Ermordung und pflegerische Vernachlässigung von Tuberkulose-Patienten in den Kliniken der gesetzlichen Rentenversicherung im Nationalsozialismus

Beginn des Projektes: Mai 2015

Patrick Bernhard
Gefördert durch das Forschungsnetzwerk Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung

Das Projekt untersuchte die Behandlung von Tuberkulose-Patienten in Einrichtungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die strukturell in erheblichem Maß in die Gesundheitspolitik des „Dritten Reichs“ eingebunden war. Die Bekämpfung der Volkskrankheit Tuberkulose zählte zu den Aufgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Zentrum stand die Frage, inwieweit während der Kriegsjahre an Tuberkulose erkrankte Deutsche sowie ausländische Zwangsarbeiter, die als Belastung für das Gesundheitswesen wahrgenommen wurden, im Rahmen der zweiten, nach 1942 einsetzenden „Euthanasie“-Welle durch gezielte Vernachlässigung, durch Nahrungsentzug und die Verabreichung von Überdosen bestimmter Medikamente in Kranken- und Heilanstalten ermordet wurden. In der historisch interessierten Öffentlichkeit wird dieses Thema immer wieder kritisch aufgegriffen. Die historische Forschung aber verfügte – nicht zuletzt aufgrund der schwierigen Quellenüberlieferung – bislang über nur unzureichende Kenntnisse zur zweiten „Euthanasie“-Welle. Ungeklärt sind insbesondere Strukturen, Ausmaß und Praxis der Tötung von Tuberkulose-Patienten, die als wirtschaftliche und soziale Belastung für das NS-Gesundheitswesen wahrgenommen wurden. Hier setzte das Forschungsinteresse der Studie ein. Sie untersuchte zum einen die konkrete medizinische und pflegerische Behandlung von Tuberkulosepatienten in Einrichtungen und Belegkliniken der gesetzlichen Rentenversicherung, zum anderen fragte sie nach den Akteuren und Verantwortlichkeiten für eventuelle Fälle von Patientenmord und lotete deren Entscheidungsspielräume aus. Dazu nahm das Projekt erstmals umfassend das komplexe Wechselverhältnis von nationaler, regionaler und lokaler Akteursebene in den Blick. Im Ergebnis leistete das Projekt einen Beitrag a) zur Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung, b) zur Täterforschung im Nationalsozialismus, c) zur Sozialgeschichte der deutschen Sozialversicherung im „Zeitalter der Extreme“.

Projektleitung: PD Dr. Winfried Süß

 

Publikationen:

Patrick Bernhard, Der Tod und die Rente: Tuberkulosebekämpfung und Sozialversicherung im Nationalsozialismus. In: Robert Loddenkemper (Hrsg.), Die Lungenheilkunde im Nationalsozialismus.  Berlin: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 2018, S. 126-139. ISBN 978-3-9817734-3-9.

Patrick Bernhard, In the Shadow of ‘Euthanasia’: On the Murder of Tuberculosis Patients under National Socialism, in: German History, zum Druck angenommen, erscheint 2019.

Forschung

Ermordung und pflegerische Vernachlässigung von Tuberkulose-Patienten in den Kliniken der gesetzlichen Rentenversicherung im Nationalsozialismus

Beginn des Projektes: Mai 2015

Patrick Bernhard
Gefördert durch das Forschungsnetzwerk Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung

Das Projekt untersuchte die Behandlung von Tuberkulose-Patienten in Einrichtungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die strukturell in erheblichem Maß in die Gesundheitspolitik des „Dritten Reichs“ eingebunden war. Die Bekämpfung der Volkskrankheit Tuberkulose zählte zu den Aufgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Zentrum stand die Frage, inwieweit während der Kriegsjahre an Tuberkulose erkrankte Deutsche sowie ausländische Zwangsarbeiter, die als Belastung für das Gesundheitswesen wahrgenommen wurden, im Rahmen der zweiten, nach 1942 einsetzenden „Euthanasie“-Welle durch gezielte Vernachlässigung, durch Nahrungsentzug und die Verabreichung von Überdosen bestimmter Medikamente in Kranken- und Heilanstalten ermordet wurden. In der historisch interessierten Öffentlichkeit wird dieses Thema immer wieder kritisch aufgegriffen. Die historische Forschung aber verfügte – nicht zuletzt aufgrund der schwierigen Quellenüberlieferung – bislang über nur unzureichende Kenntnisse zur zweiten „Euthanasie“-Welle. Ungeklärt sind insbesondere Strukturen, Ausmaß und Praxis der Tötung von Tuberkulose-Patienten, die als wirtschaftliche und soziale Belastung für das NS-Gesundheitswesen wahrgenommen wurden. Hier setzte das Forschungsinteresse der Studie ein. Sie untersuchte zum einen die konkrete medizinische und pflegerische Behandlung von Tuberkulosepatienten in Einrichtungen und Belegkliniken der gesetzlichen Rentenversicherung, zum anderen fragte sie nach den Akteuren und Verantwortlichkeiten für eventuelle Fälle von Patientenmord und lotete deren Entscheidungsspielräume aus. Dazu nahm das Projekt erstmals umfassend das komplexe Wechselverhältnis von nationaler, regionaler und lokaler Akteursebene in den Blick. Im Ergebnis leistete das Projekt einen Beitrag a) zur Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung, b) zur Täterforschung im Nationalsozialismus, c) zur Sozialgeschichte der deutschen Sozialversicherung im „Zeitalter der Extreme“.

Projektleitung: PD Dr. Winfried Süß

 

Publikationen:

Patrick Bernhard, Der Tod und die Rente: Tuberkulosebekämpfung und Sozialversicherung im Nationalsozialismus. In: Robert Loddenkemper (Hrsg.), Die Lungenheilkunde im Nationalsozialismus.  Berlin: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 2018, S. 126-139. ISBN 978-3-9817734-3-9.

Patrick Bernhard, In the Shadow of ‘Euthanasia’: On the Murder of Tuberculosis Patients under National Socialism, in: German History, zum Druck angenommen, erscheint 2019.

Forschung