Heimat DDR? Parteiherrschaft und Eigen-Sinn in der DDR-Provinz

Förderverein
Datum: 22.06.2016
Ort: Potsdam

18.00 - 20:00 Uhr

Podiumsdiskussion mit den Buchautor/inn/en Dr. Andrea Bahr (Potsdam)
und Prof. Dr. Jan Palmowski (Warwick/UK) 
sowie dem Schriftsteller Landolf Scherzer (Dietzhausen)
Moderation: Verleger Dr. Christoph Links (Berlin) 

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion laden der Verein der Freunde und 
Förderer des ZZF und der Ch. Links Verlag zu einem kleinen Umtrunk ein. 

Wer den Alltag in der DDR verstehen will, muss sich in die Provinz begeben, in die Kreisstädte und auf das Land. Dort mussten SED-Funktionäre mit eigensinnigen Bürgern und Bürgerinnen zurechtkommen und umgekehrt. Wie Parteiherrschaft vor Ort funktionierte, und wie die DDR-Bürger trotz ihrer Distanz zum SED-Staat eine eigene 
DDR-Identität entwickelten, davon handeln die vorzustellenden Bücher: 

Andrea Bahr 
Parteiherrschaft vor Ort. Die SED-Kreisleitung Brandenburg 1961-1989
Reihe „Kommunismus und Gesellschaft“ 
Bd. 3, Berlin: Ch. Links Verlag 2016 

Obwohl schon tausende Bücher über die diktatorische Politik der SED-Führung geschrieben worden sind, wissen wir immer noch erstaunlich wenig über das Innenleben dieser Staatspartei, der neben gut zwei Millionen einfachen Mitgliedern auch über 44.000 hauptamtliche Funktionäre angehörten. 9.000 von ihnen repräsentierten und organisierten die sozialistische Diktatur vor Ort. Obwohl sie an der wichtigen Schnittstelle zwischen dem Regime und den Bürgern standen, war bislang unbekannt, wie der Arbeitsalltag der »Kreisfürsten« und ihrer lokalen Parteiapparate aussah. Andrea Bahr untersucht in ihrem Buch die Herrschaftspraxis der SED-Funktionäre im Kreis Brandenburg/Havel. Der Blick hinter die Kulissen des örtlichen Partieapparats fördert erstaunliche Denk- und Handlungsstrukturen zu Tage: Die »Kreisfürsten« waren keineswegs nur örtliche Vollstrecker der Diktatur, das Gelingen der Herrschafts-Arbeit hing genauso von Verhandlungsgeschick und Improvisation im Umgang mit den eigensinnigen DDR-Bürgern ab. 

Jan Palmowski 
Die Erfindung der sozialistischen Nation. Heimat und Politik im DDR-Alltag. 
Aus dem Englischen von Marcel Streng 
Reihe „Kommunismus und Gesellschaft“ 
Bd. 4, Berlin: Ch. Links Verlag 2016 

Wie konnte ein scheinbar so stabiles Gemeinwesen wie die DDR so plötzlich in sich zusammenfallen? Mehr als ein Vierteljahrhundert nach ihrem Ende bleibt dies immer noch eine der am schwierigsten zu beantwortenden Fragen zur Geschichte der DDR. Jan Palmowskis Studie handelt davon, wie das SED-Regime in der DDR eine eigene 'nationale' Identität erfand und wie ihre Bürgerinnen und Bürger mit dieser umgingen. Den meisten fiel es schwer, sich mit der DDR zu identifizieren. Sie lernten aber ihre eigene Distanz zum Regime unter einer Maske regelkonformer Bekenntnisse zur sozialistischen Nation zu verbergen und trugen so bis 1989 zur Stabilität der Parteiherrschaft bei. Als dann die Revolution kam, erlaubten ihnen ihre eigen-sinnigen Identitäten sich mit erstaunlicher Leichtigkeit ihrer ungeliebten „Nation“, der DDR, zu entledigen. Jan Palmowskis 2009 auf Englisch erschienene und vielbeachtete Pionierstudie liegt hier erstmals in einer deutschen Übersetzung vor. 

Der Schriftsteller Landolf Scherzer wird die beiden Neuerscheinungen vorstellen. Landolf Scherzer ist ein scharfsinniger und zugleich einfühlsamer literarischer Beobachter der ostdeutschen Gesellschaft vor und nach der deutschen Vereinigung. 1988, also noch zu DDR-Zeiten, veröffentlichte er eine aufsehenerregende Reportage über den Funktionärsalltag in der SED-Kreisleitung Bad Salzungen. „Der Erste“ (das ist der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung) gilt noch heute als eine der besten Beschreibungen der alltäglichen Niederungen des „realexistierenden Sozialismus“ in der DDR. In zahlreichen weiteren Reportagen beschrieb Scherzer ungeschönt Realitäten in der DDR wie im vereinigten Deutschland, aber auch seine Eindrücke von zahlreichen Reisen in Osteuropa und anderen Weltregionen.

Eine Veranstaltung des Vereins der Freunde und Förderer des ZZF e.V., des Ch. Links Verlags und des Zentrums für Zeithistosiche Forschung e.V. 

Veranstaltungsort

Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Bibliotheksgebäude
Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam

Kontakt und Anmeldung

Eintritt frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich

Die Veranstaltung richtet sich an Wissenschaftler/innen und an die interessierte Öffentlichkeit.

Veranstaltungen

Heimat DDR? Parteiherrschaft und Eigen-Sinn in der DDR-Provinz

Förderverein
Datum: 22.06.2016
Ort: Potsdam

18.00 - 20:00 Uhr

Podiumsdiskussion mit den Buchautor/inn/en Dr. Andrea Bahr (Potsdam)
und Prof. Dr. Jan Palmowski (Warwick/UK) 
sowie dem Schriftsteller Landolf Scherzer (Dietzhausen)
Moderation: Verleger Dr. Christoph Links (Berlin) 

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion laden der Verein der Freunde und 
Förderer des ZZF und der Ch. Links Verlag zu einem kleinen Umtrunk ein. 

Wer den Alltag in der DDR verstehen will, muss sich in die Provinz begeben, in die Kreisstädte und auf das Land. Dort mussten SED-Funktionäre mit eigensinnigen Bürgern und Bürgerinnen zurechtkommen und umgekehrt. Wie Parteiherrschaft vor Ort funktionierte, und wie die DDR-Bürger trotz ihrer Distanz zum SED-Staat eine eigene 
DDR-Identität entwickelten, davon handeln die vorzustellenden Bücher: 

Andrea Bahr 
Parteiherrschaft vor Ort. Die SED-Kreisleitung Brandenburg 1961-1989
Reihe „Kommunismus und Gesellschaft“ 
Bd. 3, Berlin: Ch. Links Verlag 2016 

Obwohl schon tausende Bücher über die diktatorische Politik der SED-Führung geschrieben worden sind, wissen wir immer noch erstaunlich wenig über das Innenleben dieser Staatspartei, der neben gut zwei Millionen einfachen Mitgliedern auch über 44.000 hauptamtliche Funktionäre angehörten. 9.000 von ihnen repräsentierten und organisierten die sozialistische Diktatur vor Ort. Obwohl sie an der wichtigen Schnittstelle zwischen dem Regime und den Bürgern standen, war bislang unbekannt, wie der Arbeitsalltag der »Kreisfürsten« und ihrer lokalen Parteiapparate aussah. Andrea Bahr untersucht in ihrem Buch die Herrschaftspraxis der SED-Funktionäre im Kreis Brandenburg/Havel. Der Blick hinter die Kulissen des örtlichen Partieapparats fördert erstaunliche Denk- und Handlungsstrukturen zu Tage: Die »Kreisfürsten« waren keineswegs nur örtliche Vollstrecker der Diktatur, das Gelingen der Herrschafts-Arbeit hing genauso von Verhandlungsgeschick und Improvisation im Umgang mit den eigensinnigen DDR-Bürgern ab. 

Jan Palmowski 
Die Erfindung der sozialistischen Nation. Heimat und Politik im DDR-Alltag. 
Aus dem Englischen von Marcel Streng 
Reihe „Kommunismus und Gesellschaft“ 
Bd. 4, Berlin: Ch. Links Verlag 2016 

Wie konnte ein scheinbar so stabiles Gemeinwesen wie die DDR so plötzlich in sich zusammenfallen? Mehr als ein Vierteljahrhundert nach ihrem Ende bleibt dies immer noch eine der am schwierigsten zu beantwortenden Fragen zur Geschichte der DDR. Jan Palmowskis Studie handelt davon, wie das SED-Regime in der DDR eine eigene 'nationale' Identität erfand und wie ihre Bürgerinnen und Bürger mit dieser umgingen. Den meisten fiel es schwer, sich mit der DDR zu identifizieren. Sie lernten aber ihre eigene Distanz zum Regime unter einer Maske regelkonformer Bekenntnisse zur sozialistischen Nation zu verbergen und trugen so bis 1989 zur Stabilität der Parteiherrschaft bei. Als dann die Revolution kam, erlaubten ihnen ihre eigen-sinnigen Identitäten sich mit erstaunlicher Leichtigkeit ihrer ungeliebten „Nation“, der DDR, zu entledigen. Jan Palmowskis 2009 auf Englisch erschienene und vielbeachtete Pionierstudie liegt hier erstmals in einer deutschen Übersetzung vor. 

Der Schriftsteller Landolf Scherzer wird die beiden Neuerscheinungen vorstellen. Landolf Scherzer ist ein scharfsinniger und zugleich einfühlsamer literarischer Beobachter der ostdeutschen Gesellschaft vor und nach der deutschen Vereinigung. 1988, also noch zu DDR-Zeiten, veröffentlichte er eine aufsehenerregende Reportage über den Funktionärsalltag in der SED-Kreisleitung Bad Salzungen. „Der Erste“ (das ist der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung) gilt noch heute als eine der besten Beschreibungen der alltäglichen Niederungen des „realexistierenden Sozialismus“ in der DDR. In zahlreichen weiteren Reportagen beschrieb Scherzer ungeschönt Realitäten in der DDR wie im vereinigten Deutschland, aber auch seine Eindrücke von zahlreichen Reisen in Osteuropa und anderen Weltregionen.

Eine Veranstaltung des Vereins der Freunde und Förderer des ZZF e.V., des Ch. Links Verlags und des Zentrums für Zeithistosiche Forschung e.V. 

Veranstaltungsort

Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Bibliotheksgebäude
Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam

Kontakt und Anmeldung

Eintritt frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich

Die Veranstaltung richtet sich an Wissenschaftler/innen und an die interessierte Öffentlichkeit.

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