Jens Beckmann schließt Promotion zum Thema "Selbstverwaltung im Industriebetrieb" ab

06.07.2017

Jens Beckmann hat am 28. Juni 2017 seine Promotion an der Universität Potsdam mit der Note "magna cum laude" abgeschlossen. In seiner Dissertationsschrift mit dem Titel „Selbstverwaltung im Industriebetrieb – das Uhrenunternehmen LIP in Besançon in den 1970er und 1980er Jahren“ – zeigt er, welche Rolle die Selbstverwaltung als politische Konjunktur und konkrete Praxis in diesem umkämpften Betrieb spielte.

Nachdem die Beschäftigten ihre Fabrik LIP als Reaktion auf eine Konkursanmeldung im Jahr 1973 besetzt hatten, produzierten und verkauften sie Armbanduhren als Mittel des Arbeitskampfes. Ihr Motto „On fabrique, on vend, on se paie“ wurde zum Sinnbild eines "Selbstverwaltungskonflikts". Das Unternehmen ging aber 1976 wieder in Konkurs, es folgte eine zweite, lange Betriebsbesetzung. Ab 1977 gründeten die LIP-Arbeiterinnen und -Arbeiter schließlich mehrere Produktionsgenossenschaften.

Belegschaftsübernahmen entwickelten sich in Frankreich seit Ende der 1970er Jahre zu einem pragmatisch angewandten Mittel für den Arbeitsplatzerhalt. Die Beschäftigten von LIP aber hegten teilweise hohe Erwartungen an die Umgestaltung ihres Arbeitsalltags. Sie hatten während der Betriebsbesetzungen eine größere Selbstbestimmung, verringerte Arbeitszeiten und basisdemokratische Entscheidungsprozesse erlebt. Ihre Geschäftsführer dagegen, so Beckmann, nahmen die Schlagworte der bei LIP Mitte der 1970er Jahre präsenten "progressiven" Unternehmerschaft wieder auf. Die Dissertation zeigt dennoch einige der Grenzen auf, an die die Durchsetzung neuer Flexibilitätsnormen stieß. Den Beschäftigten nach einem Konkurs ihre Löhne vorzuenthalten wie es bei LIP 1973 geschehen war, wurde in den 1980er Jahren nicht mehr hingenommen. Schließlich trugen die Auseinandersetzungen der LIP-Arbeiterinnen und -Arbeiter zur vorerst letzten Ausbauphase des französischen Wohlfahrtsstaats bei.

Die Dissertation wurde von Prof. Dr. André Steiner (ZZF Potsdam/Universität Potsdam) betreut. Zweitgutachterin war Prof. Dr. Gabriele Metzler (Humboldt-Universität zu Berlin). Jens Beckmann war Doktorand in der ZZF-Forschungsabteilung II "Geschichte des Wirtschaftens". Seine Promotionsschrift entstand im Rahmen des von Dr. Anne Sudrow geleiteten Forschungsprojekts "Selbstverwaltete Industrieunternehmen Westeuropas in den 1970er und 1980er Jahren". Sie wurde von der Stiftung Bildung und Wissenschaft gefördert.

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Jens Beckmann schließt Promotion zum Thema "Selbstverwaltung im Industriebetrieb" ab

06.07.2017

Jens Beckmann hat am 28. Juni 2017 seine Promotion an der Universität Potsdam mit der Note "magna cum laude" abgeschlossen. In seiner Dissertationsschrift mit dem Titel „Selbstverwaltung im Industriebetrieb – das Uhrenunternehmen LIP in Besançon in den 1970er und 1980er Jahren“ – zeigt er, welche Rolle die Selbstverwaltung als politische Konjunktur und konkrete Praxis in diesem umkämpften Betrieb spielte.

Nachdem die Beschäftigten ihre Fabrik LIP als Reaktion auf eine Konkursanmeldung im Jahr 1973 besetzt hatten, produzierten und verkauften sie Armbanduhren als Mittel des Arbeitskampfes. Ihr Motto „On fabrique, on vend, on se paie“ wurde zum Sinnbild eines "Selbstverwaltungskonflikts". Das Unternehmen ging aber 1976 wieder in Konkurs, es folgte eine zweite, lange Betriebsbesetzung. Ab 1977 gründeten die LIP-Arbeiterinnen und -Arbeiter schließlich mehrere Produktionsgenossenschaften.

Belegschaftsübernahmen entwickelten sich in Frankreich seit Ende der 1970er Jahre zu einem pragmatisch angewandten Mittel für den Arbeitsplatzerhalt. Die Beschäftigten von LIP aber hegten teilweise hohe Erwartungen an die Umgestaltung ihres Arbeitsalltags. Sie hatten während der Betriebsbesetzungen eine größere Selbstbestimmung, verringerte Arbeitszeiten und basisdemokratische Entscheidungsprozesse erlebt. Ihre Geschäftsführer dagegen, so Beckmann, nahmen die Schlagworte der bei LIP Mitte der 1970er Jahre präsenten "progressiven" Unternehmerschaft wieder auf. Die Dissertation zeigt dennoch einige der Grenzen auf, an die die Durchsetzung neuer Flexibilitätsnormen stieß. Den Beschäftigten nach einem Konkurs ihre Löhne vorzuenthalten wie es bei LIP 1973 geschehen war, wurde in den 1980er Jahren nicht mehr hingenommen. Schließlich trugen die Auseinandersetzungen der LIP-Arbeiterinnen und -Arbeiter zur vorerst letzten Ausbauphase des französischen Wohlfahrtsstaats bei.

Die Dissertation wurde von Prof. Dr. André Steiner (ZZF Potsdam/Universität Potsdam) betreut. Zweitgutachterin war Prof. Dr. Gabriele Metzler (Humboldt-Universität zu Berlin). Jens Beckmann war Doktorand in der ZZF-Forschungsabteilung II "Geschichte des Wirtschaftens". Seine Promotionsschrift entstand im Rahmen des von Dr. Anne Sudrow geleiteten Forschungsprojekts "Selbstverwaltete Industrieunternehmen Westeuropas in den 1970er und 1980er Jahren". Sie wurde von der Stiftung Bildung und Wissenschaft gefördert.

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