
Maria Fritsche
Norwegian University of Science and Technology, Trondheim
Norway
E-Mail: maria.fritsche [at] ntnu.no
Projekt
The Making of Europe.
Die Marshall Plan Informationskampagne in Europa
In meinem vom norwegischen Forschungsrat finanzierten Forschungsprojekt „The Making of Europe“ untersuche ich die von den USA im Zuge der Implementierung des European Recovery Programs (Marshall Plan) lancierte Informationskampagne, die den Marshall Plan und seine Ziele in Europa bewerben, die Produktivität der europäischen Industrie und Landwirtschaft steigern und die Idee eines vereinten Europas verbreiten sollte. Mein Fokus liegt dabei auf dem Medium Film und auf der Arbeit der Film Section, einer Unterabteilung der Information Division in Paris, die zu diesem Zwecke zwischen 1948 und 1954 etwa 200 Filme produzierte. Das Besondere an diesem großangelegten Werbefeldzug war, dass für die Filmproduktion überwiegend lokale, sprich europäische, Filmemacher und Filmproduktionsfirmen engagiert wurden, und die Filme häufig nicht nur im Produktionsland, sondern auch (in neuer Synchronisation) in anderen am Marshall Plan beteiligten Ländern gezeigt wurden. Diese Tatsache ermöglicht es herauszuarbeiten, wie die Konzepte von Europa aussahen, welche die Filmemacher entwarfen, mit welchen visuellen und narrativen Strategien sie diese zu vermitteln suchten und wie Bilder von den RezepientInnen aufgenommen wurden.
Den filmanalytischen Teil der Untersuchung habe ich zum Großteil während meines einjährigen Fellowships an der University of Southampton abgeschlossen; der zweite und umfassendere Teil des Projekts fokussiert auf die Erforschung der Planung und Organisation der Filmkampagne, der Produktion und Distribution der Filme sowie deren Rezeption durch das Publikum in ausgewählten europäischen Ländern.
Meine Perspektive ist transnational: Ziel ist es, einerseits den kulturellen Austausch zwischen den US-amerikanischen Auftraggebern und Organisatoren und den europäischen Filmemachern zu untersuchen und dabei aufzuzeigen, wie die amerikanischen Behörden (ECA Institutionen, US Information Agency) und die an der Filmproduktion beteiligten Personen interagierten und Ideen austauschten. Zwar waren die Marshall Plan Filme eindeutig als Instrumente politischer Beeinflussung konzipiert mit denen die Europäer von bestimmten Ideen überzeugt werden sollten. Gleichzeitig stellen die Filme jedoch auch wertvolle Dokumente kultureller Interaktionen und geben Aufschluss über die Machtkämpfe zwischen Produzenten und Auftraggebern und die daraus resultierenden Kompromisse und Zugeständnisse. Andererseits möchte ich über eine Untersuchung der Distribution und der Rezeption der Filme durch das europäische Publikum die Verbreitung von medialen Bildern und deren Wirkung analysieren und damit neue Erkenntnisse über die Wirkung von Propaganda und den frühen Europadiskurs gewinnen.