Wege in die digitale Gesellschaft. Computer und Gesellschaftswandel seit den 1950er Jahren
Die Etablierung des Computers zählt zu den wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen der jüngeren Zeitgeschichte. Bereits seit den 1950er Jahren setzten große Unternehmen, Behörden und das Militär Computer ein. Schon die Zeitgenossen diskutierten intensiv die Folgen der Computerisierung und bewerteten sie als einen tiefgreifenden Umbruch. Dennoch hat sich die Zeitgeschichtsforschung bislang kaum mit den Folgen der digitalen Veränderungen beschäftigt.
Die Tagung fragt nach den Verbindungen zwischen dem digitalen und sozialen Wandel. Sie untersucht die Wahrnehmungen, Gebrauchsweisen und die gesellschaftlichen Folgen der Computernutzung vor dem Internetzeitalter. Klassische Themen der Zeitgeschichtsforschung, wie die Geschichte der Arbeit, des Wohlfahrtsstaats und des Bankenwesens, der polizeilichen Überwachung oder des subversiven Protests, werden so neu perspektiviert.
Einen Schwerpunkt der Tagung bildet die Frage, auf welche Weise die digitale Datenverarbeitung Kontroll- und Machtgefüge veränderte. Dabei wird neben der Bundesrepublik auch die Computernutzung in der DDR betrachtet, um spezifisch sozialistische Entwicklungen und Interaktionen mit dem Westen auszumachen.
Tagungsbericht vom 9. Juni 2017 auf H-SOZ-U-KULT von Marcel Schmeer (Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum)
PROGRAMM
DONNERSTAG, 30. MÄRZ 2017
10.00 Uhr Zeithistorische Perspektiven auf die Computerisierung
Moderation: Jürgen Danyel (ZZF Potsdam)
Frank Bösch (ZZF Potsdam): Computer und Gesellschaftswandel im geteilten Deutschland
David Gugerli (ETH Zürich): Wie die Welt in den Computer kam
11.30 Uhr Kaffeepause
12.00 Uhr Digitale Kontrolle und Vernetzung
Moderation: Gerhard Sälter (GDS Berliner Mauer)
Constantin Goschler (Bochum): Sicherheit, Demokratie und Transparenz. NADIS, HYDRA und die Anfänge der elektronischen Datenverbundsysteme in der BRD und den USA
Rüdiger Bergien (ZZF Potsdam): Totale Erfassung durch Vernetzung? Informationsverbünde zwischen (Geheim )Polizei und Verwaltung in der Bundesrepublik und DDR, 1970–1990
Kommentar: Klaus-Dietmar Henke (Berlin)
13.30 Uhr Mittagspause (Buffet im ZZF)
14.30 Uhr Sicherheitsstrukturen
Moderation: Debora Gerstenberger (FU Berlin)
Hannes Mangold (ETH Zürich): Kontrolle und Konspiration. Zur soziotechnischen Transformation der Sicherheit im digitalen Wandel
Janine Funke (ZZF Potsdam): "Revolution of Military Affairs?" - Elektronische Datenverarbeitung im deutschen Militär der 1960er/1970er Jahre
Kommentar: Klaus Weinhauer (Bielefeld)
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Die Digitalisierung des Verwaltungshandelns
Moderation/Kommentar: Winfried Süß (ZZF Potsdam)
Lawrence Frohman (New York): Wirtschaftlichkeit, Transparenz, und Kontrolle: Die Computerisierung im Gesundheitswesen zwischen Kostenexplosion und Arzt-Patient (Fehl-)Verhalten
Thomas Kasper (ZZF Potsdam): „Licht im Rentendunkel“. Der Einfluss der elektronischen Datenverarbeitung auf die bundesdeutsche Rentenreform von 1972
Paul Erker (München): Digitalisierung in der kommunalen Versorgung: Die Stadtwerke München
19.00 Uhr Abendessen
20.00 Uhr Abendvortrag
Martina Heßler (Hamburg): Fischdose, Monster, Gegner und Freund. Ambivalenzen der digitalen Schachkultur seit den 1970er Jahren
Freitag, 31. März
9.00 Die Digitalisierung der Finanzwirtschaft
Moderation: Ralf Ahrens (ZZF Potsdam)
Martin Schmitt (ZZF Potsdam): Vernetzung. Elektronische Zahlungsverkehrsnetzwerke in den Sparkassen der BRD und der DDR, 1975–1989
Sebastian Gießmann (Siegen): Eine Kreditkarte für Europa? Der Fall der EUROCARD, 1977–1985
Kommentar: Christian Henrich-Franke (Siegen)
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Computer und der Wandel der Industriearbeit
Moderation/Kommentar: Annette Schuhmann (ZZF Potsdam)
Michael Homberg (Köln): Die „Revolution“ und ihre Kinder. Arbeiten in der IT-Industrie
Kim Priemel (Oslo): “The Empire Strikes Back”? Der Computer als multiple Innovation und die industriellen Arbeitsbeziehungen in der Druckindustrie
12.30 Uhr Mittagspause (Buffet im ZZF)
13.30 Computerkulturen als Netzwerke und soziale
Moderation/Kommentar: Sven Reichardt (Konstanz)
Julia Erdogan (ZZF Potsdam): Technologie, die verbindet. Die Entstehung von Hackerkulturen in Deutschland
Matthias Röhr (FZH Hamburg): Pioniere digitaler Kommunikation: Die Mailbox-Szene und die Deutsche Bundespost in den 1980er Jahren
Gleb Albert (Universität Zürich): Cracker, Softwarepiraten und neue Märkte: Die Globalisierung einer Subkultur, 1985-1995
15.30 Uhr Pause
16.00-16.45 Uhr Abschlussdiskussion
Impulsreferate:
Ulf Hashagen (Deutsches Museum München)
Axel Schildt (FZH Hamburg)
Pressespiegel zur Konferenz:
Die sozialen Medien haben alle überrumpelt, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 29.03.2017
Die Digitalisierung ist längst Geschichte, in: Märkische Allgemeine Zeitung, 01.04.2017
Veranstaltungsort
Zentrum für Zeithistorische Forschung
Am Neuen Markt 9d
14467 Potsdam
Kontakt und Anmeldung
Wir bitten um Anmeldung bis zum 23. März 2017 ausschließlich an:
Judith Koettnitz
Zentrum für Zeithistorische Forschung
Telefon: +49 (0)331 289 91 56
E-Mail: koettnitz [at] zzf-potsdam.de