Matthias Warstat: Revolution auf der Bühne? Die Berliner Theaterlandschaft und der Systemwechsel

Ringvorlesung
Datum: 06.11.2019
Ort: Berlin | Stiftung Berliner Mauer

Zeit: 18 bis 20 Uhr 

Die Theaterlandschaften in der Bundesrepublik und in der DDR entwickelten sich nach 1949 unterschiedlich, blieben aber eng aufeinander bezogen. Beide Systeme knüpften an die seit dem 18. Jahrhundert gewachsenen Strukturen der deutschen Stadt- und Staatstheater an; beide wiesen dem Theater auf je eigene Weise einen zentralen Ort im öffentlichen Leben zu, der allerdings nicht ungefährdet blieb; und beide teilten zeitweise ein starkes Interesse an einem gesellschaftsbezogenen, ‚realistischen‘ Theater, ohne dieses Attribut allerdings in gleicher Weise zu definieren. Nicht wenige herausragende Theaterleute waren in beiden deutschen Staaten präsent. Trotz dieser Gemeinsamkeiten gestaltete sich das Zusammenwachsen der beiden Theaterlandschaften nach 1989 schwierig, wie sich am Beispiel Berlins markant zeigen lässt. Die Monate vor und nach dem Mauerfall hinterließen bei den Theaterleuten auch deshalb tiefe Spuren, weil sich angesichts von Publikumsschwund und Legitimationszwängen einmal mehr die Frage stellte, ob Theaterspielen überhaupt einen Sinn hat, wenn die Ereignisse auf der Straße dramatischer erscheinen als auf der Bühne. Im Vortrag wird der Frage nachgegangen, wie sich die Umbrüche der Jahre 1989-90 im Berliner Theater spiegelten, welche Rolle der Theaterpraxis und ihren Akteuren im Berlin der Wendezeit zukam – und ob die Theater tatsächlich zu Bühnen der ‚friedlichen Revolution‘ werden konnten.  
 

Zur Ringvorlesung:

Vor 30 Jahren wurden die kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa überwunden. Seitdem steht die Chiffre »1989« für das Wunder der friedlichen Revolution und das Versprechen demokratischer Freiheiten. Tatsächlich hat der revolutionäre Aufbruch zwar umfassende politische und gesellschaftliche Umwälzungen bewirkt. Doch langfristig wurden damit in den Ländern des ehemaligen »Ostblocks« auch Entwicklungen an-gestoßen und Bewegungen mobilisiert, die die Werte und erkämpften Rechte von damals heute wieder in Frage stellen. Dabei schrecken ihre Vertreter nicht davor zurück, für ihre An-liegen auch mit einstigem Revolutions-Vokabular zu werben.Das Jubiläum bietet die Chance einer doppelten Neuvermessung. Die Ringvorlesung diskutiert erstens »1989« als Teil einer »langen Wende« von der geteilten Welt zum geeinten Europa und zweitens als Referenzpunkt gesellschaftlicher Krisenentwicklungen der Gegenwart. Damit eröffnet die Vortragsreihe neue Perspektiven auf das »Erbe von 1989« und eine Standortbestimmung sowohl der Berliner Republik als auch des heutigen Europas.

Veranstalter der Ringvorlesung "1989 - (k)eine Zäsur?":
Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
Stiftung Berliner Mauer
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

In Kooperation mit:
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Konzeption der Ringvorlesung:

MARTIN SABROW
GERHARD SÄLTER
TILMANN SIEBENEICHNER
PETER ULRICH WEISS

Weitere Termine der Ringvorlesung:

13.11.2019   

DIETER SEGERT (Wien)
Politische Kultur im Wandel? Der Populismus in Ostmitteleuropa und seine Vorgeschichte
Ort: Humboldt-Universität

20.11.2019 

DETLEF POLLACK (Münster)
Renaissance des Religiösen? Der (Wieder-)Aufstieg der Kirchen in Mittel- und Osteuropa
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

27.11.2019 

KERSTIN BRÜCKWEH / ANJA SCHRÖTER (Erfurt / Berlin)
Recht und Gerechtigkeit: Scheidungskulturen und Eigentumsverhältnisse im Umbruch
Ort: Stiftung Berliner Mauer

04.12.2019 

HANNES GRANDITS (Berlin)
Institutionelle (Reform)-Blockaden und der Zerfall der jugoslawischen Staatsidee: Die Jahre vor und nach 1989
Ort: Humboldt-Universität

11.12.2019  

JAN C. BEHRENDS (Potsdam)
Der stille Putsch: Konturen der russischen Gegenrevolution seit den 1990er Jahren
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

18.12.2019  

ANDRÉ STEINER / ALEXANDER NÜTZENADEL / ANDREAS ECKERT (Potsdam / Berlin / Berlin)
Von der bipolaren zur globalisierten Welt: Das Ende des Staatssozialismus und die »neue Unübersichtlichkeit« internationaler Ökonomie
Ort: Stiftung Berliner Mauer

08.01.2020 

JENS GIESEKE (Potsdam)
Die ostdeutsche Volksmeinung: Wie demokratisch war die DDR-Bevölkerung?
Ort: Humboldt-Universität

15.01.2020  

DOROTHEE WIERLING / ANNETTE LEO (Hamburg / Berlin)
Familienumbrüche: Die »lange Wende« als Generationenkonflikt
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

22.01.2020 

MANDY TRÖGER / PETER ULRICH WEISS (München / Potsdam)
Mediales Erbe: Das Nachleben der DDR in Presse und Fernsehen
Ort: Stiftung Berliner Mauer

29.01.2020 

PETER BRANDT (Hagen)
Sozialismus am Ende? Metamorphosen der deutschen Linken nach 1989
Ort: Humboldt-Universität

05.02.2020 

NENAD STEFANOV (Berlin)
Zwischen Ethnos und Demos: Territorialität, kulturelle Grenzen und politische Zugehörigkeit in Ostmittel- und Südosteuropa seit 1989
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

12.02.2020

ANNA KAMINSKY / CHRISTINA MORINA  / GERHARD SÄLTER (Berlin / Jena / Berlin)
Aufarbeitung und Wissenschaft zwischen Kooperation und Konflikt
Ort: Stiftung Berliner Mauer

Veranstaltungsort

Stiftung Berliner Mauer
Bernauer Str. 119
Besucherzentrum
13355 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltungen werden in Ton und Bild dokumentiert und u.U. veröffentlicht.

Veranstaltungen

Matthias Warstat: Revolution auf der Bühne? Die Berliner Theaterlandschaft und der Systemwechsel

Ringvorlesung
Datum: 06.11.2019
Ort: Berlin | Stiftung Berliner Mauer

Zeit: 18 bis 20 Uhr 

Die Theaterlandschaften in der Bundesrepublik und in der DDR entwickelten sich nach 1949 unterschiedlich, blieben aber eng aufeinander bezogen. Beide Systeme knüpften an die seit dem 18. Jahrhundert gewachsenen Strukturen der deutschen Stadt- und Staatstheater an; beide wiesen dem Theater auf je eigene Weise einen zentralen Ort im öffentlichen Leben zu, der allerdings nicht ungefährdet blieb; und beide teilten zeitweise ein starkes Interesse an einem gesellschaftsbezogenen, ‚realistischen‘ Theater, ohne dieses Attribut allerdings in gleicher Weise zu definieren. Nicht wenige herausragende Theaterleute waren in beiden deutschen Staaten präsent. Trotz dieser Gemeinsamkeiten gestaltete sich das Zusammenwachsen der beiden Theaterlandschaften nach 1989 schwierig, wie sich am Beispiel Berlins markant zeigen lässt. Die Monate vor und nach dem Mauerfall hinterließen bei den Theaterleuten auch deshalb tiefe Spuren, weil sich angesichts von Publikumsschwund und Legitimationszwängen einmal mehr die Frage stellte, ob Theaterspielen überhaupt einen Sinn hat, wenn die Ereignisse auf der Straße dramatischer erscheinen als auf der Bühne. Im Vortrag wird der Frage nachgegangen, wie sich die Umbrüche der Jahre 1989-90 im Berliner Theater spiegelten, welche Rolle der Theaterpraxis und ihren Akteuren im Berlin der Wendezeit zukam – und ob die Theater tatsächlich zu Bühnen der ‚friedlichen Revolution‘ werden konnten.  
 

Zur Ringvorlesung:

Vor 30 Jahren wurden die kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa überwunden. Seitdem steht die Chiffre »1989« für das Wunder der friedlichen Revolution und das Versprechen demokratischer Freiheiten. Tatsächlich hat der revolutionäre Aufbruch zwar umfassende politische und gesellschaftliche Umwälzungen bewirkt. Doch langfristig wurden damit in den Ländern des ehemaligen »Ostblocks« auch Entwicklungen an-gestoßen und Bewegungen mobilisiert, die die Werte und erkämpften Rechte von damals heute wieder in Frage stellen. Dabei schrecken ihre Vertreter nicht davor zurück, für ihre An-liegen auch mit einstigem Revolutions-Vokabular zu werben.Das Jubiläum bietet die Chance einer doppelten Neuvermessung. Die Ringvorlesung diskutiert erstens »1989« als Teil einer »langen Wende« von der geteilten Welt zum geeinten Europa und zweitens als Referenzpunkt gesellschaftlicher Krisenentwicklungen der Gegenwart. Damit eröffnet die Vortragsreihe neue Perspektiven auf das »Erbe von 1989« und eine Standortbestimmung sowohl der Berliner Republik als auch des heutigen Europas.

Veranstalter der Ringvorlesung "1989 - (k)eine Zäsur?":
Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
Stiftung Berliner Mauer
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

In Kooperation mit:
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Konzeption der Ringvorlesung:

MARTIN SABROW
GERHARD SÄLTER
TILMANN SIEBENEICHNER
PETER ULRICH WEISS

Weitere Termine der Ringvorlesung:

13.11.2019   

DIETER SEGERT (Wien)
Politische Kultur im Wandel? Der Populismus in Ostmitteleuropa und seine Vorgeschichte
Ort: Humboldt-Universität

20.11.2019 

DETLEF POLLACK (Münster)
Renaissance des Religiösen? Der (Wieder-)Aufstieg der Kirchen in Mittel- und Osteuropa
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

27.11.2019 

KERSTIN BRÜCKWEH / ANJA SCHRÖTER (Erfurt / Berlin)
Recht und Gerechtigkeit: Scheidungskulturen und Eigentumsverhältnisse im Umbruch
Ort: Stiftung Berliner Mauer

04.12.2019 

HANNES GRANDITS (Berlin)
Institutionelle (Reform)-Blockaden und der Zerfall der jugoslawischen Staatsidee: Die Jahre vor und nach 1989
Ort: Humboldt-Universität

11.12.2019  

JAN C. BEHRENDS (Potsdam)
Der stille Putsch: Konturen der russischen Gegenrevolution seit den 1990er Jahren
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

18.12.2019  

ANDRÉ STEINER / ALEXANDER NÜTZENADEL / ANDREAS ECKERT (Potsdam / Berlin / Berlin)
Von der bipolaren zur globalisierten Welt: Das Ende des Staatssozialismus und die »neue Unübersichtlichkeit« internationaler Ökonomie
Ort: Stiftung Berliner Mauer

08.01.2020 

JENS GIESEKE (Potsdam)
Die ostdeutsche Volksmeinung: Wie demokratisch war die DDR-Bevölkerung?
Ort: Humboldt-Universität

15.01.2020  

DOROTHEE WIERLING / ANNETTE LEO (Hamburg / Berlin)
Familienumbrüche: Die »lange Wende« als Generationenkonflikt
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

22.01.2020 

MANDY TRÖGER / PETER ULRICH WEISS (München / Potsdam)
Mediales Erbe: Das Nachleben der DDR in Presse und Fernsehen
Ort: Stiftung Berliner Mauer

29.01.2020 

PETER BRANDT (Hagen)
Sozialismus am Ende? Metamorphosen der deutschen Linken nach 1989
Ort: Humboldt-Universität

05.02.2020 

NENAD STEFANOV (Berlin)
Zwischen Ethnos und Demos: Territorialität, kulturelle Grenzen und politische Zugehörigkeit in Ostmittel- und Südosteuropa seit 1989
Ort: Bundesstiftung Aufarbeitung

12.02.2020

ANNA KAMINSKY / CHRISTINA MORINA  / GERHARD SÄLTER (Berlin / Jena / Berlin)
Aufarbeitung und Wissenschaft zwischen Kooperation und Konflikt
Ort: Stiftung Berliner Mauer

Veranstaltungsort

Stiftung Berliner Mauer
Bernauer Str. 119
Besucherzentrum
13355 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltungen werden in Ton und Bild dokumentiert und u.U. veröffentlicht.

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