
Pandora Dimanopoulou
Ecole des Hautes Ètudes en Sciences Sociales, Paris
E-Mail: pandora.dimanopoulou [at] sciencespo.fr
Projekt
Versöhnung, Dialog, Wachstum:
Die Entstehung der Orthodoxen Akademie von Kreta und die griechisch-deutschen Beziehungen 1957-1991
Die aktuelle griechische Finanzkrise hat dazu geführt, dass zwei Fragen europaweit intensiv diskutiert werden. Die erste bezieht sich auf die Kontroverse über die deutschen Reparationszahlungen an Griechenland wegen des zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzung des Landes. Die zweite betrifft die vermeintliche Armut der griechisch-orthodoxen Kirche, ihren steuerfreien Status sowie ihren möglichen Beitrag zur Beseitigung der humanitären und sozialen Krise. Allerdings sind beide Fragen außer ihrer aktuellen Brisanz nicht neu; sie wurden in der Vergangenheit sogar in ihrem Verhältnis zueinander betrachtet und entsprechend diskutiert.
Der progressive und ökumenische ehemalige Bischof und Metropolit von Kissamos (1957-1971, 1981-2005) und Deutschlands Griechisch-orthodoxer Kirche (1971-1980) Irineos Galanakis (1911-2013) hat für die Realisierung eines anspruchsvollen Programms gearbeitet, das die finanzielle und soziale Entwicklung Westkretas fördern sollte. Interessanterweise wurde dieses Programm nicht nur von deutschen protestantischen Kirchen, sondern auch von der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Diese Akteure haben die Gründung der Orthodoxen Akademie von Kreta finanziert, die nach dem Muster der protestantischen Akademien Deutschlands strukturiert wurde.
In meiner Studie werde ich auf der Basis dieses konkreten Falls die Rolle der Orthodoxen und der Evangelischen Kirche bei der Entwicklung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland untersuchen. Dadurch möchte ich einen neuen Zugang anbieten zum Verständnis des Beitrags der christlichen Kirchen und anderer religiöser Akteure zum Aufbau der politischen, sozialen und ideologischen Gestalt Europas nach dem zweiten Weltkrieg. Die Studie wird dieses Forschungsfeld in zweierlei Hinsicht erweitern: (i) die Kirchen werden als Institutionen betrachtet, die innerhalb eines Interaktionsnetzwerks zwischen Politik und anderen Faktoren (die über eine lokale oder internationale Eigendynamik verfügen) agieren; (ii) es wird die Rolle der Kirchen innerhalb breiterer transnationaler Netzwerke untersucht: ihre aktive Teilnahme am Ressourcen-, Wissens- und Ideenaustausch mitten im Aufruhr des Kalten Krieges.