Sebastian Ullrich: Der Weimar-Komplex. Die erste deutsche Republik als Bezugspunkt der politischen Neuordnung im Nachkriegsdeutschland

Öffentliche Abendveranstaltung
Datum: 28.01.2019
Ort: Zeughauskino Berlin

Zeit: 18.15 – 19.45 Uhr

Referent: Sebastian Ullrich (München)
Moderation: Martin Sabrow (Berlin/Potsdam)

Die Weimarer Republik, deren Untergang die meisten Zeitgenossen noch miterlebt hatten, war die Negativfolie, vor deren Hintergrund nach 1945 die zweite deutsche Demokratie konzipiert und an der sie seitdem immer wieder ängstlich gemessen wurde. Der Weimar-Vergleich ist gewissermaßen in die DNA der Bundesrepublik eingeschrie-ben, was auch seine bis heute andauernde Präsenz erklärt. Doch während heute gerne eine gerade Linie von den „Lehren aus Weimar“ zur stabilen Ordnung der Adenauerzeit gezogen wird, war der demokratische Neubeginn nach 1945 sehr viel umstrittener und kontroverser. Es gab gerade im bürgerlichen Parteienspektrum starke Kontinuitäten zur Parlamentarismus- und Parteienkritik der Weimarer Zeit. Noch in den Länderverfassungsdebatten seit 1946 traten viele für eine berufsständische Einhegung des Parla-ments durch eine zweite Kammer ein. Ohne die Alliierten, die den Rahmen vorgaben, in dem sich die Neuordnung bewegen konnte, wäre vermutlich keine liberale parteien-staatliche Demokratie entstanden. Dementsprechend erschien „Bonn“ vielen auch „Weimar“ viel zu ähnlich zu sein. Der berühmte Buchtitel Fritz René Allemanns „Bonn ist nicht Weimar“ war bei Erscheinen des Werks 1956 eher eine Provokation als Common Sense. Es brauchte die Erfolge der Ära Adenauer und die Furcht vor der Sowjetunion, um die Vorbehalte gegenüber dem westlichen politischen Modell schwin-den zu lassen. In den Debatten und dem politischen Streit um Weimar nach 1945 spiegelt sich daher auch das Einleben der Westdeutschen in die bundesrepublika-nische Demokratie. 

Sebastian Ullrich, 1975 geboren, ist Lektor beim Verlag C. H. Beck in München. Er studierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Berlin und Cambridge. Für seine Studie "Der Weimar-Komplex. Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie und die politische Kultur der frühen Bundesrepublik 1945–1959" (2009) ist er mit dem Hans-Rosenberg-Gedächtnispreis ausgezeichnet worden.

Martin Sabrow, 1954 geboren, ist Professor für Neueste Geschichte und Zeit-geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam
 

Veranstalter der Ringvorlesung "Weimars Wirkung. Das Nachleben der ersten deutschen Republik":

Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 
Stiftung Topographie des Terrors Berlin
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

in Kooperation mit:

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Deutsches Historisches Museum Berlin

Die Ringvorlesung:

Fast drei Jahrzehnte nach der deutsch-deutschen Vereinigung verdient die Weimarer Republik zum hundertjährigen Jubiläum ihrer Entstehung neue Aufmerksamkeit. Die Ringvorlesung diskutiert die verpassten Chancen und die strukturellen Defizite, fragt aber auch nach langfristigen und womöglich bis heute anhaltenden Wirkungen der ersten deutschen Republik. Gegenüber einer Verengung des Blicks auf die vielbeschworenen „Weimarer Verhältnisse“ als Vorspiel zu den Ereignissen nach 1933 unternimmt die Ringvorlesung einen doppelten Perspektivwechsel: Einerseits fragt sie nach der Eigenart und dem Stellenwert der ersten deutschen Republik innerhalb der längeren Geschichte, andererseits sucht sie die Bedeutung der mit „Weimar“ verbundenen Kultur des Politischen für ihre Nachgeschichte bis in die Gegenwart zu erörtern.

Flyerkarte mit allen Terminen der Reihe (pdf)

 

Weitere Termine der Ringvorlesung:

11.02.2019

Claudia Weber (Frankfurt/O.)
Feindbild und Partnerschaft. Die Geburt von Russlandverständnis und Bolschewistenfurcht in der Weimarer Republik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

29.04.2019

Michael Wildt (Berlin)
Die „Volksgemeinschaft“ als Antwort auf die fragmentierte Republik von Weimar

(Topographie des Terrors)

 

13.05.2019

Andreas Nachama (Berlin)
Die Entwicklung der NSDAP von einer völkischen Bewegung zu einer modernen Volkspartei

(Zeughauskino im DHM)

 

27.05.2019

Frank Bösch (Potsdam)
Sehnsucht nach Einheit: Weimars Erbe in der politischen Kultur der Bundesrepublik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

17.06.2019

Andreas Wirsching (München)
Weimar als politisches Argument

(Topographie des Terrors)

 

01.07.2019

Gerd Koenen (Frankfurt am Main)
Das Erbe der Spaltung. Die Linke in Ost und West zwischen Totalitarismus und Demokratie

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

15.07.2019

Peter C. Caldwell (Houston)
Weimar Ausstellen. Die erste deutsche Republik und ihre Musealisierung

(Zeughauskino im DHM)

Veranstaltungsort

Deutsches Historisches Museum Berlin, Unter den Linden 2, 10117 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei und ohne Anmeldung möglich.

Veranstaltungen

Sebastian Ullrich: Der Weimar-Komplex. Die erste deutsche Republik als Bezugspunkt der politischen Neuordnung im Nachkriegsdeutschland

Öffentliche Abendveranstaltung
Datum: 28.01.2019
Ort: Zeughauskino Berlin

Zeit: 18.15 – 19.45 Uhr

Referent: Sebastian Ullrich (München)
Moderation: Martin Sabrow (Berlin/Potsdam)

Die Weimarer Republik, deren Untergang die meisten Zeitgenossen noch miterlebt hatten, war die Negativfolie, vor deren Hintergrund nach 1945 die zweite deutsche Demokratie konzipiert und an der sie seitdem immer wieder ängstlich gemessen wurde. Der Weimar-Vergleich ist gewissermaßen in die DNA der Bundesrepublik eingeschrie-ben, was auch seine bis heute andauernde Präsenz erklärt. Doch während heute gerne eine gerade Linie von den „Lehren aus Weimar“ zur stabilen Ordnung der Adenauerzeit gezogen wird, war der demokratische Neubeginn nach 1945 sehr viel umstrittener und kontroverser. Es gab gerade im bürgerlichen Parteienspektrum starke Kontinuitäten zur Parlamentarismus- und Parteienkritik der Weimarer Zeit. Noch in den Länderverfassungsdebatten seit 1946 traten viele für eine berufsständische Einhegung des Parla-ments durch eine zweite Kammer ein. Ohne die Alliierten, die den Rahmen vorgaben, in dem sich die Neuordnung bewegen konnte, wäre vermutlich keine liberale parteien-staatliche Demokratie entstanden. Dementsprechend erschien „Bonn“ vielen auch „Weimar“ viel zu ähnlich zu sein. Der berühmte Buchtitel Fritz René Allemanns „Bonn ist nicht Weimar“ war bei Erscheinen des Werks 1956 eher eine Provokation als Common Sense. Es brauchte die Erfolge der Ära Adenauer und die Furcht vor der Sowjetunion, um die Vorbehalte gegenüber dem westlichen politischen Modell schwin-den zu lassen. In den Debatten und dem politischen Streit um Weimar nach 1945 spiegelt sich daher auch das Einleben der Westdeutschen in die bundesrepublika-nische Demokratie. 

Sebastian Ullrich, 1975 geboren, ist Lektor beim Verlag C. H. Beck in München. Er studierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Berlin und Cambridge. Für seine Studie "Der Weimar-Komplex. Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie und die politische Kultur der frühen Bundesrepublik 1945–1959" (2009) ist er mit dem Hans-Rosenberg-Gedächtnispreis ausgezeichnet worden.

Martin Sabrow, 1954 geboren, ist Professor für Neueste Geschichte und Zeit-geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam
 

Veranstalter der Ringvorlesung "Weimars Wirkung. Das Nachleben der ersten deutschen Republik":

Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 
Stiftung Topographie des Terrors Berlin
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

in Kooperation mit:

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Deutsches Historisches Museum Berlin

Die Ringvorlesung:

Fast drei Jahrzehnte nach der deutsch-deutschen Vereinigung verdient die Weimarer Republik zum hundertjährigen Jubiläum ihrer Entstehung neue Aufmerksamkeit. Die Ringvorlesung diskutiert die verpassten Chancen und die strukturellen Defizite, fragt aber auch nach langfristigen und womöglich bis heute anhaltenden Wirkungen der ersten deutschen Republik. Gegenüber einer Verengung des Blicks auf die vielbeschworenen „Weimarer Verhältnisse“ als Vorspiel zu den Ereignissen nach 1933 unternimmt die Ringvorlesung einen doppelten Perspektivwechsel: Einerseits fragt sie nach der Eigenart und dem Stellenwert der ersten deutschen Republik innerhalb der längeren Geschichte, andererseits sucht sie die Bedeutung der mit „Weimar“ verbundenen Kultur des Politischen für ihre Nachgeschichte bis in die Gegenwart zu erörtern.

Flyerkarte mit allen Terminen der Reihe (pdf)

 

Weitere Termine der Ringvorlesung:

11.02.2019

Claudia Weber (Frankfurt/O.)
Feindbild und Partnerschaft. Die Geburt von Russlandverständnis und Bolschewistenfurcht in der Weimarer Republik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

29.04.2019

Michael Wildt (Berlin)
Die „Volksgemeinschaft“ als Antwort auf die fragmentierte Republik von Weimar

(Topographie des Terrors)

 

13.05.2019

Andreas Nachama (Berlin)
Die Entwicklung der NSDAP von einer völkischen Bewegung zu einer modernen Volkspartei

(Zeughauskino im DHM)

 

27.05.2019

Frank Bösch (Potsdam)
Sehnsucht nach Einheit: Weimars Erbe in der politischen Kultur der Bundesrepublik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

17.06.2019

Andreas Wirsching (München)
Weimar als politisches Argument

(Topographie des Terrors)

 

01.07.2019

Gerd Koenen (Frankfurt am Main)
Das Erbe der Spaltung. Die Linke in Ost und West zwischen Totalitarismus und Demokratie

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

15.07.2019

Peter C. Caldwell (Houston)
Weimar Ausstellen. Die erste deutsche Republik und ihre Musealisierung

(Zeughauskino im DHM)

Veranstaltungsort

Deutsches Historisches Museum Berlin, Unter den Linden 2, 10117 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei und ohne Anmeldung möglich.

Veranstaltungen