Geschichtliche Grundfragen Teil VIII: Kann man aus der Geschichte lernen?

Diskussionsreihe
Datum: 07.07.2023
Ort: Online

Zeit: 17:15 - 18:45 Uhr | Online
Eingangsstatements von: Martin Lücke (Berlin), Herfried Münkler (Berlin), Christiane Reinecke (Flensburg)
Moderation: Matthias Pohlig

Veranstalter*innen: Rüdiger Graf (ZZF Potsdam), Matthias Pohlig (Humboldt-Universität zu Berlin), Ulrike Schaper (Freie Universität Berlin)

Gegen den Topos der „historia magistra vitae“ führte bekanntlich schon Leopold Ranke aus, die Aufgabe der Geschichte als Wissenschaft bestehe weder darin, „die Vergangenheit zu richten“ noch „die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren“. Nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen Instrumentalisierungen der Geschichte zur Legitimation oftmals gewalttätiger Politik im 20. Jahrhundert sind wohl auch heute die meisten Historiker*innen eher zurückhaltend bis ablehnend, wenn es darum geht, Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart zu ziehen. Nichtsdestoweniger wird dieser Anspruch noch immer von außen an das Fach herangetragen, und eine ganze Reihe von Kolleg*innen bedienen ihn bereitwillig. Auch viele innovative Strömungen der Geschichtswissenschaft, wie die Geschlechter- oder Umweltgeschichte, rechtfertigen sich zumindest zum Teil aus dadurch, dass der Blick in die Vergangenheit das Kontingenzbewusstsein schärfen und Veränderungspotenziale stärken könne. Darüber hinaus besteht der Anspruch der Geschichtsdidaktik nicht nur darin zu erklären, wie man am besten etwas über die Geschichte, sondern auch ob und wie man etwas aus ihr lernen kann.

In der achten Diskussion unserer Reihe „Geschichtliche Grundfragen“ stellen wir daher noch einmal grundsätzlich die Frage, ob man aus der Geschichte lernen kann. Was hat unser Fach angesichts der globalen Herausforderungen von Krieg und Klimawandel sowie gesellschaftlichen Konflikten im angeblich postfaktischen Zeitalter anzubieten? Hat sich die historistische Idee, durch die Erzählung einer gemeinsamen Vergangenheit im Lichte einer erwarteten Zukunft Orientierung in der Gegenwart zu bieten, angesichts von identitätspolitischen Konflikten und einer anscheinend immer rascheren Folge von Zeitenwenden überlebt? Können und sollen wir am Anspruch des Lernens aus der Geschichte festhalten und müssen wir es vielleicht auch, wenn wir in der Fächerkonkurrenz um knappe Ressourcen nicht unterliegen wollen?

Zur Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen": 

Mit den sozial-, geschlechter-, kultur- und globalgeschichtlichen Erweiterungen der Geschichtswissenschaft vor allem seit den 1970er Jahren sind ihre Themen vielfältiger, die theoretischen Ansätze und Methoden pluraler und Forschungsdesigns multiperspektivischer geworden. Dementsprechend hat die Komplexität des Fachs zugenommen, das heute in seiner Vielgestaltigkeit gerade auch über die Epochengrenzen hinweg kaum noch zu überblicken ist. Angesichts dieser Pluralisierung scheinen die Konturen der Geschichtswissenschaft zu verschwimmen, was von den einen als „anything goes“ beklagt und von anderen als notwendige Diversitätssteigerung begrüßt wird. Unserer Ansicht nach stellen sich aber auch angesichts der Vervielfältigung von Perspektiven, Zugängen und Quellenkorpora auf einer ganz basalen Ebene des historischen Arbeitens noch immer gleiche oder zumindest ähnliche Grundfragen:  Was ist eine gute historische Frage? Gibt eine Einheit der Geschichte oder nur partiale Geschichten? Wie politisch kann, darf und muss Geschichte sein? Ist historische Erkenntnis objektiv? Wie sollen die räumlichen und zeitlichen Bezüge unserer Forschungen gestaltet sein?

Die Eingangsstatements der vergangenen sieben Themendiskussionen der Reihe seit dem Wintersemester 2021/22 finden Sie auf zeitgeschichte | online

Veranstaltungsort

Online via Zoom
https://us06web.zoom.us/j/81185791786?pwd=cmhaM0VPR2gxcHgzTGVJRjQyZngyZz09

Meeting-ID: 811 8579 1786
Kenncode: 843140

Kontakt und Anmeldung

Kontakt für das ZZF:
Rüdiger Graf
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam

Tel.: 0331/74510-129
Fax: 0331/74510-143

E-Mail: graf [at] zzf-potsdam.de

Veranstaltungen

Geschichtliche Grundfragen Teil VIII: Kann man aus der Geschichte lernen?

Diskussionsreihe
Datum: 07.07.2023
Ort: Online

Zeit: 17:15 - 18:45 Uhr | Online
Eingangsstatements von: Martin Lücke (Berlin), Herfried Münkler (Berlin), Christiane Reinecke (Flensburg)
Moderation: Matthias Pohlig

Veranstalter*innen: Rüdiger Graf (ZZF Potsdam), Matthias Pohlig (Humboldt-Universität zu Berlin), Ulrike Schaper (Freie Universität Berlin)

Gegen den Topos der „historia magistra vitae“ führte bekanntlich schon Leopold Ranke aus, die Aufgabe der Geschichte als Wissenschaft bestehe weder darin, „die Vergangenheit zu richten“ noch „die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren“. Nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen Instrumentalisierungen der Geschichte zur Legitimation oftmals gewalttätiger Politik im 20. Jahrhundert sind wohl auch heute die meisten Historiker*innen eher zurückhaltend bis ablehnend, wenn es darum geht, Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart zu ziehen. Nichtsdestoweniger wird dieser Anspruch noch immer von außen an das Fach herangetragen, und eine ganze Reihe von Kolleg*innen bedienen ihn bereitwillig. Auch viele innovative Strömungen der Geschichtswissenschaft, wie die Geschlechter- oder Umweltgeschichte, rechtfertigen sich zumindest zum Teil aus dadurch, dass der Blick in die Vergangenheit das Kontingenzbewusstsein schärfen und Veränderungspotenziale stärken könne. Darüber hinaus besteht der Anspruch der Geschichtsdidaktik nicht nur darin zu erklären, wie man am besten etwas über die Geschichte, sondern auch ob und wie man etwas aus ihr lernen kann.

In der achten Diskussion unserer Reihe „Geschichtliche Grundfragen“ stellen wir daher noch einmal grundsätzlich die Frage, ob man aus der Geschichte lernen kann. Was hat unser Fach angesichts der globalen Herausforderungen von Krieg und Klimawandel sowie gesellschaftlichen Konflikten im angeblich postfaktischen Zeitalter anzubieten? Hat sich die historistische Idee, durch die Erzählung einer gemeinsamen Vergangenheit im Lichte einer erwarteten Zukunft Orientierung in der Gegenwart zu bieten, angesichts von identitätspolitischen Konflikten und einer anscheinend immer rascheren Folge von Zeitenwenden überlebt? Können und sollen wir am Anspruch des Lernens aus der Geschichte festhalten und müssen wir es vielleicht auch, wenn wir in der Fächerkonkurrenz um knappe Ressourcen nicht unterliegen wollen?

Zur Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen": 

Mit den sozial-, geschlechter-, kultur- und globalgeschichtlichen Erweiterungen der Geschichtswissenschaft vor allem seit den 1970er Jahren sind ihre Themen vielfältiger, die theoretischen Ansätze und Methoden pluraler und Forschungsdesigns multiperspektivischer geworden. Dementsprechend hat die Komplexität des Fachs zugenommen, das heute in seiner Vielgestaltigkeit gerade auch über die Epochengrenzen hinweg kaum noch zu überblicken ist. Angesichts dieser Pluralisierung scheinen die Konturen der Geschichtswissenschaft zu verschwimmen, was von den einen als „anything goes“ beklagt und von anderen als notwendige Diversitätssteigerung begrüßt wird. Unserer Ansicht nach stellen sich aber auch angesichts der Vervielfältigung von Perspektiven, Zugängen und Quellenkorpora auf einer ganz basalen Ebene des historischen Arbeitens noch immer gleiche oder zumindest ähnliche Grundfragen:  Was ist eine gute historische Frage? Gibt eine Einheit der Geschichte oder nur partiale Geschichten? Wie politisch kann, darf und muss Geschichte sein? Ist historische Erkenntnis objektiv? Wie sollen die räumlichen und zeitlichen Bezüge unserer Forschungen gestaltet sein?

Die Eingangsstatements der vergangenen sieben Themendiskussionen der Reihe seit dem Wintersemester 2021/22 finden Sie auf zeitgeschichte | online

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Rüdiger Graf
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Am Neuen Markt 1
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Fax: 0331/74510-143

E-Mail: graf [at] zzf-potsdam.de

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