Timothy Moss: Sozialistische Stadttechnik für Berlin (Ost) zwischen Planung und Praxis

Vortrag
Datum: 06.12.2018
Ort: Berlin

Zeit: 18.00 (c.t.) - 20.00 Uhr

Vortrag im Rahmen des Berlin-Brandenburger Colloquium für Umweltgeschichte Wintersemester 2018/19

Wie „sozialistisch“ waren die stadttechnischen Systeme, die Berlin als Hauptstadt der DDR versorgten? Wie wirkten staatliche Planung, Systemkonkurrenz und realsozialistische Praxis auf die Gestaltung der Energie- und Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung der Stadt zwischen 1949 und 1989? Wie spiegelten sich staatssozialistische Ziele und reale Lebensverhältnisse in diesen soziotechnischen Systemen wider? Dieser besondere Blick auf die Geschichte Ostberlins – durch die Brille ihrer leitungsgebundenen Infrastruktursysteme – bietet aufschlussreiche Erkenntnisse über die Entwicklung der Stadt im Spannungsfeld von Parteiapparat, Planungslogik, Technikgläubigkeit und Umweltschäden im ständigen Schatten des Kalten Krieges.
Mit meinem Beitrag gehe ich auf die hehren Zielvorstellungen einer sozialistisch ausgerichteten Infrastruktur und die harten Realitäten ihrer strukturellen Unterausstattung ein. Die Geschichte beginnt mit der relativ günstigen Ausgangslage der Stadttechnik Ostberlins Anfang der 50er Jahre, die die DDR in eine deutlich bessere Verhandlungsposition gegenüber Westberlin versetzte. Danach wird gezeigt, wie die kommunale Ausrichtung der Stadttechnik organisatorisch wie inhaltlich ausgehöhlt wurde: durch staatliche Planung und nationale Energie- und Wasserpolitik. Nichtsdestotrotz wuchs ein Planungsverständnis von Stadttechnik als Instrument einer integrierten Stadtentwicklung, welches in dem „Generalplan für stadttechnische Versorgung der Hauptstadt der DDR, Berlin“ vom Mai 1970 gipfelte. Planungsrhetorik konnte fehlende Investitionen jedoch nicht ersetzen. Es entstand eine immer größer werdende Kluft zwischen proklamierten Zielsetzungen einerseits und reellen Leistungsdefiziten mit verheerenden Umweltschäden andererseits. Der Beitrag schließt mit einer zweiten Entwicklungskluft – zwischen stadttechnischen Leistungen im Ost- und Westteil der Stadt – und der Umkehrung der ursprünglichen Vorteile von Ostberlin.

Short Bio:

Timothy Moss ist Senior Researcher im Integrative Research Institute on Transformations of Human-Environment Systems (IRI THESys) an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort leitet er die Gruppe Urban Infrastructures and Human-Environment Relations. Tim studierte Europäische Studien an der Universität Sussex und Europäische Geschichte an der Universität Oxford, wo er auch promovierte. Zwischen 1993 und 2016 forschte er am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), Erkner. Dort war er zwischen 2003 und 2016 Leiter einer Forschungsabteilung sowie zwischen 2009 und 2015 Stellvertretender Institutsdirektor. Seit April 2016 ist er am IRI THESys beschäftigt.
Tims Forschung zeichnet sich durch die Verzahnung geschichtswissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Debatten über das Verhältnis von Infrastrukturen und Städten aus. Einerseits zieht er soziotechnische und sozialräumliche Konzepte aus der Technikforschung und Humangeographie heran, um historische Forschungen zu Infrastrukturen sozialtheoretisch einzuordnen. Andererseits zielt er mit seinen Analysen vergangener und teils verschütteter Infrastrukturgeschichten auf eine historische Einbettung gegenwärtiger Transformationen stadttechnischer Systeme. Ihn bewegt vor allem, wie Energie-, Wasser- oder IuK-Technologien die Raumbezüge, Machtverhältnisse und Materialisierungen einer Stadt widerspiegeln und zugleich reproduzieren.

Veranstaltungsort

Humboldt-Universität zu Berlin,
Friedrichstraße 191-193, Eingang Friedrichstr.,
Lift in den 4. Stock, Raum 4026.

Kontakt und Anmeldung

Konzeption und Organisation des Berlin-Brandenburger Colloquiums für Umweltgeschichte im Wintersemester 2018/19:
Dr. Jan-Henrik Meyer (University of Kopenhagen/ZZF Potsdam)
Dr. Astrid M. Kirchhof (Humboldt-Universität zu Berlin)

Eintritt frei | keine Anmeldung erforderlich

Dr. Jan-Henrik Meyer
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
Email: jhmeyer [at] gmx.de

Dr. Astrid M.Kirchhof
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften
Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte, Prof. Dr. Martin Sabrow
Büro: Mohrenstraße 40, 10117 Berlin
Email: astrid.m.kirchhof [at] geschichte.hu-berlin.de

Veranstaltungen

Timothy Moss: Sozialistische Stadttechnik für Berlin (Ost) zwischen Planung und Praxis

Vortrag
Datum: 06.12.2018
Ort: Berlin

Zeit: 18.00 (c.t.) - 20.00 Uhr

Vortrag im Rahmen des Berlin-Brandenburger Colloquium für Umweltgeschichte Wintersemester 2018/19

Wie „sozialistisch“ waren die stadttechnischen Systeme, die Berlin als Hauptstadt der DDR versorgten? Wie wirkten staatliche Planung, Systemkonkurrenz und realsozialistische Praxis auf die Gestaltung der Energie- und Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung der Stadt zwischen 1949 und 1989? Wie spiegelten sich staatssozialistische Ziele und reale Lebensverhältnisse in diesen soziotechnischen Systemen wider? Dieser besondere Blick auf die Geschichte Ostberlins – durch die Brille ihrer leitungsgebundenen Infrastruktursysteme – bietet aufschlussreiche Erkenntnisse über die Entwicklung der Stadt im Spannungsfeld von Parteiapparat, Planungslogik, Technikgläubigkeit und Umweltschäden im ständigen Schatten des Kalten Krieges.
Mit meinem Beitrag gehe ich auf die hehren Zielvorstellungen einer sozialistisch ausgerichteten Infrastruktur und die harten Realitäten ihrer strukturellen Unterausstattung ein. Die Geschichte beginnt mit der relativ günstigen Ausgangslage der Stadttechnik Ostberlins Anfang der 50er Jahre, die die DDR in eine deutlich bessere Verhandlungsposition gegenüber Westberlin versetzte. Danach wird gezeigt, wie die kommunale Ausrichtung der Stadttechnik organisatorisch wie inhaltlich ausgehöhlt wurde: durch staatliche Planung und nationale Energie- und Wasserpolitik. Nichtsdestotrotz wuchs ein Planungsverständnis von Stadttechnik als Instrument einer integrierten Stadtentwicklung, welches in dem „Generalplan für stadttechnische Versorgung der Hauptstadt der DDR, Berlin“ vom Mai 1970 gipfelte. Planungsrhetorik konnte fehlende Investitionen jedoch nicht ersetzen. Es entstand eine immer größer werdende Kluft zwischen proklamierten Zielsetzungen einerseits und reellen Leistungsdefiziten mit verheerenden Umweltschäden andererseits. Der Beitrag schließt mit einer zweiten Entwicklungskluft – zwischen stadttechnischen Leistungen im Ost- und Westteil der Stadt – und der Umkehrung der ursprünglichen Vorteile von Ostberlin.

Short Bio:

Timothy Moss ist Senior Researcher im Integrative Research Institute on Transformations of Human-Environment Systems (IRI THESys) an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort leitet er die Gruppe Urban Infrastructures and Human-Environment Relations. Tim studierte Europäische Studien an der Universität Sussex und Europäische Geschichte an der Universität Oxford, wo er auch promovierte. Zwischen 1993 und 2016 forschte er am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), Erkner. Dort war er zwischen 2003 und 2016 Leiter einer Forschungsabteilung sowie zwischen 2009 und 2015 Stellvertretender Institutsdirektor. Seit April 2016 ist er am IRI THESys beschäftigt.
Tims Forschung zeichnet sich durch die Verzahnung geschichtswissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Debatten über das Verhältnis von Infrastrukturen und Städten aus. Einerseits zieht er soziotechnische und sozialräumliche Konzepte aus der Technikforschung und Humangeographie heran, um historische Forschungen zu Infrastrukturen sozialtheoretisch einzuordnen. Andererseits zielt er mit seinen Analysen vergangener und teils verschütteter Infrastrukturgeschichten auf eine historische Einbettung gegenwärtiger Transformationen stadttechnischer Systeme. Ihn bewegt vor allem, wie Energie-, Wasser- oder IuK-Technologien die Raumbezüge, Machtverhältnisse und Materialisierungen einer Stadt widerspiegeln und zugleich reproduzieren.

Veranstaltungsort

Humboldt-Universität zu Berlin,
Friedrichstraße 191-193, Eingang Friedrichstr.,
Lift in den 4. Stock, Raum 4026.

Kontakt und Anmeldung

Konzeption und Organisation des Berlin-Brandenburger Colloquiums für Umweltgeschichte im Wintersemester 2018/19:
Dr. Jan-Henrik Meyer (University of Kopenhagen/ZZF Potsdam)
Dr. Astrid M. Kirchhof (Humboldt-Universität zu Berlin)

Eintritt frei | keine Anmeldung erforderlich

Dr. Jan-Henrik Meyer
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
Email: jhmeyer [at] gmx.de

Dr. Astrid M.Kirchhof
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften
Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte, Prof. Dr. Martin Sabrow
Büro: Mohrenstraße 40, 10117 Berlin
Email: astrid.m.kirchhof [at] geschichte.hu-berlin.de

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