischen Nachbarwissenschaften zu diesen Fragen Stellung genommen, geklärt sind sie aber bei weitem nicht. Weil sie sich vielmehr in der alltäglichen historiographischen Praxis immer wieder aufs Neue stellen, möchten wir, Historiker*innen der HU und der FU Berlin sowie des ZZF Potsdam, sie mit interessierten Kolleg*innen in loser Folge systematisch diskutieren und dabei vor allem den Brückenschlag zwischen abstrakter Theoriereflexion und konkreter historiographischer Arbeitspraxis suchen.

Organisation der Reihe:
Rüdiger Graf, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)
Matthias Pohlig, Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin
Ulrike Schaper, Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin

Das Portal zeitgeschichte | online veröffentlicht die Eingangsstatements, die jeweils in den verschiedenen Themendiskussionen seit November 2021 gehalten wurden, in einem Dossier, das Sie unter diesem Link fiinden: https://zeitgeschichte-online.de/node/58596

Veranstaltungsort

Online

Kontakt und Anmeldung

Link zum Zoom-Meeting:
https://us06web.zoom.us/j/81758591847?pwd=dDQwUThPdjRCT1ozQTNZeEFiVlMrUT09
Meeting-ID: 817 5859 1847
Kenncode: 278761

Kontakt für das ZZF Potsdam:
Priv.-Doz. Dr. Rüdiger Graf
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
E-Mail: graf [at] zzf-potsdam.de

 

Veranstaltungen

Wie findet und formuliert man eine gute historische Frage?

Diskussion
Datum: 28.11.2022
Ort: Online

Eingangsstatements von:
Ute Frevert (Berlin), David Kuchenbuch (Gießen), Tim Neu (Wien)

Moderation: Rüdiger Graf (Potsdam)

Zeit: 17.15 bis 18.45 Uhr

In der fünften Veranstaltung der Reihe „Geschichtliche Grundfragen“ soll diskutiert werden, wie eine gute historische Frage gefunden und bzw. formuliert werden kann. Was unterscheidet historische Fragen von anderen Fragen? Gibt es Kriterien, gute von schlechten historischen Fragen zu unterscheiden? Gibt es besondere Techniken, welche die Formulierung instruktiver historischer Fragen erleichtern? Ist die historische Frage wirklich der Ausgangspunkt des Forschens, oder entsteht sie an anderen Stellen im Forschungsprozess? Welche heuristischen, epistemologischen und darstellerischen Funktionen hat die Fragestellung eigentlich?

 „Der Ausgangspunkt des Forschens ist die historische Frage“, formulierte Johann Gustav Droysen in seinem Grundriss der Historik. Wohl kaum ein Satz aus der theoretischen Reflexion historischer Praxis im 19. Jahrhundert dürfte noch heute so allgemeine Zustimmung unter Historiker*innen finden wie dieser. In Einführungsseminaren und Tutorien erklären wir den Studierenden, dass sie eine historische Frage formulieren müssen, um sich nicht in der unermesslichen Fülle und Vielfalt der Quellen zu verlieren. Die Qualität von Abschlussarbeiten bewerten wir unter anderem danach, ob sie eine klare historische Frage in Auseinandersetzung mit Quellen und Forschungsliteratur überzeugend beantworten. Erfahrungsgemäß bereitet jedoch gerade die Formulierung der Fragestellung Studierenden und bisweilen auch noch Promovierenden und sich Habilitierenden größte Schwierigkeiten, die weder in der reichhaltigen historiographischen Einführungsliteratur noch in den Aufsätzen zur Theorie und Methode der Geschichtswissenschaft ausreichend reflektiert werden.
 

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Mit den sozial-, geschlechter-, kultur- und globalgeschichtlichen Erweiterungen der Geschichtswissenschaft vor allem seit den 1970er Jahren sind ihre Themen vielfältiger, die theoretischen Ansätze und Methoden pluraler und Forschungsdesigns multiperspektivischer geworden. Dementsprechend hat die Komplexität des Fachs zugenommen, das heute in seiner Vielgestaltigkeit gerade auch über die Epochengrenzen hinweg kaum noch zu überblicken ist. Angesichts dieser Pluralisierung scheinen die Konturen der Geschichtswissenschaft zu verschwimmen, was von den einen als „anything goes“ beklagt und von anderen als notwendige Diversitätssteigerung begrüßt wird. Unserer Ansicht nach stellen sich aber auch angesichts der Vervielfältigung von Perspektiven, Zugängen und Quellenkorpora auf einer ganz basalen Ebene des historischen Arbeitens noch immer gleiche oder zumindest ähnliche Grundfragen:  Was ist eine gute historische Frage? Gibt eine Einheit der Geschichte oder nur partiale Geschichten? Wie politisch kann, darf und muss Geschichte sein? Ist historische Erkenntnis objektiv? Wie sollen die räumlichen und zeitlichen Bezüge unserer Forschungen gestaltet sein?

Zwar haben sich auch die historiographischen Theoriediskussionen seit den 1970er Jahren ausdifferenziert und mit Anleihen aus den systematischen Nachbarwissenschaften zu diesen Fragen Stellung genommen, geklärt sind sie aber bei weitem nicht. Weil sie sich vielmehr in der alltäglichen historiographischen Praxis immer wieder aufs Neue stellen, möchten wir, Historiker*innen der HU und der FU Berlin sowie des ZZF Potsdam, sie mit interessierten Kolleg*innen in loser Folge systematisch diskutieren und dabei vor allem den Brückenschlag zwischen abstrakter Theoriereflexion und konkreter historiographischer Arbeitspraxis suchen.

Organisation der Reihe:
Rüdiger Graf, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)
Matthias Pohlig, Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin
Ulrike Schaper, Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin

Das Portal zeitgeschichte | online veröffentlicht die Eingangsstatements, die jeweils in den verschiedenen Themendiskussionen seit November 2021 gehalten wurden, in einem Dossier, das Sie unter diesem Link fiinden: https://zeitgeschichte-online.de/node/58596

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https://us06web.zoom.us/j/81758591847?pwd=dDQwUThPdjRCT1ozQTNZeEFiVlMrUT09
Meeting-ID: 817 5859 1847
Kenncode: 278761

Kontakt für das ZZF Potsdam:
Priv.-Doz. Dr. Rüdiger Graf
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
E-Mail: graf [at] zzf-potsdam.de

 

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