Kooperationsprojekt "Visual History. Institutionen und Medien des Bildgedächtnisses"

Abgeschlossenes Kooperationsprojekt „Visual History. Institutionen und Medien des Bildgedächtnisses“ (SAW)
ZZF Potsdam in Kooperation mit dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig, dem Herder-Institut Marburg und dem Deutschen Museum München

Laufzeit: 2012–2015

Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat die Bildforschung seit Mitte der 1980er Jahre an Umfang und Bedeutung stetig zugenommen. Unter dem Einfluss des Iconic Turn wurden Forderungen laut, Bildquellen professionell zu erschließen und auszuwerten. Der Fotografie kam dabei eine Schlüsselrolle zu, weil sie als dokumentarisches Medium Vergangenheit in einer ganz besonderen Weise zeigt. Anders als Textquellen bietet sie eine unmittelbare Anschauung von Menschen und Dingen, von Städten, Landschaften und Innenräumen.
Während bei den historischen Forschungen bisher oft die Bilder selbst im Vordergrund standen, hat das von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Verbundprojekt des ZZF Potsdam, des Deutschen Museums, des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung und des Georg Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung den Blick auf die an der Bildproduktion beteiligten Akteure und Institutionen gerichtet. Ziel war es, neben der ästhetischen Wirkung auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Hervorbringung, Verbreitung und Kanonisierung von Bildbeständen zu erforschen, also die Entstehung von Bildgedächtnissen von der institutionellen Seite her zu begreifen.

Eszter Kiss erforschte in einem Promotionsprojekt die Mechanismen der Bildsteuerung und Bildkontrolle im sozialistischen Ungarn in den 1980er Jahren. Ihr gelang es, typische Wege der Produktion und Publikation von Fotografien zu beschreiben und den Einfluss staatlicher Institutionen und Akteure zu analysieren, ohne dabei von Zensur im engeren Sinn zu sprechen. Vielmehr ging es in dieser Zeit stets darum, Grenzen des Zeigbaren auszuhandeln und gegebenenfalls alternative Strategien zu entwickeln, die zur Veröffentlichung von Bildern führten.

Lucia Halder untersuchte die Konstitution eines kollektiven Bildgedächtnisses in der alten Bundesrepublik anhand von Schulbuchillustrationen, wobei sie beispielhaft die Ikonografien des Sozialismus in den Zeiten des Kalten Kriegs analysierte. Schulbücher eignen sich deshalb gut als Untersuchungsgegenstand, weil sie einen sehr hohen Verbreitungsgrad haben und bereits kindliche bzw. jugendliche Anschauungen prägen.

Stefanie Dufhues ist für das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert der Frage nachgegangen, welchen Wahrheits- bzw. Wirklichkeitsgehalt Naturwissenschaftler den von ihnen produzierten Fotografien zugesprochen haben, zumal diese oft Dinge abbilde(te)n, die für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind. Auch hier standen die Frage nach der Bildproduktion der Wissenschaft als Institution und nach dem Beitrag der Wissenschaft zur Konstitution von Bildgedächtnissen im Raum.

Elke Bauer hat sich mit der durch die Digitalisierung bedingte Umbruchsituation in Bildarchiven beschäftigt. Ihr ging es darum herauszufinden, welche Qualitätsstandards es zu berücksichtigen gilt, wenn analoge Bildarchive digitalisiert und dem Publikum online zur Verfügung gestellt werden. Dabei ging es auch um die Frage, welche Bedeutung dem Archivkontext zukommt und wie dieser in einer digitalen Umgebung berücksichtigt werden kann.

Annette Vowinckel hat am Beispiel professioneller Fotografen und Bildredakteure die Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen erforscht, die notwendig sind, um ein Bild im öffentlichen Raum zur Wirkung zu bringen. Anhand verschiedener Fallbeispiele hat sie gezeigt, wie sich verschiedene Ausbildungswege, Vernetzungsstrategien und ein spezifisches fotojournalistisches Berufsethos auf die Entstehung einer visuellen Öffentlichkeit ausgewirkt haben.

Ein gemeinsames Projekt aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war und ist das Portal visual-history.de – ein Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung, das Karsten Borgmann maßgeblich konzipiert und technisch umgesetzt hat und das von Christine Bartlitz redaktionell betreut wird. Seit November 2013 werden hier Fachinformationen bereitgestellt, die von der Veranstaltungsankündigung über Rezensionen und Projektvorstellungen bis zum wissenschaftlichen Textbeitrag reichen. In kürzester Zeit hat sich das Portal zu einer Anlaufstelle für alle an der Bildforschung beteiligten Kolleginnen und Kollegen entwickelt, die auch laufende Projekte in eine Datenbank eintragen können.

Aus dem Projekt ging zudem eine Buchreihe hervor, die seit 2016 unter dem Titel Visual History. Bilder und Bildpraxen in der Geschichte im Wallstein-Verlag erscheint.

Projektleitung:
Dr. Jürgen Danyel, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)
Dr. Wilhelm Füßl, Deutsches Museum München (DM)
Prof. Dr. Peter Haslinger, Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung (HI)
Prof. Dr. Simone Lässig, Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI)
Dr. Annette Vowinckel (ZZF)

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter:
Karsten Borgmann, Christine Bartlitz (beide ZZF), Portal: Visual History. Nachschlagewerk für die historische Bildforschung
Elke Bauer (HI), Forschungsprojekt: Das historische Bildarchiv im digitalen Zeitalter: Überlieferung, Sammlung und digitale Re-Kontextualisierung
Stefanie Dufhues (DM), Promotionsprojekt: Die Bildpraxis der Mikrofotografie im 19. Jahrhundert
Lucia Halder (GEI), Promotionsprojekt: Schulbücher als visuelle Medien – Ikonographien des Sozialismus
Eszter Kiss (ZZF), Promotionsprojekt: Verhandelte Bilder. Bildpolitik und Bildsteuerung in Ungarn zwischen 1963 und 1989, Buchpublikation: Verhandelte Bilder. Sozialistische Bildwelten und die Steuerung von Fotografien in Ungarn, Göttingen: Wallstein 2018.

Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats des SAW-Projekts Visual History, 2012-2016:
Dr. Jens Bove, Deutsche Fotothek Dresden
Prof. Dr. Cornelia Brink, Universität Freiburg
Dr. Mathias Bruhn, Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Anton Holzer, Redakteur der Zeitschrift Fotogeschichte
Prof. Dr. Gerhard Paul, Universität Flensburg
Prof. Dr. Ulrike Pilarczyk, Universität Braunschweig
Prof. Dr. Michael Wildt, Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Dr. Herta Wolf, Universität Köln

Forschung

Projekte

Porträt eines Jugendlichen aus der Erziehungsanstalt Aszód (Ungarn). Quelle: Privatarchiv Tamás Urbán.

Verhandelte Bilder
Bildpolitik und Bildkontrolle in Ungarn zwischen 1963 und 1989

Eszter Kiss
Abgeschlossenes Dissertationsprojekt

Im Mittelpunkt des Dissertationsprojekts stand die Fotografie während der Kádár-Ära. Relevant waren die Jahre nach der Konsolidierung des Systems in Ungarn ab Mitte der 1960er-Jahre, als sich die neuen Strukturen allmählich auch im Umgang mit der Fotografie verfestigten.

Schulbücher als visuelle Medien
Ikonographien des Sozialismus

Lucia Halder
Abgeschlossenes assoziiertes Dissertationsprojekt

Am Beispiel von Abbildungen des Sozialismus als „Signatur” des 20. Jahrhunderts wurde untersucht, aus welchen Bildern dieses Gedächtnis jeweils geformt wurde bzw. wird, welche „Sprache“ Schulbuchbildern im Spannungsverhältnis zwischen Bildern und Bild-Texten zu eigen war und wie sich Bildmuster nach Umbrüchen wandelten oder auch über politische Zäsuren hinweg behaupteten.

Buchcover: Agenten der Bilder. Fotografisches Handeln im 20. Jahrhundert

Agenten der Bilder
Fotografisches Handeln im 20. Jahrhundert

Annette Vowinckel

Abgeschlossenes Buchprojekt

Annette Vowinckel beschreibt die an der Bildproduktion beteiligten Berufsgruppen der Fotojournalisten und Bildredakteure als »Agenten der Bilder«. Sie zeigt, wie im vergangenen Jahrhundert Fotografien im öffentlichen Raum als Argumente eingesetzt wurden, welche unterschiedlichen Verwendungen Fotografie in der freien Presse, in staatlichen Organisationen, in Armeen und im politischen Diskurs fanden.

Kooperationsprojekt "Visual History. Institutionen und Medien des Bildgedächtnisses"

Abgeschlossenes Kooperationsprojekt „Visual History. Institutionen und Medien des Bildgedächtnisses“ (SAW)
ZZF Potsdam in Kooperation mit dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig, dem Herder-Institut Marburg und dem Deutschen Museum München

Laufzeit: 2012–2015

Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat die Bildforschung seit Mitte der 1980er Jahre an Umfang und Bedeutung stetig zugenommen. Unter dem Einfluss des Iconic Turn wurden Forderungen laut, Bildquellen professionell zu erschließen und auszuwerten. Der Fotografie kam dabei eine Schlüsselrolle zu, weil sie als dokumentarisches Medium Vergangenheit in einer ganz besonderen Weise zeigt. Anders als Textquellen bietet sie eine unmittelbare Anschauung von Menschen und Dingen, von Städten, Landschaften und Innenräumen.
Während bei den historischen Forschungen bisher oft die Bilder selbst im Vordergrund standen, hat das von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Verbundprojekt des ZZF Potsdam, des Deutschen Museums, des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung und des Georg Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung den Blick auf die an der Bildproduktion beteiligten Akteure und Institutionen gerichtet. Ziel war es, neben der ästhetischen Wirkung auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Hervorbringung, Verbreitung und Kanonisierung von Bildbeständen zu erforschen, also die Entstehung von Bildgedächtnissen von der institutionellen Seite her zu begreifen.

Eszter Kiss erforschte in einem Promotionsprojekt die Mechanismen der Bildsteuerung und Bildkontrolle im sozialistischen Ungarn in den 1980er Jahren. Ihr gelang es, typische Wege der Produktion und Publikation von Fotografien zu beschreiben und den Einfluss staatlicher Institutionen und Akteure zu analysieren, ohne dabei von Zensur im engeren Sinn zu sprechen. Vielmehr ging es in dieser Zeit stets darum, Grenzen des Zeigbaren auszuhandeln und gegebenenfalls alternative Strategien zu entwickeln, die zur Veröffentlichung von Bildern führten.

Lucia Halder untersuchte die Konstitution eines kollektiven Bildgedächtnisses in der alten Bundesrepublik anhand von Schulbuchillustrationen, wobei sie beispielhaft die Ikonografien des Sozialismus in den Zeiten des Kalten Kriegs analysierte. Schulbücher eignen sich deshalb gut als Untersuchungsgegenstand, weil sie einen sehr hohen Verbreitungsgrad haben und bereits kindliche bzw. jugendliche Anschauungen prägen.

Stefanie Dufhues ist für das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert der Frage nachgegangen, welchen Wahrheits- bzw. Wirklichkeitsgehalt Naturwissenschaftler den von ihnen produzierten Fotografien zugesprochen haben, zumal diese oft Dinge abbilde(te)n, die für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind. Auch hier standen die Frage nach der Bildproduktion der Wissenschaft als Institution und nach dem Beitrag der Wissenschaft zur Konstitution von Bildgedächtnissen im Raum.

Elke Bauer hat sich mit der durch die Digitalisierung bedingte Umbruchsituation in Bildarchiven beschäftigt. Ihr ging es darum herauszufinden, welche Qualitätsstandards es zu berücksichtigen gilt, wenn analoge Bildarchive digitalisiert und dem Publikum online zur Verfügung gestellt werden. Dabei ging es auch um die Frage, welche Bedeutung dem Archivkontext zukommt und wie dieser in einer digitalen Umgebung berücksichtigt werden kann.

Annette Vowinckel hat am Beispiel professioneller Fotografen und Bildredakteure die Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen erforscht, die notwendig sind, um ein Bild im öffentlichen Raum zur Wirkung zu bringen. Anhand verschiedener Fallbeispiele hat sie gezeigt, wie sich verschiedene Ausbildungswege, Vernetzungsstrategien und ein spezifisches fotojournalistisches Berufsethos auf die Entstehung einer visuellen Öffentlichkeit ausgewirkt haben.

Ein gemeinsames Projekt aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war und ist das Portal visual-history.de – ein Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung, das Karsten Borgmann maßgeblich konzipiert und technisch umgesetzt hat und das von Christine Bartlitz redaktionell betreut wird. Seit November 2013 werden hier Fachinformationen bereitgestellt, die von der Veranstaltungsankündigung über Rezensionen und Projektvorstellungen bis zum wissenschaftlichen Textbeitrag reichen. In kürzester Zeit hat sich das Portal zu einer Anlaufstelle für alle an der Bildforschung beteiligten Kolleginnen und Kollegen entwickelt, die auch laufende Projekte in eine Datenbank eintragen können.

Aus dem Projekt ging zudem eine Buchreihe hervor, die seit 2016 unter dem Titel Visual History. Bilder und Bildpraxen in der Geschichte im Wallstein-Verlag erscheint.

Projektleitung:
Dr. Jürgen Danyel, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)
Dr. Wilhelm Füßl, Deutsches Museum München (DM)
Prof. Dr. Peter Haslinger, Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung (HI)
Prof. Dr. Simone Lässig, Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI)
Dr. Annette Vowinckel (ZZF)

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter:
Karsten Borgmann, Christine Bartlitz (beide ZZF), Portal: Visual History. Nachschlagewerk für die historische Bildforschung
Elke Bauer (HI), Forschungsprojekt: Das historische Bildarchiv im digitalen Zeitalter: Überlieferung, Sammlung und digitale Re-Kontextualisierung
Stefanie Dufhues (DM), Promotionsprojekt: Die Bildpraxis der Mikrofotografie im 19. Jahrhundert
Lucia Halder (GEI), Promotionsprojekt: Schulbücher als visuelle Medien – Ikonographien des Sozialismus
Eszter Kiss (ZZF), Promotionsprojekt: Verhandelte Bilder. Bildpolitik und Bildsteuerung in Ungarn zwischen 1963 und 1989, Buchpublikation: Verhandelte Bilder. Sozialistische Bildwelten und die Steuerung von Fotografien in Ungarn, Göttingen: Wallstein 2018.

Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats des SAW-Projekts Visual History, 2012-2016:
Dr. Jens Bove, Deutsche Fotothek Dresden
Prof. Dr. Cornelia Brink, Universität Freiburg
Dr. Mathias Bruhn, Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Anton Holzer, Redakteur der Zeitschrift Fotogeschichte
Prof. Dr. Gerhard Paul, Universität Flensburg
Prof. Dr. Ulrike Pilarczyk, Universität Braunschweig
Prof. Dr. Michael Wildt, Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Dr. Herta Wolf, Universität Köln

Forschung

Projekte

Porträt eines Jugendlichen aus der Erziehungsanstalt Aszód (Ungarn). Quelle: Privatarchiv Tamás Urbán.

Verhandelte Bilder
Bildpolitik und Bildkontrolle in Ungarn zwischen 1963 und 1989

Eszter Kiss
Abgeschlossenes Dissertationsprojekt

Im Mittelpunkt des Dissertationsprojekts stand die Fotografie während der Kádár-Ära. Relevant waren die Jahre nach der Konsolidierung des Systems in Ungarn ab Mitte der 1960er-Jahre, als sich die neuen Strukturen allmählich auch im Umgang mit der Fotografie verfestigten.

Schulbücher als visuelle Medien
Ikonographien des Sozialismus

Lucia Halder
Abgeschlossenes assoziiertes Dissertationsprojekt

Am Beispiel von Abbildungen des Sozialismus als „Signatur” des 20. Jahrhunderts wurde untersucht, aus welchen Bildern dieses Gedächtnis jeweils geformt wurde bzw. wird, welche „Sprache“ Schulbuchbildern im Spannungsverhältnis zwischen Bildern und Bild-Texten zu eigen war und wie sich Bildmuster nach Umbrüchen wandelten oder auch über politische Zäsuren hinweg behaupteten.

Buchcover: Agenten der Bilder. Fotografisches Handeln im 20. Jahrhundert

Agenten der Bilder
Fotografisches Handeln im 20. Jahrhundert

Annette Vowinckel

Abgeschlossenes Buchprojekt

Annette Vowinckel beschreibt die an der Bildproduktion beteiligten Berufsgruppen der Fotojournalisten und Bildredakteure als »Agenten der Bilder«. Sie zeigt, wie im vergangenen Jahrhundert Fotografien im öffentlichen Raum als Argumente eingesetzt wurden, welche unterschiedlichen Verwendungen Fotografie in der freien Presse, in staatlichen Organisationen, in Armeen und im politischen Diskurs fanden.