Claudia Weber: Feindbild und Partnerschaft. Die Geburt von Russlandverständnis und Bolschewistenfurcht in der Weimarer Republik

Öffentliche Abendveranstaltung
Datum: 11.02.2019
Ort: Berlin

Zeit: 18.15 – 19.45 Uhr
Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung "Weimars Wirkung. Das Nachleben der ersten deutschen Republik"

Referentin: Claudia Weber (Frankfurt/O.)
Moderation: Jan C. Behrends (Potsdam)

Die Ambivalenz aus politischer Nähe und ideologischer Distanz, aus Freundschaft und Feindschaft, gilt als Charakteristikum der deutsch-sowjetischen Beziehungen in der Weimarer Republik. Während Politiker nach 1923 den so genannten Geist von Rapallo mit Leben füllten und Reichswehroffiziere mit Generälen der Roten Armee Militärstütz- punkte aufbauten, schossen sich Kommunisten und Nationalsozialisten, wie Erich Kästners Held Fabian beobachtete, „Reservelöcher in die entlegensten Körperteile“. Dass die Kontrahenten danach in den Zuchthäusern Weimars über den Sturz der verhassten Republik brüteten, ist kaum bekannt, auch wenn Karl Radeks „Moabiter Salon“ mittlerweile zum Inventar der roaring twenties gehört.
Der Vortrag diskutiert vertraute und weniger vertraute Episoden einer schillernden, misstrauisch beäugten und doch für beide Staaten vorteilhaften Beziehung, die, so das Argument, gut funktionierte, weil sie auch vor ideologischen Schranken nicht Halt machte. Stalin konnte sich lange auf die deutsche Rechte verlassen, die seine nationale Revolution bewunderte. Selbst der Machtantritt Hitlers im Januar 1933 bedeutete nicht das Ende dieser wirkmächtigen historischen Verstrickung der Weimarer Republik.

Claudia Weber, 1969 geboren, ist Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/ Oder. Zu ihren Veröffentlichungen gehören Auf der Suche nach der Nation. Erinne- rungskultur in Bulgarien 1878–1944 (2006) und Krieg der Täter. Die Massen- erschießungen von Katyń (2015). Zuletzt erschien der Aufsatz Disturbing Memories: Coming to Terms with the Stalinist History of Europe (2018).

Jan C. Behrends, 1969 geboren, ist Projektleiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Lehrbeauftragter für neueste und osteuropäische Geschichte an der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin

Die Ringvorlesung:

Fast drei Jahrzehnte nach der deutsch-deutschen Vereinigung verdient die Weimarer Republik zum hundertjährigen Jubiläum ihrer Entstehung neue Aufmerksamkeit. Die Ringvorlesung diskutiert die verpassten Chancen und die strukturellen Defizite, fragt aber auch nach langfristigen und womöglich bis heute anhaltenden Wirkungen der ersten deutschen Republik. Gegenüber einer Verengung des Blicks auf die vielbeschworenen „Weimarer Verhältnisse“ als Vorspiel zu den Ereignissen nach 1933 unternimmt die Ringvorlesung einen doppelten Perspektivwechsel: Einerseits fragt sie nach der Eigenart und dem Stellenwert der ersten deutschen Republik innerhalb der längeren Geschichte, andererseits sucht sie die Bedeutung der mit „Weimar“ verbundenen Kultur des Politischen für ihre Nachgeschichte bis in die Gegenwart zu erörtern.

Flyer mit allen Terminen der Reihe (pdf)

 

Veranstalter:

Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 
Stiftung Topographie des Terrors Berlin
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

in Kooperation mit:

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Deutsches Historisches Museum Berlin

 

Weitere Termine der Reihe:

29.04.2019

Michael Wildt (Berlin)
Die „Volksgemeinschaft“ als Antwort auf die fragmentierte Republik von Weimar

(Topographie des Terrors)

 

13.05.2019

Andreas Nachama (Berlin)
Die Entwicklung der NSDAP von einer völkischen Bewegung zu einer modernen Volkspartei

(Zeughauskino im DHM)

 

27.05.2019

Frank Bösch (Potsdam)
Sehnsucht nach Einheit: Weimars Erbe in der politischen Kultur der Bundesrepublik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

17.06.2019

Andreas Wirsching (München)
Weimar als politisches Argument

(Topographie des Terrors)

 

01.07.2019

Gerd Koenen (Frankfurt am Main)
Das Erbe der Spaltung. Die Linke in Ost und West zwischen Totalitarismus und Demokratie

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

15.07.2019

Peter C. Caldwell (Houston)
Weimar Ausstellen. Die erste deutsche Republik und ihre Musealisierung

(Zeughauskino im DHM)

Veranstaltungsort

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Kronenstraße 5, 10117 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei und ohne Anmeldung möglich.

Veranstaltungen

Claudia Weber: Feindbild und Partnerschaft. Die Geburt von Russlandverständnis und Bolschewistenfurcht in der Weimarer Republik

Öffentliche Abendveranstaltung
Datum: 11.02.2019
Ort: Berlin

Zeit: 18.15 – 19.45 Uhr
Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung "Weimars Wirkung. Das Nachleben der ersten deutschen Republik"

Referentin: Claudia Weber (Frankfurt/O.)
Moderation: Jan C. Behrends (Potsdam)

Die Ambivalenz aus politischer Nähe und ideologischer Distanz, aus Freundschaft und Feindschaft, gilt als Charakteristikum der deutsch-sowjetischen Beziehungen in der Weimarer Republik. Während Politiker nach 1923 den so genannten Geist von Rapallo mit Leben füllten und Reichswehroffiziere mit Generälen der Roten Armee Militärstütz- punkte aufbauten, schossen sich Kommunisten und Nationalsozialisten, wie Erich Kästners Held Fabian beobachtete, „Reservelöcher in die entlegensten Körperteile“. Dass die Kontrahenten danach in den Zuchthäusern Weimars über den Sturz der verhassten Republik brüteten, ist kaum bekannt, auch wenn Karl Radeks „Moabiter Salon“ mittlerweile zum Inventar der roaring twenties gehört.
Der Vortrag diskutiert vertraute und weniger vertraute Episoden einer schillernden, misstrauisch beäugten und doch für beide Staaten vorteilhaften Beziehung, die, so das Argument, gut funktionierte, weil sie auch vor ideologischen Schranken nicht Halt machte. Stalin konnte sich lange auf die deutsche Rechte verlassen, die seine nationale Revolution bewunderte. Selbst der Machtantritt Hitlers im Januar 1933 bedeutete nicht das Ende dieser wirkmächtigen historischen Verstrickung der Weimarer Republik.

Claudia Weber, 1969 geboren, ist Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/ Oder. Zu ihren Veröffentlichungen gehören Auf der Suche nach der Nation. Erinne- rungskultur in Bulgarien 1878–1944 (2006) und Krieg der Täter. Die Massen- erschießungen von Katyń (2015). Zuletzt erschien der Aufsatz Disturbing Memories: Coming to Terms with the Stalinist History of Europe (2018).

Jan C. Behrends, 1969 geboren, ist Projektleiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Lehrbeauftragter für neueste und osteuropäische Geschichte an der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin

Die Ringvorlesung:

Fast drei Jahrzehnte nach der deutsch-deutschen Vereinigung verdient die Weimarer Republik zum hundertjährigen Jubiläum ihrer Entstehung neue Aufmerksamkeit. Die Ringvorlesung diskutiert die verpassten Chancen und die strukturellen Defizite, fragt aber auch nach langfristigen und womöglich bis heute anhaltenden Wirkungen der ersten deutschen Republik. Gegenüber einer Verengung des Blicks auf die vielbeschworenen „Weimarer Verhältnisse“ als Vorspiel zu den Ereignissen nach 1933 unternimmt die Ringvorlesung einen doppelten Perspektivwechsel: Einerseits fragt sie nach der Eigenart und dem Stellenwert der ersten deutschen Republik innerhalb der längeren Geschichte, andererseits sucht sie die Bedeutung der mit „Weimar“ verbundenen Kultur des Politischen für ihre Nachgeschichte bis in die Gegenwart zu erörtern.

Flyer mit allen Terminen der Reihe (pdf)

 

Veranstalter:

Lehrstuhl für Neueste und Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 
Stiftung Topographie des Terrors Berlin
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

in Kooperation mit:

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Deutsches Historisches Museum Berlin

 

Weitere Termine der Reihe:

29.04.2019

Michael Wildt (Berlin)
Die „Volksgemeinschaft“ als Antwort auf die fragmentierte Republik von Weimar

(Topographie des Terrors)

 

13.05.2019

Andreas Nachama (Berlin)
Die Entwicklung der NSDAP von einer völkischen Bewegung zu einer modernen Volkspartei

(Zeughauskino im DHM)

 

27.05.2019

Frank Bösch (Potsdam)
Sehnsucht nach Einheit: Weimars Erbe in der politischen Kultur der Bundesrepublik

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

17.06.2019

Andreas Wirsching (München)
Weimar als politisches Argument

(Topographie des Terrors)

 

01.07.2019

Gerd Koenen (Frankfurt am Main)
Das Erbe der Spaltung. Die Linke in Ost und West zwischen Totalitarismus und Demokratie

(Bundesstiftung Aufarbeitung)

 

15.07.2019

Peter C. Caldwell (Houston)
Weimar Ausstellen. Die erste deutsche Republik und ihre Musealisierung

(Zeughauskino im DHM)

Veranstaltungsort

Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Kronenstraße 5, 10117 Berlin

Kontakt und Anmeldung

Der Eintritt zu allen Vortragsterminen der Reihe ist frei und ohne Anmeldung möglich.

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