Neue digitale Ausstellung: Bilderinnerungen an die Perestroika

17.12.2021

Seit dem 16. Dezember 2021 ist auf dem Online-Portal Visual History die digitale Foto-Ausstellung „Bilderinnerungen an die Perestroika“ zu sehen. Die Fotografien zeigen einen Ausschnitt aus der sowjetischen Lebenswirklichkeit Ende der 1980er, Anfang der 1990er-Jahre. Das Besondere an ihnen ist: Sie sind vor circa 30 Jahren von (angehenden) Historiker*innen gemacht worden, die sich mit der Geschichte des Russischen Reichs, der Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten bis heute beschäftigen. Damals besuchten sie zum ersten Mal für längere Zeit die Sowjetunion, um dort Russisch zu lernen, zu studieren oder nach Material in Archiven zu recherchieren.

Auf die Bitte der beiden Kuratorinnen Corinna Kuhr-Korolev (ZZF) und Katharina Kucher (IOS) hin haben eine Reihe von Kolleg*innen eine Auswahl ihrer persönlichen Fotos aus dieser Zeit sowie einen kurzen Text zur Ausstellung beigesteuert. Die Bilder dokumentieren, was sie dort damals gesehen haben und für wert hielten, zu fotografieren; gleichzeitig belegen sie die Leerstellen. Für alle Beteiligten, so die Kurator*innen, sei dies eine prägende Zeit gewesen, die maßgeblich das Verständnis des Forschungsgegenstands bestimmt habe. Insofern möchten sie mit dem Vorhaben auch eine Reflexion über die eigene Zeitzeug*innenschaft bezogen auf die historische Forschung zum (Post-)Sozialismus anstoßen.

Das Nachdenken über die eigene Subjektivität ist zudem wichtig, weil der offizielle Erinnerungsdiskurs in den sowjetischen Nachfolgestaaten im Hinblick auf die Perestroika stark politisiert ist: In Russland gilt der Zusammenbruch des Imperiums als Jahrhundertkatastrophe, in den ehemaligen Sowjetrepubliken meist als Befreiung und nationaler Neuanfang. 

Die Fotografien zeugen von großer Neugierde, innerer Anteilnahme und dem ernsthaften Wunsch, die damals fremde Welt zu verstehen. Dieser Antrieb verbindet alle Historiker*innen, die ihre Fotografien und Gedanken geteilt haben. Er besteht weiter fort und hilft, sich mit wissenschaftlicher Sorgfalt einer für das 20. Jahrhundert zentralen historischen Periode aufs Neue zu nähern. Nur mit gesichertem Wissen können wir der Tendenz entgegenwirken, dass die Epoche des Wandels als Kampffeld für populistische Debatten missbraucht wird.

Das Ausstellungsprojekt entstand im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltungsreihe „Крах / Krach 1991“ von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), der Forschungsstelle Osteuropa in Bremen, dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) sowie dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg (IOS). Medienpartner dieser Reihe ist zudem die Internetplattform Dekoder, deren gleichnamiges Erinnerungsprojekt in gedanklicher Kooperation entwickelt wurde. 

 

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Neue digitale Ausstellung: Bilderinnerungen an die Perestroika

17.12.2021

Seit dem 16. Dezember 2021 ist auf dem Online-Portal Visual History die digitale Foto-Ausstellung „Bilderinnerungen an die Perestroika“ zu sehen. Die Fotografien zeigen einen Ausschnitt aus der sowjetischen Lebenswirklichkeit Ende der 1980er, Anfang der 1990er-Jahre. Das Besondere an ihnen ist: Sie sind vor circa 30 Jahren von (angehenden) Historiker*innen gemacht worden, die sich mit der Geschichte des Russischen Reichs, der Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten bis heute beschäftigen. Damals besuchten sie zum ersten Mal für längere Zeit die Sowjetunion, um dort Russisch zu lernen, zu studieren oder nach Material in Archiven zu recherchieren.

Auf die Bitte der beiden Kuratorinnen Corinna Kuhr-Korolev (ZZF) und Katharina Kucher (IOS) hin haben eine Reihe von Kolleg*innen eine Auswahl ihrer persönlichen Fotos aus dieser Zeit sowie einen kurzen Text zur Ausstellung beigesteuert. Die Bilder dokumentieren, was sie dort damals gesehen haben und für wert hielten, zu fotografieren; gleichzeitig belegen sie die Leerstellen. Für alle Beteiligten, so die Kurator*innen, sei dies eine prägende Zeit gewesen, die maßgeblich das Verständnis des Forschungsgegenstands bestimmt habe. Insofern möchten sie mit dem Vorhaben auch eine Reflexion über die eigene Zeitzeug*innenschaft bezogen auf die historische Forschung zum (Post-)Sozialismus anstoßen.

Das Nachdenken über die eigene Subjektivität ist zudem wichtig, weil der offizielle Erinnerungsdiskurs in den sowjetischen Nachfolgestaaten im Hinblick auf die Perestroika stark politisiert ist: In Russland gilt der Zusammenbruch des Imperiums als Jahrhundertkatastrophe, in den ehemaligen Sowjetrepubliken meist als Befreiung und nationaler Neuanfang. 

Die Fotografien zeugen von großer Neugierde, innerer Anteilnahme und dem ernsthaften Wunsch, die damals fremde Welt zu verstehen. Dieser Antrieb verbindet alle Historiker*innen, die ihre Fotografien und Gedanken geteilt haben. Er besteht weiter fort und hilft, sich mit wissenschaftlicher Sorgfalt einer für das 20. Jahrhundert zentralen historischen Periode aufs Neue zu nähern. Nur mit gesichertem Wissen können wir der Tendenz entgegenwirken, dass die Epoche des Wandels als Kampffeld für populistische Debatten missbraucht wird.

Das Ausstellungsprojekt entstand im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltungsreihe „Крах / Krach 1991“ von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), der Forschungsstelle Osteuropa in Bremen, dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) sowie dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg (IOS). Medienpartner dieser Reihe ist zudem die Internetplattform Dekoder, deren gleichnamiges Erinnerungsprojekt in gedanklicher Kooperation entwickelt wurde. 

 

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