
Brigitta Bernet
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Switzerland
E-Mail: bernetb [at] ethz.ch
Projekt
Persönlichkeit als Ressource.
Entdeckung, Modellierung und Bewirtschaftung des "humanen Faktors" im Betrieb (1950-1990)
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt sich als Epoche der "Psychologisierung" charakterisieren. Zeitgleich mit dem wirtschaftlichen "Boom" setzte in den meisten europäischen Gesellschaften ein "Psycho-Boom" ein: eine Durchdringung des Alltags mit psychologischen Kategorien, Wahrnehmungsmustern und Handlungsanleitungen. In der Arbeitswelt verband sich die psychologische Matrix mit einer ökonomisch geprägten Sichtweise auf das arbeitende Subjekt, die dieses den Human Resources zuschlug und das Human Capital zum Bestandteil der betrieblichen Rationalisierungsarena machte. Ein Epizentrum dieser Entwicklung war das Grossunternehmen. Hier wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Regime der Sag- und Sichtbarkeit eingerichtet, das die Charakteristiken, Schlüsselaspekte und Beziehungen des arbeitenden Subjekts neu konzeptualisierte. Dabei spielte die Psychologie eine wichtige Rolle. Sie lieferte Modelle wie die "Bedürfnispyramide" oder den "complex man", die Brücken schlugen zu neuen Managementkonzepten und gleichzeitig Techniken (der Lohnberechung, der Personalselektion oder des Controllings) bereitstellten, um die Subjekte entlang von "Persönlichkeitsmerkmalen" – wie Intelligenz, Sozialkompetenz oder – in die sich wandelnden Produktionslandschaften "einzupassen". Bei dieser Hinwendung der Personalwirtschaft zur Persönlichkeit der Arbeitenden setzt das Projekt ein. Im Sinne einer allgemeinen These geht es davon aus, dass in der Nachkriegszeit eine psychologische Rationalisierungskultur entstand, in der weniger die Gesunderhaltung des Geistes als der optimale Einsatz von psychischen Ressourcen in einem ökonomischen System im Vordergrund stand. Am überschaubaren, aber international relevanten Fallbeispiel der Schweiz untersucht das Projekt die Entdeckung, Modellierung und Verwertung des "Humanvermögens" als ökonomischer Ressource im Zeitraum von 1950 bis 1990.